Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
dem wackeligen Stehtisch und beobachteten die endlos langen Frachtzüge, die mit Containern beladen von den Schiffen zu den Industrieanlagen über die Straße ratterten und den Autoverkehr jetzt zum Erliegen brachten.
Plötzlich zog Klein einen Fettstift aus seiner Jacke, cremte sich damit die Lippen ein, schob die Kappe wieder über den Stift, verfehlte beim Wegstecken die Tasche und der Stift fiel zu Boden, Klein bückte sich schnell und hob ihn auf. Das hatte nicht länger als zehn Sekunden gedauert, reichte aber für Braun, denn jetzt sah er die Szene vor seinem inneren Auge:
Der Lippenstift der jungen Frau fällt zu Boden und ich hebe ihn auf, zwei Worte stehen auf der goldenen Fläche – „For Lola“. Sie nimmt ihn und die Zeiger einer ungewöhnlichen Uhr blitzen im Neonlicht.
„Kemal! Vor ein paar Tagen war eine junge Frau hier, als ich mein Bier getrunken habe. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren, in einem abgewetzten Leopardenmantel und mit einer dicken Sonnenbrille. Erinnerst du dich noch an sie?“, rief er ganz aufgeregt dem dicken Wirt zu, der mit einem schmierigen Lappen in seiner Baracke die Gläser polierte. Kemal runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach.
„Klar doch, tolle Braut, es kommen ja nicht viele Frauen hier in den Hafen. Ich kann mich gut erinnern, für meinen Geschmack aber etwas zu dünn!“
„Und? Ist dir etwas aufgefallen, hat sie telefoniert? Wo ist sie abgeblieben?“
Betrübt schüttelte Kemal den Kopf, eine senkrechte Ader auf seiner Stirn trat wulstig hervor, er kniff die Augen zusammen, doch plötzlich hellte sich seine Miene auf:
„Warte Braun, sie hat etwas vergessen. Wo habe ich es denn nur hingelegt? Ach ja, da ist es!“
Triumphierend hielt Kemal ein schwarzes Plastikfeuerzeug in der Hand. Braun fischte eine Plastiktüte aus seiner Manteltasche und schob das Feuerzeug hinein. Es war vom häufigen Gebrauch abgeschabt und die Buchstaben waren schon zum größten Teil zerkratzt. Trotzdem war der Schriftzug „Madonna Models“ noch ganz deutlich zu erkennen. Triumphierend schwenkte Braun die Plastiktüte mit dem Feuerzeug.
„Endlich haben wir etwas Greifbares!“, rief er ganz aufgeregt.
„Hat sich eine neue Spur ergeben, Chefinspektor?“, fragte Klein interessiert und versuchte einen Blick auf das abgewetzte schwarze Plastikfeuerzeug zu werfen, das Braun noch immer in der Hand hielt.
„Mal sehen, was daraus wird“, gab sich Braun unbestimmt, denn er wollte nicht mit Wagners Fahrer seine Theorien erörtern.
Hatte er überhaupt eine Theorie? Denn wie passte das alles zusammen? Der Psychopath, der Braun die Mails geschickt hatte, war zweifellos der Mörder der jungen Frau vom Bahnhof. Diese wiederum hatte auf irgendeine Weise mit Madonna Models in Bratislava zu tun. Für die auch Laura Pestalozzi gearbeitet hatte, die ebenfalls ermordet worden war. Und eine Moldawierin, die in Linz verschwunden war. Dann gab es auch noch die Informantin von Kim Klinger. Alles nur Zufall?
Als sie sich wieder in den Verkehr einfädelten, wusste Braun, dass es jetzt an der Zeit war, ein wichtiges Telefonat zu führen.
*
Weißrauschen, Bildstörung, Nebelstraße, Autolärm, zwischen diesen vier Worten schossen Kims Gedanken wie rastlose Flipperkugeln hin und her und sie konnte nicht mit dem Denken aufhören, bis endlich in ihrem Kopf in grellen Farben die Warnung „Verstörung“ aufleuchtete und sie in ihr Diktaphon redete:
Der entscheidende Schritt vom Bürgersteig hinunter auf die Straße und vor die Lichter des Lastwagens, die aus dem Nebel auftauchen. Mit zusammengepressten Augen auf den unvermeidlichen Stoß warten und dann auf das Ende von weißem Rauschen und Bildstörung und die große, viel gepriesene Ruhe. Stattdessen aber ein spöttisches
Weitere Kostenlose Bücher