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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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an dem ich Euch beteiligen könnte. Und mein zukünftiger Enkel würde eines Tages Euren Namen in alle Welt tragen. Ist das nichts?«
    »Es ist zu viel und zugleich zu wenig. Denk an Irland!«, sagte Marke unwirsch und schloss die Tür zu seinem Gemach hinter sich. Wessely, der ihm noch etwas wie »… diese nichtswürdigen Barbaren« nachrief, ließ er auf dem Flur stehen wie einen Untergebenen. Wessely interessierte ihn nicht.
    Allein mit sich selbst, dachte Marke an Isolde und Tristan. Er hatte ihnen einen Dienst erwiesen, einen Fluchtweg eröffnet, wie es der Art eines Monarchen widerspricht. Er war milde geworden gegenüber allen Regeln und Vorschriften des Herrschens und Führens. Man wird mir Schwäche vorwerfen, sagte er zu sich selbst, ich bin kein König mehr. Ich liebe eine Frau, die einem anderen zugetan ist. Ein König darf niemanden lieben. Nur - er zögerte - sich selbst und seine Macht über andere. Und was bedeutet meine Macht? - Meine größte Macht ist, dachte er und fasste sich an die Stirn, dem einen das Leben zu nehmen - und den anderen in die Freiheit zu entlassen. Tod und Leben! Isôts und Tristans Leben sind jetzt ihr Tod! Er ging zur Tür, öffnete sie und schrie in den Flur: »Ich will Courvenal sprechen, und zwar sofort!«
     
    Libellus I ~ 291 ~ Das verschlossene Tor
     
    Marke holte mich in sein Zimmer, schrieb Courvenal in ein neu begonnenes Papyrusheft, nachdem ihm aus Sicilia ein ganzer Stapel solcher Blätter zugeschickt worden war und er sie zu mehreren Heften hatte aufbinden lassen. Fast ein halbes Jahr hatte er auf die Lieferung warten müssen. Nun gab er dem ersten Heft den Vermerk Libellus I und begann seine notatx memoria? mit dem Satz:
    Marke holte mich in sein Zimmer. Wir führten ein denkwürdiges Gespräch. Der König wirkte erregt und ruhelos, als könnte er seine Gedanken nicht zusammenhalten. Was er von mir verlangte, wurde mir nicht sogleich deutlich. Zum einen war sein Anliegen, dass ich mich um das Wohl des Paares sorgen sollte. Zum anderen gab er mir zu verstehen, dass ich ihm durch Boten Bericht darüber erstatten müsse, wo die beiden sich jeweils aufhielten. Es würde immer eine geheime Eskorte von Reitern bereitstehen, falls Gefahr drohte, sobald T&I sich außerhalb der Landesgrenzen aufhielten. Die Eskorte, bestehend aus sechs Berittenen, würde sich stets im Hintergrund halten, nur ich sollte von ihr wissen. Er machte sich Sorgen um seine Frau und zugleich um das Ansehen seines Königshauses, ging im Zimmer auf und ab, sein Gesicht schien mir grau und gealtert. Im Kamin brannte kein Feuer. Es war kalt in dem Raum, obwohl es auf den maius zugeht. Ich bin also Euer spia, sagte ich und verwendete das germanische Wort, das er sehr wohl verstand. - Vermittler, verbesserte er mich. Ich solle vermitteln, aber mich niemals einmischen. Die Einmischung ins Leben sei der Tod der Liebe. - Was ich sonst noch zu tun habe, fragte ich. - Nichts, sagte er: ihn allein lassen. - Also ging ich und suchte Tristans Kemenate auf, um mit ihm abzusprechen, wann wir aufbrechen würden. Marjodô öffnete mir. Er wisse nicht, wo Tristan sich aufhalte, vielleicht im Garten hinter dem Turm. Als er dies augenzwinkernd sagte, schlich der Zwerg an mir vorbei und trat mir dabei wohl mit Absicht so heftig auf den Fuß, dass ich aufschrie. Besonders die Kleingewachsenen müssen uns doch immer wieder zeigen, wie wichtig sie sind.
    Ich traf Tristan tatsächlich im Garten an. Er fiel mir in die Arme, als er mich erblickte. - Morgen sind wir frei!, flüsterte er mir ins Ohr. - Sogar vogelfrei!, konnte ich mich nicht enthalten hinzuzufügen. Aber er lachte nur leise. Die Liebe sei immer vogelfrei, sonst wäre sie eine liaison und keine Liebe. Noch vor der aufgehenden Sonne, bestimmte er, würden wir fortreiten, er wisse schon, wohin! Da glitt sein Blick an mir vorbei. Hinter ihm, von der anderen Seite des Gartens her, war Isolde aufgetaucht. Sie winkte uns zu und verschwand gleich wieder. Ich entfernte mich zusammen mit Tristan, der sich in seine Kemenate zurückzog. - Noch einige wenige Stunden müssen sie voneinander getrennt sein, T&I.
    Courvenal legte die Schreibfeder beiseite und begann, seine Sachen zu packen. Unter den Kleidern suchte er für die Reise seine Mönchskutte aus.
    Als Tristan und Isolde bei beginnender Morgendämmerung aus der Burg ritten, hätte man meinen können, ein fahrendes Händlerpaar sei in Begleitung eines Pilgers auf dem Weg zu einem der Märkte im Westen des Landes, um

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