Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Junge.“
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Das bunte Mah-Jong-Sofa war der einzige Farbklecks in der nüchternen und hellen Wohnung von Dominik Gruber. Objektiv betrachtet war es das Apartment eines erfolgsverwöhnten jungen Mannes. Freistehende Küche mit großem Tresen für Show Cooking, Flatscreen auf einem weißen Bord und ein schmales blutrotes Gemälde, das vom Boden bis zur Decke reichte und so an der Wand lehnte, dass es die Tür dahinter fast vollständig verdeckte.
Die Tür war mit drei Schlössern gesichert und innen hatte Gruber auch noch eine dicke Matratze angeschraubt, damit sie sich nicht verletzen konnte, wenn sie dagegenrannte. Das Fenster in dem Zimmer hatte er mit massiven Brettern zugenagelt, die bekam sie im Leben nie auf. Er stoppte den YouTube Channel, auf dem er gerade „Burial“ gehört hatte, und lauschte.
Gedämpft drangen leise Geräusche durch die abgedichtete Tür. Ging es ihr wirklich so schlecht? Sie hatte sich doch nach dem Ausflug schon viel besser gefühlt. Es war wie immer ein ständiges Auf und Ab. Objektiv betrachtet war sie auf dem richtigen Weg, aber wer scherte sich schon um Objektivität? Braun, zum Beispiel, würde ganz etwas anderes darüber denken, wenn er davon gewusst hätte. Braun wäre schwer davon zu überzeugen, dass es einen Sinn hatte, sie zu retten. Aber er musste sie retten, das war nun einmal sein Schicksal. Auch gegen ihren Willen musste er tun, was zu tun war.
Er hatte ihr das rosa Handy gegeben, aber sie hatte es einfach benutzt, um ihn zu hintergehen. Hatte ihn auch noch belogen, aber das war er schon gewöhnt. Alle lügen, wenn es ihnen schlecht geht, keine will gerettet werden, alle wollen noch tiefer fallen.
Nervös fummelte Gruber auf seinem iPad herum, fand den Stream, hörte sich wie jede Woche Brauns Talkradio an. Natürlich erzählte er Braun nichts davon, wollte von ihm nicht mit Fragen konfrontiert werden. Er könnte ihn ja einfach anrufen, doch Braun würde seine Stimme sofort erkennen. Aber dann könnte er seine Situation schildern, als Radiohost war Braun zur Objektivität verpflichtet. Doch Braun war nicht objektiv, sondern das genaue Gegenteil. Braun war extrem subjektiv. Braun würde ihn nie verstehen.
Als Gruber die Stimme von Braun aus dem Lautsprecher hörte, wäre er dennoch froh gewesen, wenn er oder sonst jemand ihm auf die Schliche gekommen wäre, dann wäre endlich alles vorüber gewesen, dann würde sie von anderen gerettet werden, dann könnte er endlich wieder ein normales Leben führen, denn die ganze Sache wuchs ihm inzwischen über den Kopf.
*
Es war schon nach Mitternacht, als Kim Klinger das Gebäude erreichte. Ein einzelnes Auto stand quer über zwei Parkplätze. War das etwa sein Wagen? Ein schneller Blick ins Innere überzeugte sie. Auf dem Beifahrersitz lag achtlos hingeworfen ein magnetisches Blaulicht. Er war also noch immer hier. Sie schlängelte sich durch die verrosteten Eisenstangen zur Rückseite des Gebäudes, ging die Rampe nach oben, warf einen Blick auf Namen und Firmenschilder.
Erster Stock!
Vorsichtig schob sie das schwere Stahltor zurück, stieg die eiserne Wendeltreppe hinauf, öffnete die Tür mit dem bunten Logo. Düsterer Korridor mit Kaffeeautomat, wackeligem Tisch und zwei durchgesessenen Sofas. Poster an den Wänden. Niemand zu sehen. Sie prüfte die Umgebung. Zwei Türen, die rechts abgingen. Über dem einen flackerte ein rotes Licht.
Dann also durch die andere Tür!
Drinnen nickte sie einem Kerl mit Dreadlocks zu, der aber keine Notiz von ihr nahm, und setzte sich auf einen wackeligen Klappstuhl außerhalb des Lichtkegels ins Dunkel. Sie studierte den Mann hinter der Glasscheibe.
Er trug Kopfhörer und hatte mehrere Bierdosen vor sich auf dem mit Filz überzogenen Tisch aufgereiht. Keine
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