Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Prozesses zuzustimmen. Das konnte niemand verstehen, aber bisher war es ihm gelungen, sämtliche Argumente, die für eine Neuauflage vorgebracht wurden, zu entkräften.
An diesem Vormittag saß er an seinem schmalen Tisch, der gleichzeitig zum Schreiben und zum Essen diente, und klebte ein Post-it auf eine Anzeige in der Vorabausgabe einer internationalen Modezeitung. Für diese Zeitschrift entwarf er schon seit Jahren das kreative Layout und die Herausgeber fanden auch nichts dabei, dass er im Gefängnis saß. Langsam legte er das Heft neben zwei Fotokopien, die er mit einer ausgedruckten Mail von den zuständigen Beamten erhalten hatte, und ließ die Augen prüfend hin und her schweifen. Seine Erinnerung hatte ihn also nicht getäuscht, es gab eine eindeutige Übereinstimmung zwischen den Abbildungen. Lächelnd schüttelte er den Kopf.
Dass sie selbst nicht auf diese Verbindung gekommen waren, dachte er. Andererseits, niemand hatte so viel Zeit wie er, sich mit Anzeigen in Modezeitschriften zu beschäftigen. Für alle ging das Leben hektisch und stressig weiter und näherte sich in rasender Geschwindigkeit dem Ende, für ihn aber war nach seiner Verurteilung die Zeit stehen geblieben und er hatte aufgehört, Jahre, Tage, Stunden und Minuten zu zählen.
„Sie müssen zur Therapie!“, rief der Wärter durch die dicke Stahltür und trommelte mit der Faust von außen dagegen, sodass es in seinen acht Quadratmetern hallte wie in einem gotischen Dom.
„Die Therapie ist doch am Nachmittag“, antwortete er und achtete penibel darauf, seine Stimme nicht über Gebühr zu heben und so gleichgültig wie nur möglich zu klingen.
„Nachmittags haben Sie Besuch“, antwortete der Beamte und trommelte wieder an die Tür. Gegen seinen Willen zuckte er zusammen und fuhr mit seinem Rollstuhl schnell zur Tür.
„Besuch? Wieso habe ich Besuch?“, rief er und legte sein Ohr an die Stahltür, um keinen einzigen Satz der Antwort zu überhören.
„Es ist die Polizei! Es geht um die Mail, die man Ihnen geschickt hat!“ Er hörte es in der Stimme, dem Justizwachebeamten bereitete es Vergnügen, ihn zu irritieren und aus seiner Routine zu schrecken.
„Aber ich habe doch gesagt, dass ich niemand sehen will.“ Ganz langsam schob er sich in dem Rollstuhl zurück, bis er genau in der Mitte der Zelle zum Stehen kam, dort, wo die Energie der beiden Diagonalen am stärksten war.
Nur nicht nachgeben, dachte er und starrte auf das schwarze Kreuz am Boden, das durch den Gummi der Rollstuhlreifen entstanden war. Wenn er nichts zu tun hatte, dann fuhr er ständig diagonal durch sein Apartment. In letzter Zeit blieben auf Grund der Wirtschaftskrise die Aufträge aus und so hatte er oft nichts zu tun.
„Hier geht es um eine aktuelle Ermittlung! Es ist die Mordkommission aus Linz! Man wird Ihnen Fragen stellen!“
An der Stimme des Wachbeamten konnte er erkennen, dass alle Justizwachebeamten da draußen höchst interessiert daran waren, was er wohl zu einer Mordermittlung beitragen konnte. Er, der doch seit über zwei Jahren keinen direkten Kontakt mehr zur Außenwelt gehabt hatte. Indirekt mehr als genug, denn noch vor wenigen Monaten, als sein Business florierte, hätte er Tag und Nacht arbeiten können, so viele Aufträge trudelten herein. Manchmal argwöhnte er, dass er mit seinen Honoraren das ganze Gefängnis finanzieren würde, denn die Hälfte seiner Einkünfte spendete er dem Gefängnisfonds. Dafür konnte er täglich vier Stunden den Hochleistungscomputer mit den neuesten Grafikprogrammen, die er gekauft hatte, in der Bibliothek benutzen, dort arbeiten und seine Mails checken. Hier in seinem Apartment, wie er seine Zelle kokett nannte, musste
Weitere Kostenlose Bücher