Trinken hilft
Vergnügen hatte, während die bunten Urlaubskarten aus Tirol und der Toskana ins Haus flatterten. Überflüssig zu betonen, dass wir bald die Notwendigkeit einer Kreissäge, einer Kappsäge, einer Stichsäge, einer Betonbohrmaschine sowie einer Werkbank erkannten und uns ein Pavillonzelt für den Garten anschafften, um die Geräte dort zu lagern, bis der Schuppen, also die Veranda diesen Zweck erfüllen würde. Und es versteht sich von selbst, dass unsere Finanzreserven aufgebraucht waren, als die Holzkonstruktion stand.
Wir verzichteten darauf, uns für das Grasdach fertige Grassoden von einem Gartenbaubetrieb liefern zu lassen. Stattdessen gruben wir den eigenen Garten um und schaufelten seine Grasnarbe in unzähligen Einzelteilen auf das Verandadach. Die Sonne brannte uns im Nacken, die aufgestöberten Wiesenspinnen ließen sich fluchtartig auf unsere Schultern herab, ich bekam eine Schweißdrüsenentzündung und ab und zu einen Weinkrampf. Mein Mann sagte in den schlimmsten Momenten »Gleich haben wir’s«, und mit dieser Hoffnung stiegen wir jeden Abend ins Bett, zunehmend verkrustet, äußerlich wie innerlich. Am letzten Urlaubstag wurden wir kurz nach Einbruch der Dämmerung fertig. Wir ließen uns erschöpft, aber auch zufrieden auf unserer Veranda in die Stühle sinken, um bei einem Glas Wein die Sterne zu betrachten, den Großen Wagen, diesmal ohne Ladung, oder Venus, die uns nicht mehr romantisch stimmen konnte.
Auf den Garten mochten wir den Blick nicht richten. War doch die einst blühende Wiese zu einer schwarzen Humuswunde verkommen, die lange bräuchte, bis sie heilen würde. Wir säten Rasensamen aus und versprengten in diesem heißen Sommer unzählige Kubikmeter kostbaren Trinkwassers, bevor wir merkten, dass die Vögel sich an unserer Saat bedienten. Wir lieben Vögel, ungelogen. Aber bei Saaträuberei hört unsere Liebe auf. Mein Mann besorgte sich ein Luftgewehr. Er, ein ehemaliger Kriegsdienstverweigerer! Ein paar Wochen lang genossen wir erholsame Sommerabende im Schutze unserer Südstaatenveranda, obwohl sie nun doch eher einem Schuppen glich. Das lag nicht daran, dass ich die Pfosten noch immer nicht mit indianischen Motiven verziert hatte. Es lag daran, dass sich unter dem blühenden Grasdach bald auch ein ganzer Maschinenpark von Heimwerker- und Gartengeräten angesammelt hatte. Dieses Arsenal proletarisierte die Veranda erbarmungslos. Selbst wenn wir sie in Blattgold gefasst hätten, sie hätte immer noch ausgesehen wie ein Schuppen. An diesem Punkt müsste die Geschichte eigentlich enden, was meinen Sie?
Um ehrlich zu sein, mir wäre lieber gewesen, wenn sie nicht vor Genua enden würde, denn Christas Erzählton war so angenehm einschläfernd. Aber da ich gut erzogen bin, nickte ich ergriffen und ließ ein klägliches »Was für ein Danaergeschenk!« verlauten.
»Sie haben es erfasst«, lobte mich Christa und dankte mir meine Ergriffenheit, indem sie mit ihrer Erzählung fortfuhr:
Sehen Sie, wir hatten Brennholz geschenkt bekommen, wir haben einen Holzschuppen dafür gebaut. Wir haben auf etliche Wochenenden und einen Jahresurlaub Erholung verzichtet und eine Stange Geld für Geräte und Material hingelegt. Aber nun war die Sache ausgestanden, und das Leben hätte wieder gemütlich werden können. Tat es aber nicht. Unsere Geschichte geht weiter, weil wir bereits mehr besaßen, als gut für uns war. Den Kaminofen, der nicht zur reinen Zierde angeschafft wurde. Das geschenkte Kirschbaumholz, das sich eines Tages in Rauch auflösen würde. Den Schuppen, der als Holzunterstand gedacht war. Die Maschinen und Werkzeuge, deren Zweck wir nicht mehr vergaßen. Deshalb geht die Geschichte weiter.
»Wir dürfen nicht vergessen, uns rechtzeitig beim Forstamt für ein Los Brennholz vormerken zu lassen«, sagte mein Mann gegen Ende des Sommers, als die erste Kaltfront uns ins Haus trieb. »Drei Ster passen hier mindestens noch unter das Dach, wenn wir die Räder wieder in den Keller stellen.«
Eigentlich wollte ich mich entspannt zurücklehnen. Hatten wir nicht genug Holz für den kommenden Winter?
»Für den kommenden schon«, erklärte mein Mann. »Doch Holz soll drei Jahre trocken lagern. Nur dann erzielt es seine besten Brennwerte und rußt nicht. Wir brauchen also immer einen Vorrat für drei Winter.«
Dazu gab es von meiner Seite keinen logisch vertretbaren Einwand. Aber ich will nicht leugnen, dass sich mir dieses Gespräch wie eine Zentnerlast auf das Gemüt legte und die Vorfreude
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