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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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ihr Feuerzeug hinhielt, fiel mir Volltrottel ein, dass ich vor einigen Jahren das Rauchen aufgegeben hatte.
    Sie musterte mich abschätzig von oben bis unten. Ich hatte seit dem Morgen nicht mehr geduscht, grober Leichtsinn, wenn man auf Anmache aus ist. In der Werbung sehen verschwitzte Männer im Buschpilotenlook immer sexy aus, aber da riecht man sie nicht. Andererseits – wo die Chemie stimmt, heißt es, störe auch der frische Schweiß nicht. Im Gegenteil. Frauennasen witterten instinktiv den für sie geeigneten Sexualpartner am Geruch, besonders an ihren fruchtbaren Tagen. Da seien sie ganz heiß auf Machogerüche, selbst wenn sie den Rest des Monats darüber die Nase rümpften, hatte mich Lena einst aufgeklärt, als ich mich wunderte, dass ihre sympathische Kollegin sich einen ausgewiesenen Schwachkopf, einen FDP-Karrieristen, an Land gezogen hatte. »Euch Männern, selbst den abartigsten Irrläufern eurer Spezies, bietet die Natur damit eine gediegene Chance, unter die Haube zu kommen«, hatte sie schelmisch hinzugefügt. Ich weiß bis heute nicht, ob sie mich damit meinte. Bin ich ein Irrläufer? Meine Vorstellung von Coolness erschöpft sich darin, über Reblagen zu referieren. Damit würde ich hier nicht landen. Etwas anderes fiel mir nicht ein. Also musste ich mich heute einfach mal auf die Natur, auf Lenas Pheromontheorie verlassen.
    Die qualmende Braut neben mir erweckte allerdings nicht den Anschein, als befände sie sich im Eisprung und könne es kaum erwarten, von mir durchgenudelt zu werden. Aber wenn man sich so aufbrezelt, hat man doch eine Absicht, sagte ich mir. Wozu sonst diese Locksignale? Ich fragte sie, ob ich sie auf einen Drink einladen dürfe? Ein gelangweilter Blick, ein Achselzucken, warum nicht? , hieß das wohl, und ich winkte einen Steward herbei, bevor sie mir eine Schlappe erteilte. Immerhin, sie ließ sich auf einen Campari ein. Das war ein Anfang. Jetzt musste ich nur noch meinen Charme sprühen lassen. Aber wie? Welches Thema? »Sagen Sie mal, was macht so eine bezaubernde Lady wie Sie auf diesem schwimmenden Altersheim?«, legte ich los und kam mir dabei vor wie dieser schleimige FDP-Karrierist von Lenas Kollegin.
    »Altersheim, da treffen Sie ins Schwarze.« Endlich zeigte sie eine Spur von Interesse und wandte sich mir zu. »Ich bin beruflich unterwegs, um für eine private Krankenkasse die Möglichkeiten für ein schwimmendes Altersheim auszuloten.«
    »Im Ernst? Und da hat man Sie als … als Feldforscherin losgeschickt?« Sie sah aus wie zwanzig, ich verkniff mir die Bemerkung ›als Lockvogel‹.
    »Mich nicht allein«, antwortete sie. »Ich bin mit meinem Chef hier.«
    Aha, mit ihrem Chef. Den Drink hätte ich mir schenken können. Aber für einen Rückzieher war es zu spät. Außerdem war meine Neugier geweckt. »Und wie überprüfen Sie die Möglichkeiten? Testen Sie die Behindertentauglichkeit der Bäder oder die Betthöhen, ob sie fürs Personal wickelfreundlich sind …?«
    »Nein, nein«, wehrte sie schnell ab, »die Einrichtungen an Bord sind perfekt für alte Leute. Was uns interessiert, ist die Meinung der Zielgruppe. Wir führen Interviews durch.«
    »Warum braucht es da Interviews?« Ich wunderte mich. Die Zielgruppe, also die Alten, seien doch sicher begeistert von einem solchen Angebot, vermutete ich. Aber die Puppe schüttelte den Kopf. Das denke man, solange man noch nicht zur Zielgruppe gehöre, belehrte sie mich. Die Vorstellung, bis zum Ableben, also womöglich jahrelang auf dem Meer herumgeschippert zu werden, schrecke die meisten Alten ab. Das bedeute ja auch, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Sie hätten das Gefühl, abgeschoben, quasi vorzeitig entsorgt zu werden. »Um ehrlich zu sein, mir würde das auch nicht gefallen«, gab sie zu. »Ihnen etwa?«
    »Mir? Um Himmels willen! Ich käme mir vor wie der Fliegende Holländer«, stimmte ich ihr zu. »Ich habe so schon meine Probleme mit dem Bordleben. Es erscheint mir so zweckfrei, so sinnlos, wie eine gähnende Öde unter einer glitzernden Talmischicht. Und wenn ich zu lange auf das Meer hinausschaue, bekomme ich Panik vor dem großen Nada , der ozeanischen Leere, die mich zu verschlingen droht. Ich kann die Alten verstehen. Je näher man dem Tod ist, desto größer die Angst vor dem Nichts.«
    Sie nickte. »Für die Krankenkassen würde es sich natürlich rechnen, ökonomisch wäre es eine Lösung. Schiffe gibt es genug, sie unterbieten sich ohnehin wie verrückt und kommen unter

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