Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
um seine Müdigkeit zu vertreiben.
„Na, Philipp Sommer, der den Koffer auf den Bahnhof gestellt hat! Wir haben doch sein Foto von der Überwachungskamera vom Bahnhof!“ Gruber bemerkte, dass ihn Braun prüfend betrachtete. „Geht’s dir nicht gut?“, fragte Braun dann auch. „Siehst ziemlich fertig aus!“
„Alles im grünen Bereich! Habe nur schlecht geschlafen!“ Er sah sich in der Halle um. „Also, wo müssen wir hin und wer kommt mit?“ Nicht sonderlich motiviert zuckte er mit den Schultern. „Warten wir noch auf das mobile Einsatzkommando oder stoßen die am Treffpunkt zu uns?“
Braun schüttelte vielsagend den Kopf. „Nicht die ganze Kavallerie, Gruber! Das machen wir diskret, nur wir beide! Mein Bauchgefühl sagt mir, dass dieser Sommer nicht unser Mörder ist!“
Für einen Augenblick wirkte Gruber verwirrt, doch Braun klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. „Du hast doch die Überwachungsbilder gesehen, Gruber. Wärst du so dumm, einen Koffer mit einer Leiche so auffällig zu deponieren und dich dabei filmen zu lassen?“
Als Gruber nicht sofort antwortete, redete Braun einfach weiter.
„Glaub mir, dieser Philipp Sommer ist trotzdem interessant für uns, denn von irgendwoher muss er ja den Koffer mit der Leiche haben.“ Mit müden Augen beobachtete Gruber Braun, der energiegeladen in seinen langen schwarzen Mantel schlüpfte, sich einen dicken Schal gleich mehrmals um den Hals schlang und ununterbrochen redete, so als wäre er auf Speed.
„Ich denke, wenn wir Sommer haben, bringt uns das ein ziemliches Stück weiter. Also machen wir uns auf den Weg und statten wir dem Herrn einen Besuch ab.“
Als Gruber gerade den Reißverschluss seines glänzenden Anoraks hochzog, tauchte auch Klein, der frühere Fahrer von Wagner, in der Halle auf.
„Allgemeiner Aufbruch, wie ich sehe! Kann ich jemanden wohin fahren?“, fragte er in die Runde und sah dabei auf einen imaginären Punkt auf der Bühne hinter den Pinnwänden.
„Nicht nötig, Klein! Du hältst hier einfach die Stellung!“ Dann drehte sich Braun wieder zu Gruber. „Los, machen wir uns auf den Weg.“
„Wo müssen wir überhaupt hin?“ Gruber konnte ein Gähnen nicht unterdrücken und Braun starrte ihn wütend an.
„Jetzt hör mal zu, Gruber! Krieg endlich dein Privatleben auf die Reihe, damit man wieder was mit dir anfangen kann.“
„Tut mir leid, Braun. Das hat nichts mit meinem Privatleben zu tun. Das ist die verdammte Kälte!“
Braun ging nicht darauf ein, sondern überprüfte seine Glock.
„Er lebt anscheinend auf dem Dach des ehemaligen Logistik-Centers direkt beim Hafenbecken“, meinte er dann, während er das Magazin einschnappen ließ.
„Unglaublich!“ Gruber schüttelte fassungslos den Kopf. „Einfach unglaublich! Ein Mörder, nach dem gefahndet wird, versteckt sich nur fünfhundert Meter von uns entfernt.“
*
Natürlich war der Kamelhaarmantel aus vierfach genähtem Garn und hielt so einiges aus. Aber er war nicht dafür geschaffen, als Decke in einem Taubenverschlag zu dienen und resigniert musste sich Philipp Sommer eingestehen, dass der Mantel durch die viele Vogelscheiße schon ganz brüchig geworden war und der Stoff überall kleine Löcher und zarte Risse hatte. Trotzdem wollte er sich heute noch nicht von diesem Mantel trennen, diesem ehemals hellen Kamelhaarmantel, der jetzt über und über mit Taubendreck beschmiert war und auf die Entfernung wie ein abstraktes Gemälde aussah.
Den Mantel hatte er auch getragen, als er nach sieben Jahren wegen guter Führung aus dem Knast entlassen worden war und alles weg war: Frau, Haus, Jaguar – genau in dieser Reihenfolge. Eine Zeitlang hatte er ja versucht, wieder eine bürgerliche Laufbahn einzuschlagen und im richtigen Leben Fuß zu fassen, aber das war gar nicht so
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