Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Schnellstraße gebaut worden waren und wo die Kinder seinem auffälligen Wagen nachliefen wie in einem Land der Dritten Welt. Auf dem Beifahrersitz hatte er den Flyer liegen, der auf Englisch und Russisch junge Mädchen aufforderte, sich bei einem Contest in Minsk für einen Vertrag bei Madonna Models zu bewerben. Für diesen Modelcontest arbeitete Sherban mit einer lokalen Agentur und natürlich auch mit der weißrussischen Polizei zusammen, ohne deren Unterstützung überhaupt nichts möglich war. Vor Tagen hatte ihm die Agentur einige Bilder aus Minsk gemailt, auf denen der längste Laufsteg von Weißrussland zu sehen war, mitten in eine schnurgerade Paradestraße gebaut, flankiert von unglaublich hässlichen Plattenbauten, und mit einem roten, zum Teil bereits wieder eingesunkenen Dach gegen Regen und Schnee versehen. Überall waren an die Stangen kleine Fähnchen mit den weißrussischen Farben gesteckt, das war eine Vorgabe der Polizei und natürlich hatte Sherban zugestimmt.
Während er sich Minsk näherte, überschlug er im Kopf die Kosten, die diese Aktion verursachte. Da kam einiges zusammen, denn die Agentur musste bezahlt werden, dann natürlich die Polizei, auch der Amtsdirektor von Minsk hielt die Hand auf und noch ein Dutzend andere, die an diesem Event mitschneiden wollten. Aber als Bonus bekam er wieder mindestens zehn der schönsten Mädchen aus Weißrussland, die er dann einzeln oder zu zweit nach Bratislava bringen würde. Die Rechnung ging sicher auf, darüber machte er sich keine Sorgen.
Mittlerweile war auch auf der Schnellstraße der Verkehr ein wenig stärker geworden und vereinzelt sah man jetzt sogar europäische Autos. Hinter Sherban war wie aus dem Nichts ein großer schwarzer Geländewagen mit russischem Kennzeichen aufgetaucht, der immer hinter ihm blieb, egal ob er vom Gas ging oder beschleunigte. Sherban bemerkte, dass seine Handflächen feucht wurden und er öfters als gewöhnlich einen Blick in den Rückspiegel warf, doch da änderte sich nichts, der schwarze Geländewagen mit den getönten Scheiben blieb hinter seinem Dodge.
Versteckt unter seinem Schalensitz wusste er die Pistole, und auch das Knochenmesser steckte griffbereit in seinem Stiefelschaft. Er konnte also beruhigt weiterfahren und überhaupt, was sollte ihm hier in Weißrussland schon passieren, hatte er doch die Polizei auf seiner Seite. Trotzdem – irgendetwas beunruhigte ihn und er beschleunigte den Dodge, bis der Drehzahlmesser im roten Bereich zitterte, dann schaltete er in den sechsten Gang, der Motor heulte auf und durch die Fliehkraft wurde Sherban fest in den Schalensitz gepresst. Jetzt konzentrierte er sich auf die Geschwindigkeit und als er nach einigen Minuten wieder in den Rückspielgel sah, war der schwarze Geländewagen verschwunden; mit einem entspannten Seufzer schaltete er zurück und verlangsamte sein Tempo. Weiter vorne tauchte eine Abzweigung auf und neben der Ausfahrt stand eine windschiefe Baracke mit einem Neonschild in kyrillischen Buchstaben, die hektisch flackerten, wie eine Notbeleuchtung. Sherban überlegte kurz, ob er eine kurze Pause einlegen sollte, aber sein Gefühl sagte ihm, dass es besser sei, bis Minsk durchzufahren. Wieder warf er einen prüfenden Blick in den Rückspiegel, doch die Straße hinter ihm war leer, wolkenverhangen und es begann leicht zu schneien. Ein lautes Motorengeräusch irritierte ihn, der V8 kann nicht so einen Lärm erzeugen, dachte er, und sah aus dem Fenster auf der Fahrerseite. Jetzt war es schon dunkel geworden und die Umrisse des schwarzen Geländewagens, der jetzt plötzlich auf derselben Höhe wie Sherbans Dodge war, verschmolzen mit dem schwarzen Himmel.
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