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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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hinunter. Wenn sie die Brocken - was für ein Futter das auch sein mochte, wahrscheinlich Teile von Fischen, überlegte Yella -, wann immer sie diese Stücke zu erhaschen versuchten, verlangsamten die Möwen ihren Flug, schrien kreischend, schlugen heftig mit den Flügeln, und dann schossen Tristan und das Mädchen ihre Pfeile ab.
    Yella beobachtete dieses Spiel eine Weile lang und musste feststellen, dass Tristan jede gierige Möwe, auf die er zielte, traf. Das Mädchen erwischte nur selten einen der Vögel. Wenn sie aber getroffen hatte, rannte sie sogleich zu dem Tier, zog den Pfeil heraus und kam damit hüpfend zu Tristan zurück. Yella sah, dass die beiden die toten Vögel in zwei Reihen auf dem Sand ausgelegt hatten. Er konnte die Tiere nicht zählen. Die oberste Reihe war sehr lang, es mussten wohl ein ganzes Dutzend Vögel dort liegen. In der Reihe darunter waren es nur wenige, eine Handvoll vielleicht. Einen weiteren Vogel legte das Mädchen gerade dazu.
    Möwen hatten ein zähes Fleisch, sie schmeckten nicht. Auf der Burg sagte man, sie seien die Ratten des Himmels. Was machen sie also damit?, fragte sich Yella und dachte darüber nach, wie er Tristan und das Mädchen fangen könnte. Er selbst würde es vielleicht schaffen, die Felsen so hinunterzuklettern, dass ihn niemand bemerkte. Doch von den Wachsoldaten konnte er das nicht erwarten. Sie würden sich mit ihren ungelenken Bewegungen verraten, würden Steine lostreten und unten im Sand und Geröll des Strandes mit ihren schweren Rüstungen hilflos umherlaufen. Dann wären Tristan und seine Gefährtin schon längst leichtfüßig hinter einem Felsvorsprung zur nächsten Bucht entwischt. Yella sah, wie schwer er es haben würde. Er seufzte. - In diesem Moment wurde er von hinten angesprochen, drehte sich um und erschrak. Sein Herr, der Marschall, kam auf ihn zu, und neben ihm ging ein Mönch.
     
    Ein Schritt nach vorn ~79~ Ein Schritt nach hinten
     
    »Was treibst du hier?«, sprach ihn Rual an ohne ein Wort der Begrüßung. Yella war ein paar Schritte von der Felskante weggetreten, damit er vom Strand aus nicht gesehen werden konnte. Zugleich gab er dem Marschall und seinem Begleiter Zeichen, nicht näher zu kommen, und hielt einen Finger vor den Mund, um anzudeuten, dass man nicht laut sprechen sollte. Erst dann verbeugte er sich und sagte leise: »Ich habe herausgefunden, was Euer Sohn tut, wenn er nicht in der Burg zu finden ist.« Yella verbeugte sich noch einmal.
    »Und was tut er?« Der Marschall war vor dem Waldläufer stehen geblieben. Er redete den jungen Mann mit lauter Stimme an, um das Tosen des Meeres zu übertönen.
    »Er schießt mit Pfeilen auf Möwen.«
    »Auf Möwen? - Wo?«
    »Da unten« - Yella deutete hinter sich in Richtung des Meeres -, »und er ist nicht allein.«
    »Nicht allein? Wer ist noch da?« Ruals Stimme klang sofort aufgebracht und besorgt.
    »Ihr braucht keine Angst zu haben«, sagte Yella schnell und spreizte zur Beschwichtigung die Finger, »es ist nur ein Mädchen. Ich weiß nicht, woher Euer Sohn sie kennt und warum sie da unten in der Bucht ist, aber sie schießt ebenfalls mit Pfeilen auf Möwen.«
    Der Marschall war sofort beruhigt, es glitt sogar ein Lächeln über sein Gesicht. »So, so, ein Mädchen«, sagte er und blickte Courvenal von der Seite an. »Und deswegen bist du«, sagte er weiter an Yella gewandt, »mit einem Trupp Soldaten hierhergeritten?«
    Yella wurde verlegen. Er versuchte sich damit herauszureden, dass er den jungen Herrn nur beschützen wolle, sprach vom Auftrag seiner Herrin, der Burgfrau Floräte, Tristan zu suchen, und er habe ihn ja auch gefunden.
    »Und wie kommt Tristan aus der Burg heraus?«, unterbrach ihn Rual und kniff die Augen zusammen.
    »Er … ich weiß nicht … wahrscheinlich durchs Tor … morgens, wenn die Wachen …«, stotterte er.
    »Durch den geheimen Ausstieg?«, setzte Rual nach und ging einen Schritt auf Yella zu.
    »Was meint Ihr … welchen geheimen …?«
    »Ja oder nein?«
    Yella fasste sich an den Hals. Die Frage schnürte ihm die Kehle zu. »Ich weiß nicht … vielleicht«, stieß er hervor, Schweiß trat ihm auf die Stirn, er war durchschaut und ertappt, das wusste er, brachte es jedoch nicht über sich, sein Wissen um den geheimen Ausstieg zuzugeben. »Ich weiß nicht, wovon Ihr …«, begann er nochmals und kam nicht weiter, da Rual sich zu seinen Leuten umdrehte und befahl, dass man »den Knecht« abführen und in der Burg in den Turm sperren solle.
    In

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