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Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx

Titel: Trix Solier - Odysee im Orient - Lukianenko, S: Trix Solier - Odysee im Orient - xx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zusammenrollten. Die Sonne lugte gerade überm Horizont hervor und es war noch kühl. Wasabs Neffe bereitete am Lagerfeuer gähnend das Frühstück zu, der Kaufmann selbst trank schnaufend eine Schale Tee nach der anderen.
    Trix stierte benommen auf die packenden Soldaten. Als Wasab seinen ungläubigen Blick auffing, erklärte er: »Wir müssen früh aufbrechen, junger Magier, denn mittags zwingt uns die Sonne bereits erneut zur Rast.«
    »Ziehst du jetzt mit ihnen mit oder nicht?«, wollte Annette von Trix wissen.
    »Sagt, Wasab, stimmt es, dass der Weg in mein Heimatland durch diese Oase führt?«, fragte Trix daraufhin den Kaufmann.
    »Ja«, antwortete dieser. »Einer der Karawanenpfade geht hier durch. Verzichtest du also auf einen Besuch der Hauptstadt?«
    Trix hüllte sich in Schweigen.
    »Dachrian ist eine schöne Stadt«, sagte Wasab. »Aber wenn du lieber nach Hause zurückkehren willst … und dich dabei nicht der Möglichkeiten eines Zauberers bedienen willst … Ich denke, heute kommt eine, vielleicht sogar zwei oder drei Karawanen durch die Oase. Eine wird dich mit Sicherheit gern als Kampfmagier anheuern.«
    »So viele Karawanen ziehen hier durch?«
    »Was dachtest du denn?! Schließlich wissen alle, dass unser beider Länder bald einen schrecklichen Krieg gegeneinander führen. Danach ist Dachrian womöglich unter dem Sand der Wüste begraben, während durch die Trümmer eurer namenlosen Hauptstadt das Gras wächst. Solange das aber noch nicht der Fall ist, sollte man sein Schäfchen ins Trockene bringen.«
    Die Art, wie die Samarschaner denken, sinnierte Trix, wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben.
    »Ich komme mit Euch«, sagte er. »Wie lange werden wir unterwegs sein?«
    »So der Höchste es will«, sagte Wasab und bedeckte den Kopf ehrfurchtsvoll mit den Händen, denn es galt in Samarschan als respektlos und folglich als gefährlich, die Höchste Gottheit mit bloßem Kopf zu erwähnen, »bis morgen Abend. Oder übermorgen früh. Das unterliegt allein dem Willen des Höchsten – möge er uns ein derart starkes Seil flechten, dass wir aus der Schlucht der Leiden den Berg der Wonnen erklimmen können, ohne zu ermüden!«
    »Ich komme mit Euch«, bekräftigte Trix und seufzte.
    Eine halbe Stunde später hatte sich Trix im See gewaschen, das gestrige Fladenbrot sowie Reste vom Kebab gefrühstückt und thronte auf einem Kamel (was weder Tier noch Mensch sonderlich gut gefiel). Die kleine Karawane brach auf.
    Die Sonne stieg langsam höher. Es wurde immer heißer. Dennoch schritten die Kamele gleichmütig durch die Dünen. Trix schaukelte von einer Seite auf die andere und meinte, sich an Deck eines Schiffes zu befinden.
    »Wollen wir uns ein wenig die Zeit vertreiben?«, schlug Wasab vor.
    »Und wie?«, fragte Trix zurück. »Mit Liedern?«
    »Liedern?«, entgegnete Wasab erstaunt. »Was für eine Idee! Gesang trocknet Mund und Hals aus! Singe also niemals in der Wüste! Nein, wir vertreiben uns die Zeit mit Gedichten, die sehr leise vorgetragen werden.«
    »Gut, dann fangt an«, forderte Trix Wasab auf.
    Dieser hüstelte und kündigte dann an: »Ich werde dir einige Vierzeiler vortragen, die ich selbst verfasst habe.«
    Seltsamerweise fielen die Soldaten und der Neffe daraufhin etwas zurück.
    »Hierzulande schätzt man Vierzeiler?«, hakte Trix nach.
    »Oh ja, sie sind der Gipfel unserer Dichtkunst! Allerdings ist es mit den Reimen ein Kreuz! Doch urteile selbst!«
    Obwohl ich’s nicht wollt, war ich gestern betrunken.
    Doch heut, da war ich aufs Trinken erpicht,
    Bin aber noch nicht mal vom Diwan gesunken.
    Das Trinken, so scheint’s mir, ist meine Pflicht.
    »Ein großes Gedicht!«, beteuerte Trix.
    »Ja, es ist eines meiner liebsten«, erklärte Wasab, den das Lob zu weiteren Zeilen ermunterte:
    Das Geheimnis der Welt, es bleibt uns verschlossen,
    Weil elende Würmer wir sind.
    Nur in den Wesir hat sich Weisheit ergossen.
    Das ist die Wahrheit, das weiß jedes Kind.
    »Auch das sind interessante Gedanken«, gab Trix zu. »Nur wollen sie mir etwas profan scheinen.«
    »Stimmt, die Philosophie ist hier nicht sehr subtil«, räumte Wasab selbstkritisch ein. »Aber so ein Gedicht muss sein. Ich hätte es sogar zuerst vortragen sollen, denn jede Darbietung von Vierzeilern beginnt bei uns mit einem Lob des Großwesirs. Für einen Fremdländer sind freilich Verse mit einer allgemein menschlichen Problematik geeigneter. Diese zum Beispiel!«
    Im Traum ein Mädchen mit Worten mich kost,
    Bei Tag meine

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