Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
angekommen war.
Sein Herz schlug wie verrückt, als er über den dunklen Parkplatz auf diesen Hotspot zuschlich, um dort sein Motiv, sein Piece zu malen, das ihm den ersehnten Ruhm weit über sein Leben hinaus bringen würde. Hier, wo das Mädchen ihn hingeführt hatte. Er malte und alles ging wie von selbst. Der Flow, den er so lange gesucht hatte, stellte sich ein. Keine Pause, einfach weitermalen und Jonas sprayte wie verrückt. Er malte auf die zartrosa getünchte Mauer des Hauben-Restaurants ein umgekipptes Kreuz mit einem Mann, der kopfüber nach unten hing. Er sah die Vorlage so deutlich, dass er glaubte, danach greifen zu können. Autos fuhren langsam die steile Straße nach oben. Jonas arbeitete zwar verdeckt im Schatten der Straßenbeleuchtung, ein aufmerksamer Fußgänger würde ihn jedoch sofort bemerken, aber das war ja Teil des Kicks, die Gefahr, erwischt und gejagt zu werden. Doch noch war er nicht fertig mit seinem Piece, noch fehlte der entscheidende Ausdruck, die Flammen, die den Kopf des Mannes zerplatzen ließen, und seine bronzegoldene Hirnmasse, die wie kleine Goldnuggets über die Mauer des Restaurants bis zum Eingang spritzen würde.
Dann hörte er ein Motorengeräusch, stoppte kurz mit dem Sprayen und lauschte. Ein weißer Lieferwagen war auf den Parkplatz gefahren. Der Fahrer hatte den Motor abgestellt und die Scheinwerfer ausgeschaltet, war aber noch nicht ausgestiegen. Jonas hielt den Atem an, starrte auf die dunkle Windschutzscheibe, konnte nichts erkennen. Er glaubte, das Aufglühen einer Zigarette bemerkt zu haben, war sich aber nicht sicher. Der Regen prasselte auf den Parkplatz, trommelte auf das Dach des Lieferwagens, dicke Tropfen zerplatzten auf dem gläsernen Vordach des Restaurants, das rund um das Gebäude ging und unter dem Jonas arbeitete. Der Lieferwagen stand auf dem Parkplatz wie eine Drohung und wieder glaubte er Zigarettenglut im Inneren aufleuchten zu sehen. Mit einem flauen Gefühl im Magen drückte er sich noch enger an die Hausmauer, die durch sein Graffiti bereits einzigartig geworden war.
Plötzlich öffnete sich die Wagentür und der Fahrer stieg aus. Von seinem Platz aus sah Jonas nur Beine und Füße, Oberkörper und Kopf waren durch die Wagentür verdeckt. Jonas begann zu zittern, hielt sich beide Hände vor den Mund, damit sich die Worte nicht verselbstständigen würden, wie sonst immer. Doch auch der Dämon verharrte diesmal in gespannter Erwartung. Die Wagentür wurde zugeschlagen und der Fahrer kam langsam näher. Von einer Straßenlaterne angestrahlt, warf er einen riesigen Schatten, der sich immer weiter über Jonas stülpte, je näher der Fahrer auf ihn zukam. Das grelle Licht blendete Jonas und er konnte den Fahrer nur als Schattenriss wahrnehmen.
Knapp vor Jonas blieb der Fahrer stehen, griff in die Tasche seiner Regenjacke und holte eine Taschenlampe hervor. Langsam glitt der helle Strahl über das Graffiti, verharrte schließlich auf dem vom Feuer verkohlten Kopf des Mannes, der kopfüber an dem Kreuz hing, huschte dann nach rechts, wo Jonas sein Tag gesprayt hatte, und das gebündelte Licht umkreiste die Signatur von Jonas, ein „B“ mit einer blauen Wolke.
„Das Tag ist falsch!“, hörte er eine Stimme, die er so noch nie gehört hatte. Doch als der Fahrer die Taschenlampe umdrehte und der Strahl direkt auf sein eigenes Gesicht leuchtete, brach Jonas zusammen. Sein Alptraum war Wirklichkeit geworden. Die Erkenntnis, dass alles, was er geträumt hatte, tatsächlich genauso passierte, war wie eine Erlösung für ihn.
„Du bist zurückgekommen, um mich zu bestrafen“, flüsterte er, sackte auf die Knie, spürte die Nässe und den Kies, als er mit seinen Unterschenkeln in eine Pfütze
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