Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
hatte, das Leben der Bewohner zu verbessern und daher war es immer weiter bergab gegangen.
Doch eines Tages hatte Marusha in der Asbestsiedlung, hinter dem verfallenen Sportplatz, dort, wo rostiges Gerümpel und dichtes Unkraut ein Endzeitszenario nachstellten, die Hütte auf den Stelzen entdeckt, die Hütte der Baba Yaga. Natürlich war sie in Panik geraten darüber, dass es diese Hütte wirklich gab, wo doch Baba Yaga nur eine Märchenfigur war. Doch dann war ihr der Gedanke gekommen, dass diese Hütte nur für sie sichtbar war, so wie in den Erzählungen ihrer Großmutter und mit einem Male hatte sie gewusst, dass sie ein Glückskind war – bis heute.
Durch das gekippte Fenster drang der Straßenlärm aus der Altstadt von Bratislava zu ihr nach oben. Ein Rollladen wurde ratschend in die Höhe geschoben. Eine schwere Eisentür quietschend geöffnet. Die Haarschleife eines kleinen Mädchens flatterte im Wind und landete herrenlos und verloren in einer schmutzigen Pfütze unterhalb ihres Fensters.
Yeddih! Ein schlechtes Zeichen, hätte die Baba Yaga gesagt und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.
Yeddih! Ein schlechtes Zeichen.
Ein V8-Motor wurde abgestellt. Türen knallten, Schritte hallten auf der Treppe, trampelten zielgerichtet durch den Korridor. Marusha konnte den Blick nicht von ihrem Spiegelbild lösen, Augen zu, dann wieder auf, Augen zu, so ging das sekundenlang. Die Augen groß und größer, lilagrau, dann schwarz. Schwarz wie die Nacht, schwarz wie die ewige Finsternis, die draußen auf den Schutthalden herrschte, die sich vor der Schnellstraße M 14 nach Kiew oder in den Westen, den Goldenen Westen, kilometerweit auftürmten und nicht den Funken einer Hoffnung zuließen.
Bin ich stark, groß, schön – ein Model, so wie es Darija mir versprochen hat, während sie mir das Heroin unter die Zunge spritzte?
Als hinter ihr die Tür krachend aufgerissen wurde, hielt sie die Augen ganz fest geschlossen, presste die Augenlider zusammen, blendete Lärm, Schritte, Tumult und wütendes Schnauben einfach weg.
Zack! Der Schlag traf sie unvermittelt im Gesicht, so stark, dass ihr die Tränen in die Augen schossen und sie vom Waschbecken wegstolperte, beinahe gestürzt wäre, aber eine Faust hielt ihre Haare umklammert, riss sie rüde an ihrem dicken Zopf zurück und verhinderte, dass Marusha auf den fadenscheinigen Teppich in dem miesen, abgewohnten Zimmer stürzte, verhinderte, dass sie das schmuddelige Bett, die abblätternde Tapete an den Wänden, das schief hängende Bild einer ausgebleichten Muttergottes, dass sie dieses ganze Bratislava-Szenario aus einer anderen Perspektive, einem Verliererblickwinkel sah.
„Bad Girl! Was war das für eine Scheiße in der Galerie?“
Zack! Wieder ein Schlag, quer über ihren Mund, noch ein Schlag, der sie am Sprechen hinderte, die Worte wieder zurück in ihren Kopf prügelte, dann ging es Schlag auf Schlag, systematisch, links, rechts, auf die Schultern, die Nieren, jetzt hatte die Faust ihren Zopf losgelassen und stöhnend sank sie auf dem Boden zusammen, würgte grüne Kotze hervor und der Speichel tropfte von ihrem Kinn.
„Mach das nicht noch einmal!“ Die Stimme weg, nah, ein Schlag hatte ihre Ohren getroffen. Heilige Muttergottes, bin ich am Ende taub? Alles war nur noch undeutlich und verschwommen zu hören.
Zack! Die Stiefelspitze traf sie in den Bauch, jetzt blieb ihr die Luft endgültig weg und die Gedanken an ihren verblassten so wie die Gedanken an eine Zukunft als Model. Aber sie hatte keine Zeit darüber nachzudenken oder zu weinen. Draußen hob das Kind die Haarschleife auf, versuchte sie von dem schmutzigen Wasser zu reinigen, hielt sie hocherhoben in ihrer kleinen Faust, so wie Marusha jetzt hochgehoben und
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