Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
schreiben wie verrückt ihre Familienstorys! Wer war diese Frau, Tony?“
*
Der Bang-&-Olufson-Telefonhörer lag noch auf dem dunklen Holzboden und im Radio sang sich Keren Ann durch sieben Minuten Nolita. Als sie das begeisterte Händeklatschen aus dem hinteren Teil ihres Wohnzimmers hörte, stemmte sich Tatjana Drakovic langsam an der Wand entlang in die Höhe. Sie atmete tief durch, schluckte ein paarmal fest, vermied es, einen Blick Richtung Designercouch zu riskieren, sondern tappte barfuß zur Kochinsel auf der anderen Seite, dort, wo der Wodka stand. Dann goss sie sich ein Glas voll ein, stürzte es mit einem Zug hinunter, schenkte sofort nach. Erst dann drehte sie sich um.
„Zufrieden?“, fragte sie den Mann, der sich auf ihrer Designercouch breit gemacht hatte, noch immer klatschte und sie dabei amüsiert betrachtete.
„Zufrieden? Ist es das, was du wolltest?“, wiederholte sie und nahm einen großen Schluck.
„Das war große Klasse, Schwesterchen! Tony Braun, der Jäger der verlorenen Familie! Du hast ja fast geweint! Echt rührend“, grinste Bogdan Drakovic und prostete ihr zu.
Langsam ging Tatjana Drakovic auf ihren Bruder zu, spielte kurz mit dem Gedanken, ihm das halbvolle Wodkaglas ins Gesicht zu schleudern, aber was hätte das schon geändert? Bogdan Drakovic klopfte auffordernd auf das Sofa.
„Setz dich, komm setz dich! Jetzt hast du ihn an der Angel“, redete er weiter, während sich Tatjana Drakovic schwer auf das Sofa fallen ließ. „Mach ihn von dir abhängig, ihr seid doch zwei verwandte Seelen! Geh mit ihm ins Bett, merk dir alles, was er sagt! Ich will alles wissen!“
„Und wenn ich das nicht will?“, sie drehte den Kopf zu ihrem Bruder und sah ihn fragend an. „Wenn ich aussteigen will? Neu anfangen möchte?“ Sie stockte kurz, ehe sie weiterredete. „Was ist, wenn ich mich einmal noch verlieben möchte?“
Bogdan Drakovic lachte laut auf.
„Mach dich nicht lächerlich! Du bist fast vierzig, ohne besondere Fähigkeiten und vor allem ...“ Er bleckte die Zähne. „Du hast kein Geld, wenn du aussteigst! Dann bist du ein Nichts!“
Er machte eine ausholende Armbewegung.
„Wer finanziert das alles hier?“ Er packte sie am Arm, schüttelte sie heftig. „Na los, wer finanziert dein Luxusleben?“ Ohne sie zu Wort kommen zu lassen, sprach er weiter:
„Die Familie! Ohne die Familie bist du nichts“, zischte er. „Die Familie ist deine Sicherheit! Also enttäusche mich nicht!“
„Ich hasse dich!“, schrie sie und konnte sich plötzlich nicht mehr zurückhalten. Sie schleuderte das Wodkaglas auf den Boden, schlug mit den Fäusten nach ihrem Bruder, doch dieser parierte die Schläge mit einem angewiderten Gesichtsausdruck und geiferte:
„Der Bulle will unsere Familie zerstören, verstehst du? Geht das in deinen versoffenen Schädel? Er weiß, dass wir zusammenhalten, deswegen agiert er so neurotisch! Er weiß, dass er niemanden hat und wir die Familie! Dafür hasst er uns! Er will mich zur Strecke bringen und damit auch dich und unseren Vater! Tony Braun will alles zerstören, was wir uns aufgebaut haben!“ Bogdan Drakovic schlug seine Hände vors Gesicht und seufzte theatralisch.
„Vielleicht hast du Recht! Vielleicht stimmt es“, gab sie den Widerstand auf. Plötzlich schien alle Energie aus ihrem Körper zu weichen und sie sackte auf dem Sofa zusammen, von einem heftigen Heulkrampf geschüttelt. Bogdan legte fürsorglich den Arm um ihre Schultern und flüsterte:
„Wir müssen zusammenhalten! Ich bin dein Bruder und brauche deine Hilfe! Vater verlässt sich auf uns.“
Als ihr Bruder ihr Apartment verlassen hatte, versuchte Tatjana Drakovic langsam wieder auf die Beine zu kommen. Ihr Gesicht war verquollen, mit der zerronnenen Schminke um ihre Augen wirkten ihre
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