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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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dem Regen wird es sehr schwer. Beten Sie zu Gott, dass wir ihn finden«, sagte Frederik.
    Ich blickte hinüber zur Mother Universe.
    Doro hatte, wie von Tom befohlen, den Motor angeworfen. Der Schoner drehte traurig, fast widerwillig ab, so kam es mir jedenfalls vor, und bewegte sich langsam in Richtung Hafen.
    In meiner Brust klopfte es wild. Hätte man mir in diesem Moment ein Messer in den Arm gerammt, ich hätte nichts gespürt. Die feuchte Kälte kroch in jede einzelne Zelle meines Körpers.
    Als könne er Gedanken lesen, teilte Kikstra Handtücher aus. Don, Willy und ich zogen die Jacken aus und trockneten uns die Haare. Tom nahm das Handtuch, das Kikstra ihm anbot. Doch statt es zu benutzen, legte er es sich um den Hals und starrte ins Leere.
    Dachte Tom darüber nach, in welcher schlimmen Lage wir alle uns befanden, besonders er? War er seinen Pflichten als Skipper nachgekommen? Hätte er nicht darauf achten müssen, dass Andi seine Schwimmweste anbehielt? Das, so dachte ich in diesem Augenblick, sind die Fragen, die Tom jetzt quälten.
    Frederik sprach ihn darauf an. »Sie sagen, er hat keine Schwimmweste an, und er kann nicht schwimmen, richtig?«
    Tom antwortete mit einem Nicken. Zu mehr war er nicht in der Lage.
    »Dann wissen Sie, was das bedeutet. Jedes Grad über Null ist eine Minute Überlebensdauer im Wasser«, fuhr Frederik fort.
    Die Anna Margaretha jagte wie eine Rakete über das unruhiger werdende Wasser. Frederiks Männer schienen aus der Maschine alles herauszuholen, was in ihr stecke.
    Aufgrund der Dunkelheit, die mittlerweile hereingebrochen war, und der schlechten Sicht durch den Regen hatte de Vries die Suchscheinwerfer eingeschaltet. Er steuerte sie über ein Pult direkt neben dem Ruder.
    Frederik und Tom hingen über dem Radar. Es blinkte regelmäßig, zeigte aber nichts an.
    Ich starrte aus dem Fenster.
    Die See kam mir vor wie ein schwarzes Loch. Die Scheinwerfer kreisten die Oberfläche ab. Nichts.
    Don, Freaky Willy und ich blickten uns hilflos an. Wir wollten nicht tatenlos herumsitzen. Aber was konnten wir schon tun?
    »Lassen Sie es uns mit Leuchtraketen versuchen«, sagte Tom.
    Johann Frederik nickte.
    Vincent Kriesch kramte in einer Kiste. Wir zogen uns an und folgten ihm aufs Deck. Er feuerte vier Raketen ab. Eine in jede Himmelsrichtung.
    Für drei oder vier Sekunden wurde die See hell erleuchtet wie das Fußballfeld in einem Stadion bei Flutlicht. Doch man sah nur eine undefinierbare Brühe, das Wattenmeer. Dann verglühte das Licht irgendwo im Niemandsland der nächtlichen See.
    Ich lief die Reling entlang und suchte verzweifelt das Wasser ab. »Kommen Sie zurück«, rief Kriesch.
    Ein dumpfer Schmerz machte sich in meiner Brust breit.
    Mit hängendem Kopf ging ich zurück ins Ruderhaus.
    De Vries hielt weiter Kontakt zum Hubschrauber. Jedes Mal, nachdem er mit den Männern gesprochen hatte, schüttelte er den Kopf.
    Tom, Frederik, Kriesch, de Vries und Kikstra hingen zu fünft über der Seekarte, um sicherzugehen, dass sie keinen Quadratzentimeter der See vor Vlieland ausgelassen hatten.
    »Ich weiß von jemandem, der hat eine ganze Nacht auf dem Wasser verbracht. Die Strömung trieb ihn bis Texel. Er war massiv unterkühlt und nicht mehr bei Bewusstsein«, sagte Kikstra.
    »Und?«, fragte ich.
    »Er hat überlebt – aber nur, weil er eine Schwimmweste trug.«
    Wie viele Stunden vergingen, weiß ich nicht mehr. Vielleicht waren es fünf oder sechs, vielleicht auch nur zwei. Stunden, in denen nichts passierte. Wir konnten nichts tun außer warten.
    Die Zeit schien nicht zu vergehen.
    »Wir werden den Hubschrauber nach Hause schicken. Bei der Dunkelheit können die unmöglich etwas ausmachen«, sagte Frederik.
    Er setzte den Kopfhörer auf und sagte etwas ins Funkgerät. Das Gespräch dauerte nicht lange. Er legte den Kopfhörer beiseite. »Ich muss die Leitstelle informieren, wir werden natürlich weitersuchen.«
    Don, Willy und ich verkrümelten uns in die hintere Ecke des Ruderhauses auf eine der harten Sitzbänke. Jeder hing seinen Gedanken nach.
    Kikstra verteilte heißen Tee aus der Thermoskanne. Dann verschwand er im Innern der Anna Margaretha und kam mit zwei großen Dosen wieder. Vollkornbrot und Leberwurst. Ich half ihm beim Schmieren der Brote. Doch niemand hatte wirklich Hunger.
    Wir fuhren die ganze Nacht. Kriesch schoss noch dreimal Leuchtraketen ab. Jedes Mal suchte ich das Meer nach etwas ab, das auf dem Wasser trieb.
    Nichts.
    Es war sechs Uhr morgens, die

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