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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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Mädchen noch anwesend war. So sehr war er beschäftigt mit seinen Vorhaben. Es muss mir alles gelingen, dachte er beim Zerren an der Leiche und wusste, dass es nicht damit getan war, die Tote hinunterzukippen. Auch von dort, wo sie aufschlug, auf dem Stein oder im Sand, müsste sie noch fortgebracht werden. Der Gedanke daran, all die toten Fische und den verwesenden Leichnam nochmals anfassen zu müssen, schüttelte den Jungen.
    So schnell er konnte, rutschte er mithilfe der Stöcke an den Felsen hinunter und rannte zu den im Sand verstreut liegenden Leichenteilen. Dann trug er jedes Stück, jeden Fisch und das ganze Bündel zum Meer und brachte alles so weit, wie er Boden unter den Füßen hatte, hinein. Wie kalt das Wasser auch war, wie sehr er auch fror - er war glücklich, als er diesen Dreck wegschwimmen und untergehen sah.
    Er wusch sich den Kopf, die Arme und Beine und ruhte sich auf dem wärmenden Sand der kleinen Bucht aus. Die Sonne ging unter. Um noch rechtzeitig zur Burg zurückzukommen, musste er sich beeilen. Nach Ortie konnte er nicht mehr schauen. Im Davonlaufen ahnte er, dass er sie nirgendwo hätte entdecken können.
     
    Yella ~69~ Fang den Tang«
     
    Merla, die Magd, erzählte es Floräte, und Floräte wies Yella darauf hin. Aber Yella rechnete sich aus, dass er noch einen ganzen Monat Zeit hätte, bis Rual von seiner Reise zurückgekehrt war, und zog es vor, den jungen Herrn Tristan erst einmal in Ruhe zu lassen, um ihn kurz vor Ruals Ankunft auf frischer Tat zu ertappen. Denn nun wusste er ja, wo sich der Junge tagsüber aufhielt. Merla hatte es gerochen, den Fischgestank und das salzige Wasser in den Kleidern, und dahinter war noch ein anderer Geruch, der ihr Übelkeit bereitet hatte, der von faulem Fleisch. Der Fisch, das Salz, Algen und totes Fleisch, das gab es nur am Meer.
    »Iiii, nein!«, hatte Merla ihrer Herrin zugerufen. »Diese Kleider des jungen Herrn Tristan kann man nicht mehr waschen. Die muss man verbrennen. Die werden sonst ihren Geruch nicht los.«
    Floräte war erschrocken. Sie ließ Tristan sofort zu sich kommen und fragte den Jungen, wo er sich herumgetrieben habe.
    »Ich bin beim Graben hinter dem Sudhaus ausgerutscht, mitten hinein in das schlechte Wasser«, beteuerte er und sah dabei zu Boden.
    »Wo ist dieser Graben?«, wollte Floräte wissen.
    »Da, wo auch der Teich mit den Ratten ist.« Jetzt sah Tristan ihr fest in die Augen.
    Floräte schüttelte den Kopf. Sie kannte den Gestank, der manchmal vom Sudhaus, in dem Fleisch gekocht wurde, herüberwehte. Aber dass es dort nach faulen Fischen stank, das hatte sie bisher nicht bemerkt. Sie fragte jedoch nicht weiter nach. Und Tristan machte sich aus dem Staub.
    Er war gewarnt, spürte, dass man ihm nicht glaubte. Zwei Tage waren inzwischen vergangen, an denen er nicht am Meer gewesen war. Immer wieder musste er an das Mädchen Ortie denken. Sie hatte wohl angenommen, dass ihre Mutter noch lebte, hatte ihr Essen gebracht, und dann war Tristan gekommen und hatte den Leichnam ins Meer geworfen. Musste das Mädchen nicht denken, dass er die lebendige Mutter ins Meer geworfen hatte? Die Mutter!
    Tristan fragte sich, wie Ortie nun lebte, ob sie in der Bucht geblieben oder weitergezogen war. Mit solchen Überlegungen schlich er in den Gängen der Burg herum. Dabei beobachtete er, dass Yella immer wieder einmal zur Marschallin ging und die Wachen die Tür sicherten, während sein Aufpasser bei ihr war. Tristan versteckte sich unterdessen hinter einem Vorhang, sah Yella aus der Kemenate wieder herauskommen und fröhlich und beschwingt auf den Burghof zuhalten.
    Beim morgendlichen Essen vermied es Floräte, Tristan anzusprechen, erkundigte sich aber bei Edwin und Ludvik, seinen jüngeren Brüdern, was sie an diesem Tag tun wollten. »Wir spielen Fang den Tang«, sagte Ludvik daraufhin einmal. Floräte wunderte sich. Von diesem Spiel hatte sie noch nie gehört.
    »Woher habt ihr dieses Spiel?«, wollte sie wissen.
    »Von Tristan.«
    »Und wie spielt ihr das?«
    »Wir werfen nasse Kleider durch die Luft, und der andere muss sie auffangen.« Ludvik strahlte, als er davon erzählte.
    »Puh, das ist eklig, aber wir müssen immer lachen«, fügte Edwin hinzu. »Warum denn eklig?« Floräte spielte die Neugierige. »Weil die Kleider stinken müssen.«
    »Sie müssen stinken?«
    »Tristan sagt: wie Tang!«
    Floräte war äußerst verwundert. Wie konnte Tristan etwas über Tang wissen? Bisher war er noch nie am Meer gewesen. Was ging da

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