Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
ihrer Regenjacke.
Zoltan Zorn hing mit schlaffem Gesicht schräg aus seinem Rollstuhl, Rufus saß daneben und leckte mit seiner großen roten Zunge den Schleim weg, der Zoltan Zorn aus dem Mund tropfte wie ein steter Fluss, der sein Leben als schleimige Schneckenspur verschwinden ließ. Langsam umrundete Chloe dieses menschliche Wrack, das einmal ihr Vater und ihr Liebhaber gewesen war. Sie hielt kurz mit dem Zoom der Kamera auf die bösartigen, jetzt aber geschlossenen Augen von Zoltan Zorn. Dann schwenkte sie zu Rufus und zoomte sein totes weißes Auge groß ins Bild.
Mutter hatte ihr nie erzählt, dass Zoltan ihr Vater war. Als Kreativdirektorin der Modeschule „Herzblut“ hatte Mutter viele Männer gekannt, aber geliebt hatte sie nur einen – Zoltan Zorn. Deshalb hatte Mutter auch geschrien: Alle müssen sterben! Denn sie hatte Zoltan mit Chloe im Bett überrascht.
Als Chloe zwölf Jahre alt gewesen war, hatte Zoltan sie nackt gezeichnet und sein Banshee-Mädchen genannt. Damals hatten sie sich das erste Mal geliebt und Chloe war süchtig nach dieser Liebe geworden. Sie hatte dafür sogar ein Auge von Rufus geopfert. Bloß weil er es so wollte. Vor drei Jahren hatte Mutter sie beide eng umschlungen im Schlafzimmer knapp vor dem Höhepunkt entdeckt. Mutters Leben war implodiert, so wie die Hitze in Chloes Körper einer Nordpolkälte gewichen war und nur noch Mutters Schrei „Alle müssen sterben!“ übrig blieb.
Chloe hielt wieder den Zettel vor das Objektiv, auf den das andere Mädchen „Alle müssen sterben!“ gekritzelt hatte. Zufällig tippte sie auf ein anderes Video, eines, das sie schon lange nicht mehr angesehen hatte und das Tim Kreuzer auf dem Segelboot zeigte und auch noch jemand anderen, auf den sie zunächst überhaupt nicht geachtet hatte. Aber jetzt war dieser jemand wichtig.
Sorgfältig steckte sie das Handy wieder zurück in ihre Jackentasche, schlug den Schürhaken in ein brennendes Holzscheit im Kamin, das sie auf die Überreste des Flügels warf. Sie stopfte noch einige Notenblätter dazu und ein Zierkissen. Hörte das Knistern der Flammen. Dann stieg sie über die Glasscherben am Boden durch die zertrümmerte Tür hinaus auf die Terrasse, ging langsam und mit gesenktem Kopf durch den Park. An der Straße umarmte sie Rufus und vergrub ihr Gesicht in dem nassen, schmutzstarrenden Fell des jugoslawischen Schäferhundes. Das war ihre Art, Abschied zu nehmen.
Chloe hatte eine Entscheidung getroffen und dieser Entschluss war unumstößlich und hatte sich in ihrem Kopf ausgebreitet wie der schwarze Samt, den Mutter so geliebt hatte. Ohne sich noch einmal nach Rufus umzublicken, rannte sie die Promenade am See entlang und das Jagdmesser lag schwer in ihrer Tasche. Lange stand sie abseits von den anderen Passanten im Regen und wartete auf den Postbus, der sie nach Linz bringen würde. Die Zeit vertrieb sie sich mit ihrem Handy, auf dem sie immer wieder dasselbe Video betrachtete. Es zeigte den verlebten Polizisten mit den schwarzen Haaren, wie er elegant wie ein Raubtier mit seiner Pistole im Regen durch ihr kleines Reich schlich und ihre Schmuckstücke liebevoll betrachtete. Sein ganzer Auftritt war kraftvoll und energiegeladen, doch in seinen Augen lag so viel Wärme und Verständnis, dass Chloe schlucken musste.
Dieser Polizist war der Mann, der ihr endlich die Sicherheit geben würde, die sie bei ihrem Liebhaber nie bekommen hatte. Da konnte auch das andere Mädchen noch so dagegen sein. Sie war für diesen Polizisten bestimmt. Chloe rief auf ihrem Handy die Homepage der Linzer Polizei auf, scrollte durch die Abteilungen und kam zur Mordkommission. Sie las den Namen des leitenden Chefinspektors, suchte auf Google ein entsprechendes Bild dazu, fand
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