Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
schob. Dem nächsten Schlag konnte er knapp ausweichen, denn jetzt hatte er sich auf den Rhythmus eingestellt, ein, zwei Rippen waren vielleicht angeknackst, aber er hatte noch nicht die Kontrolle verloren. Er brachte seine mit dünnen Gazestreifen umwickelten Fäuste in Stellung, gab eine Serie von Schlägen ab, links, rechts, links, rechts, ein echtes Trommelfeuer, hörte Knochen trockenspröde knacken, Haut schmatzend aufreißen, aber die Kraft, seine Kraft wollte einfach nicht für den nötigen Druck sorgen und er spürte, dass er schneller ermüdete als früher.
Dann erwischte es ihn voll an der Backe, klatsch, klatsch, von beiden Seiten, der Kopf flog von einem Schlag zum nächsten, hin, her, immer wieder hin, her, die Backenknochen breiweich, die Zähne lockerten sich, knackten und knirschten, das spürte er, aber keinen Schmerz, keine Angst, nur Gier nach dem Geld.
„Was mach ich bloß hier“, dachte der Zuschauer entsetzt und fasziniert zugleich. Er vergrub sein Gesicht in den Händen, hielt die ganze Zeit über den Kopf gesenkt, um aber dann immer wieder zwischen den Fingern durchzuspähen und die blutigen Schädel und Körper zu taxieren oder einen nervösen Blick auf den Booker zu werfen, der die Wetteinsätze ständig erhöhte.
Der Mann war über fünfzig und strahlte die verblichene Eleganz eines bankrotten Gutsherrn aus, was im krassen Gegensatz zu dem blutigen Fight unten auf dem Rondeau stand. Er trug ein abgewetztes Tweedsakko mit passender Cordhose und eine nachlässig gebundene Strickkrawatte. Bei näherem Hinsehen konnte man feststellen, dass die Manschetten seines Hemdes schon leicht ausfransten. Trotzdem wedelte er mit einem Bündel Euroscheine zum Booker, erhöhte seinen Einsatz, biss nervös auf die Nägel, als Flash God zurücktaumelte und Blut aus seiner Nase schoss.
„Wie geht es eigentlich deiner Tochter Anna?“, fragte Bogdan Drakovic, der neben ihm saß, unvermittelt, genau in dem Moment, als Flash God sich zusammenriss, einen Treffer landen konnte und der Booker 20.000 Euro von einem Speditionsbesitzer auf ihn setzte.
Verwirrt hob Stanislaus Lange den Kopf.
„Warum interessierst du dich für meine Tochter?“, fragte er argwöhnisch.
„Warum fragst du?“, schrie er, als keine Antwort kam.
„Was willst du von meiner Tochter?“, schrie er noch lauter, um das Pfeifen und Johlen und Anfeuern und Trampeln der Zuschauer zu übertönen, um vielleicht auch auf diese Weise zu demonstrieren, dass sich der Ex-Europaparlamentarier Stanislaus Lange, der Ex-Fraktionschef seiner Partei, Ex-Nationalratsabgeordnete, das Ex-Landesregierungsmitglied und der nunmehrige einfache Linzer Stadtrat, zuständig für das Baureferat, dass sich er, Stanislaus Lange, nicht vor Bogdan Drakovic fürchtete.
Groß und schlank, mit dichten grauen Haaren, sah er für sein Alter noch ziemlich fit aus, bis auf die rote Gesichtsfarbe und die großporige Nase, die ihn als Genussmenschen entlarvten. Als einen Mann, der sich nichts entgehen ließ. Seine Wohnverhältnisse jedoch standen in krassem Gegensatz dazu, denn seit seiner Scheidung lebte er in einer mikroskopisch kleinen Wohnung in einem Proletenviertel von Linz. Die feudale Villa, die er früher mit seiner Frau und den Töchtern Anna und Larissa bewohnt hatte, war von der spanischen Immobilienfirma Drac aus dem Royal International Imperium gekauft worden und derzeit an einen Stahlmanager vermietet.
„Reg dich nicht auf, Lange!“, beruhigte ihn Bogdan Drakovic und klopfte ihm herablassend auf die Schulter.
„Royal International braucht eine Werbeagentur, die unseren Börsegang kommunizieren soll. Diese Agentur muss klein und kreativ sein. Vor allem aber darf sie nicht zu viele Fragen
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