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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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auf die weißen Kacheln. Wo war der freie Tag geblieben? Vom Bad aus sah ich, wie es draußen zu gießen anfing. Mein Mann sprang raus, um das Holz mit Plastikplanen abzudecken. Ich schloss die Augen. Es tut weh, einen geliebten Menschen kämpfen zu sehen.
    In den folgenden Tagen war es stürmisch. Wenn wir von der Arbeit nach Hause kamen, flatterten die Planen in irgendeinem sperrigen Winkel des Gartens, während unser gutes Holz die Nässe aufnahm wie ein Schwamm.
    »Wir werden einen Holzschuppen bauen müssen«, weihte mich mein Mann eines Abends in seine Gedanken ein, nachdem er vorher schweigend in die Flammen des Kaminofens gestarrt hatte, als stünden schicksalhafte Veränderungen bevor. »An welcher Hausseite wäre er dir am wenigsten im Weg?«, wollte er wissen.
    »Schuppen? Ein Holzverschlag ist doch keine Zierde für einen Bungalow!« Ich legte Wert auf einen gewissen Lifestyle.
    »Du darfst dir keinen windschiefen Bretterverhau vorstellen«, zerstreute er meine Bedenken. »Wenn er fachmännisch gebaut ist, kann so ein Schuppen wie eine Südstaatenveranda aussehen, mit einem hübschen Dach, von dem im Sommer die Blumenampeln herabhängen, einem Spalier für wilden Wein, und innerhalb dieser Veranda wäre neben dem Brennholz noch Platz für Gartenmöbel, Räder … was meinst du?«
    Beim Stichwort Veranda wurde mir schlagartig bewusst, was mir an unserem Häuschen schon immer gefehlt hatte. Ein überdachter Außenbereich, wo man bei einem trockenen Glas Wein gelassen ein Gewitter genießen könnte. Natürlich war es keine Frage, wer die Veranda bauen würde. Wir selbst, denn keiner kam billiger.
    Die nächsten Samstage verbrachten wir zwischen Baumärkten und Sägewerken. Wir ließen uns Musterveranden zeigen, verglichen Holzpreise, wälzten Kataloge und machten Pläne. Über die Konstruktion waren wir uns bald einig. Die Pfeiler versprach ich mit Ritzzeichnungen zu verzieren, wie ich sie in Bildbänden über die Navajo-Kultur gesehen hatte. Nur das Dach bereitete uns Kopfzerbrechen.
    »Ein rotes Ziegeldach wäre hübsch.« Ich hielt meinem Mann ein Foto von einem Cevennen-Urlaub unter die Nase. Er schüttelte sein umsichtiges Haupt. »Für ein Ziegeldach kriegen wir zu wenig Neigung. Zehn bis fünfzehn Grad Neigung – dafür eignet sich nur Blech, Kupfer, Teerpappe oder Kunststoff.«
    »Kupfer hat Stil«, entschied ich spontan. Mein allwissender Mann nannte den Quadratmeterpreis, und der ließ mich verstummen. »Dann können wir uns in diesem Jahr keinen Urlaub mehr leisten, bei Kupfer«, resümierte ich nach kurzem Kopfrechnen.
    »Können wir sowieso nicht, weder zeitlich noch finanziell. Wir werden sägen, bohren, hämmern, schrauben, streichen und uns zwischendrin immer mal ein kühles Pils gönnen.«
    »Zum Teufel mit dem Holz!« Ich drehte die Zentralheizung auf volle Leistung und ließ den Kaminofen ausgehen.
    »Wir können doch jetzt das gute Kirschbaumholz nicht verrotten lassen. Es ist der ursprünglichste Brennstoff überhaupt«, dozierte mein Mann und erinnerte mich daran, dass ich die Grünen wählte.
    »Die Grünen! Die Grünen würden wahrscheinlich ein Grasdach empfehlen«, fauchte ich zurück und griff nach einer Frustpraline.
    »Da sagst du was. Ein Grasdach wäre mal was anderes. Pflegeleicht und hübsch anzusehen.«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein! Eine Wiese auf dem Dach, das bedeutet allabendlichen Spinnenbesuch im Haus. Willst du mich in die geschlossene Abteilung abschieben?« Ich wusste, wovon ich sprach. In der Zeitschrift Flora hatte ich über die Artenvielfalt von Spinnenpopulationen auf einem einzigen Quadratmeter gesunder Wildwiese gelesen. Aber mein kundiger Mann fegte meinen Panikgedanken vom Tisch. »Die Wiese auf dem Dach wird dir die Hausspinnen eher nach draußen entführen. Du wirst dafür noch dankbar sein«, versprach er. Mich hatte er nicht überzeugt, und im Stillen dachte ich, der Sommer ist fern, wer weiß, was uns bis dahin noch einfällt.
    Es wurde Sommer, schneller als uns eine Alternative zum Grasdach einfiel. Am ersten Urlaubstag krempelten wir die Ärmel hoch und koppelten den Anhänger an den Wagen, um Balken- und Brettholz vom Sägewerk zu holen. Was soll ich sagen? Mein Mann neigt zur Gründlichkeit und beharrte darauf, die Holzpfosten durch Betonsockel zu armieren. Das hatte zur Folge, dass wir auch eine Fuhre Kies und etliche Zementsäcke nach Hause schleppten, dass wir uns eine gebrauchte Betonmischmaschine kauften, die zu bedienen ich das

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