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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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    Du wirst Dich inzwischen fragen, wo ich bleibe. Und Maybritts Mann ebenso. Maybritt und ich haben uns erst vor wenigen Tagen verliebt, aber dafür ohne Wenn und Aber. Wir wollen von heute an unser Leben gemeinsam verbringen, vielleicht in den Staaten. Auf jeden Fall schauen wir uns dort erst mal um.
    Sei nicht böse. Liebe ist Schicksal, wir können es nicht abwenden. Auch mit Dir war ich eine Zeitlang glücklich. Behalte mich in guter Erinnerung, und knuddel die Katzen von mir. Ich danke Dir für alles und wünsche Dir Glück,
    Rune
    Olaf erhielt zeitgleich einen ähnlich formulierten Brief. Wir saßen mittlerweile wieder bei ihm unten, tranken Moltebeerenschnaps und rauchten. Wir waren völlig aus der Spur. Es traf uns wie ein Todesfall. Auch später, nach Wochen, nach Monaten, schafften wir es nicht, die Schatten unserer Treulosen loszuwerden. Es wäre ein Tausch, es wäre legitim, dachte ich in meinen einsamsten Stunden. Darin hatten wir Übung, Maybritt und ich. Ihren Segen hätten wir gewiss.
    Aber etwas hielt uns zurück, unbegreiflicherweise. Das Gleichgewicht war gestört. Wir waren nicht mehr frei zu wählen, wir waren Verlierer, der Opfergeruch klebte an uns wie erkalteter Rauch. Zusammenzuziehen hätte bedeutet, nehmen, was übrig blieb. Resteverwertung, wäre das nicht erbärmlich? Es ging einfach nicht. Und überdies: Prinzessin Praline, unsere kleine Fremdgängerin, hätte nicht mitgespielt. Ein gemeinsamer Haushalt mit ihren Brüdern – das war ihr nicht mehr zuzumuten.
    Während Selma mir ihre Geschichte erzählte und nebenbei das Kätzchen kraulte, hatte sich eine weitere Katzenfreundin zu uns gesellt, mit einer Tupperdose voller Schinken und Fischresten vom Frühstücksbüfett. Damit lockte sie nach und nach weitere Katzen an, eine räudiger als die andere.
    »Katzen bringen Unglück«, fiel mir dazu nur ein, als Selma mit einem Seufzer in Schweigen verfiel. Ich fürchtete schon, die Verlassene würde gleich in Tränen ausbrechen. Was macht man in solchen Situationen? Ein Kleenex reichen? Dezent eine Ausgabe von Tröstliche Tropfen im Trauerfall aushändigen? Meine Belegexemplare standen zu Hause im Regal. Selma jedoch verteidigte sofort ihre Samtpfoten: »Katzen, nein! Eher Männer.« Nun lächelte sie fast schon wieder.
    »Vielleicht gelingt es Ihnen und Olaf eines Tages doch noch, über Ihre Schatten zu springen«, überlegte ich.
    »Das glaube ich nicht«, meinte sie sachlich. »Olaf und ich werden Schicksalsgenossen bleiben, gute Nachbarn. Er füttert zurzeit meine drei Kater. Freundschaft hat auch ihren Reiz. Weniger Erwartungen, weniger Enttäuschungen. Das volle Programm ist anstrengend, es verlangt so viele Kompromisse, finden Sie nicht?«
    Kompromisse – ich hatte sie fast vergessen. Lena und ich hatten so unterschiedliche Bedürfnisse, dass kein Tag ohne gegenseitiges Gezerre verstrich. Ich bin nachtaktiv, während Lena nach der Tagesschau ins Bett fiel. Dafür stand sie um 6 Uhr früh auf der Matte und wollte mich zum Jogging animieren, im Sommer sogar zu einer Runde Schwimmen im Freibad, weil das so erfrischend sei. Dabei hasse ich Sport und ertrage Erfrischungen nur in Halblitergläser abgefüllt, auf Hefebasis. Plötzlich tauchten sie alle wieder aus der Versenkung auf, die unzähligen Kompromisse in einer zehnjährigen Ehe, und ich gab Selma recht.
    »Wissen Sie«, sagte sie daraufhin, »er hat mich damals du Schöne genannt. Seitdem fühle ich mich wie neu geboren. Trotz des Verlustes. Dieses schlichte Kompliment ist mein größtes Geschenk. Ich bin nicht mehr unsichtbar. Sie werden es nicht glauben, aber mein neues Selbstwertgefühl trägt bereits Früchte. Ich bekomme Avancen.«
    »Avancen? Von Männern?«, fragte ich überrascht und hätte mir sofort auf die Zunge beißen mögen. »Sorry, ich meine …«, wand ich mich, aber die selbstbewusste Selma befreite mich aus meiner peinlichen Lage, indem sie mein Gestammel lachend unterbrach: »Lassen Sie’s gut sein, junger Mann, ich bin mindestens zehn Jahre älter als Sie. Da sind ältere Semester angesagt.«
    »Wenn ich auch etwas dazu sagen darf«, mischte sich nun die andere Katzenfreundin in unser Gespräch. Sie stellte sich vor, Renate aus Bielefeld, sie sei seit zwei Jahren Witwe, und nach dem ersten Schock des Verlustes habe ihr Leben eine ganz erfreuliche Wendung genommen. »Ich habe einen ägyptischen Lover, ein äußerst aufmerksamer und attraktiver junger Reiseführer aus Luxor. Auf meiner Nilfahrt habe ich ihn

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