Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Sprache, ich habe auch einen Schulabschluss, aber was nützt mir das? Ich kriege ja nicht einmal eine eigene Wohnung, weil man sofort sieht, dass ich Ausländer bin. Dann heißt es, hast du einen Job, du Kanake, hast du Geld? Nein??? Dann verpiss dich wieder zurück zu den Wilden, wo du herkommst!“ Der Anrufer redete immer schneller und sein wütendes Keuchen drang wie Donner aus dem Lautsprecher.
„Stopp! Du hast ja recht! Hier läuft vieles nicht korrekt ab und was du erzählt hast, stimmt sicher, ich kenne ja diese ausländerfeindlichen Typen von meiner Arbeit bei der Polizei.“ Braun machte eine Pause und trank einen Schluck Bier, ehe er weiterredete.
„Aber mit einem Handtaschenraub erfüllst du alle Vorurteile, die man gegen dich hat. Kapierst du das, Mann?“
So ging das noch eine Weile hin und her, Braun trank inzwischen seine Dose Bier leer und die Wut des Anrufers war inzwischen verraucht. Alles, was Braun noch brauchte und was sein Talkradio auch so kultig gemacht hatte, war ein positiver Abschluss des Gesprächs.
„Also, Junge, ich mache dir einen Vorschlag“, raunzte Braun nicht mehr ganz nüchtern in das Mikro. „In der Handtasche, die du der alten Dame geklaut hast, ist doch sicher auch ihr Ausweis. Du suchst ihre Adresse, bringst ihr die Handtasche mit dem ganzen Geld zurück, kapiert! Dazu nimmst du noch Kuchen mit und lädst sie auf eine Tasse Kaffee ein.“
Eine lange Pause entstand und Braun dachte schon, dass der Anrufer einfach aufgelegt hatte – das wäre scheiße gewesen.
„Woher willst du wissen, dass ich das auch mache?“ Die Stimme war zögernd, weich und hatte das Rotzfreche von zuvor verloren.
„Ganz einfach, Arschloch! Die alte Dame hat sicher eine Anzeige gemacht und so viele Handtaschendiebstähle gibt es in Linz täglich auch wieder nicht, dass wir sie nicht überprüfen können!“
Braun schloss das Mikro und zog den Regler für den Sound nach oben. Als die Anfangstakte von „There’s a light that never goes out ...“ in der Earls-Court-Liveversion von Morrissey aus den Lautsprechern knallten, lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und dachte an Kim Klinger, die Mail und ihr Foto.
*
Dominik Gruber saß auf dem Boden in seinem Loft und schlug mit dem Hinterkopf ununterbrochen auf den Stahltresen seiner offenen Designküche. Aus dem kleinen Tivoli-Radio, das auf der von Lenka wüst zerkratzten Arbeitsfläche stand und das eine Streamfunktion hatte, hörte er gerade die letzten Sätze, die Tony Braun mit einem Handtaschendieb wechselte und dann dröhnte einer von Brauns Lieblingssongs aus dem Lautsprecher.
Voller Stolz hatte ihm Braun die Maxisingle gezeigt, eine Picture Disc mit dem Foto von Morrissey, wofür Braun eine absurde Summe gezahlt hatte. Braun war eben anders.
Auf Braun konnte man sich verlassen. Braun hatte ihn auch gedeckt, als er Drogen für Lenka bei einer Razzia abgezweigt hatte. Braun hätte ihn nie bei Geyer von der internen Ermittlung angeschwärzt. Braun war kein Kumpel-Typ, aber loyal zu seinem Team. Auf allen Vieren kroch Gruber zu dem offen stehenden Weinschrank und griff nach einer Flasche, ohne auf das Etikett zu achten. Er goss sich ein volles Glas ein, verschüttete aber die Hälfte und trank das Glas in einem Zug leer. Dann packte er die Flasche beim Nachschenken so ungeschickt, dass diese umkippte und der Wein über den sauteuren geölten Vintageparkettboden floss. Noch immer dröhnte der Song aus dem Lautsprecher des Radios und mit zitternden Fingern griff Gruber nach seinem Handy und wählte Brauns Nummer. Er kam allerdings nur auf die Mailbox, doch dort wollte er keine Nachricht hinterlassen, denn was hätte er auch sagen sollen? Hallo, Braun, ich habe dich an Petersen verraten und wahrscheinlich platzieren seine Handlanger jetzt gerade eine Bombe unter deinem
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