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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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schnitten Planken zurecht…
    Mit einem abermals fast vollgelaufenen Schiff erreichten sie gegen Ende des Sommers einen kleinen Hafen der Insel Chios. Bis Zimmerleute und Besatzung mit richtigem Holz, richtigem Pech und gutem Werkzeug die Kerets Nutzen seetüchtig gemacht hatten, war der halbe Herbst vergangen.
    In diesem Hafen gab es für ein wenig Gold oder etwas mehr Silber fast alles zu kaufen, oder zu mieten, wie das Zimmer mit dem breiten flachen Bett, in dem sich Tashmetu und Ninurta einfallsreich vergnügten, bevor oder nachdem sie zum Schankraum hinabstiegen, und manchmal auch zwischendurch. Kostenlos und weniger köstlich waren die Nachrichten oder Gerüchte: über Seeräuber, vor kurzem noch Verbündete des Madduwattas im Seekampf gegen die Hatti um Alashia, die nun mit den vielen übernommenen Schiffen die Küsten verheerten, von den Häfen Kilikiens, die die Hethiter nicht mehr schützen konnten, bis hinauf nach Lesbos; über die Krieger des Dunklen Herrn von Arzawa, die jene Städte, die die Seeräuber verschont hatten, heimsuchten und auspreßten, weil ihr Fürst alles besitzen wollte und von allem immer mehr; über die finsteren, dunkelrot gewandeten Priester des Gottes Shubuk, dessen Bild das einer großen Schlange mit Beinen und manchmal Flügeln sei – des Gottes, den der Dunkle Alte verehrte, dem er seine Macht und sein zur Unsterblichkeit neigendes langes Leben verdankte; des Gottes, dessen Verehrung er nun den Landen, auf denen sein Schatten lastete, zur Pflicht machen wollte. Gerüchte auch über Verheerungen im fernen Landesinneren, über endlose Flüchtlingszüge und fremde Reiter und neue Völker, und Berichte, falls man sie so nennen konnte, über von niemandem betrauerte Niederlagen hethitischer Truppen gegen große Horden aus heimatlosen Kriegern, waffenkundigen Flüchtlingen, beutegierigen Fremden.
    Von Chios nach Samos, von dort weiter nach Milawatna (aber die Stadt wurde nun nur noch Miletos genannt), wo die Nachrichten fast ausnahmslos bestätigt wurden; aber Miletos selbst lag weit genug im Südwesten des Landes, fast schon im Meer, und war bisher verschont geblieben – nicht ganz, wie sich zeigte, als Ninurta und Tashmetu einen alten Geschäftsfreund im ältesten Teil der Stadt aufsuchen wollten, einem Gewirr aus engen Gassen mit engen, alten Steinhäusern, jenseits des großen Platzes, auf dem – wie überall im Reich des Madduwattas – ein Altarstein mit einem Abbild des Gottes Shubuk stand. Dort sahen sie dunkelrot gewandete Priester, die zwei halbwüchsige Jungen mit Gewalt in die Straße zerrten, die zu den östlichen Hügeln führte. Die Jungen schrien und strampelten; milesische Männer mußten von Kriegern zurückgehalten werden. Offenbar taten die Priester alles, um sich, den Gott und den König beliebt zu machen.
    In einer Hafenschänke legte sich abends eine Hand auf Ninurtas Schulter; als der Assyrer aufblickte, sah er in das Grinsen des schlitzäugigen Waffenbruders Kaidu. Sie saßen und tranken und redeten; der Mann aus dem Osten sagte, Khanussu und die anderen seien nicht weit entfernt, im Dienst des großen Herrschers, und aus Khanussus Heimat seien junge kräftige Männer zu ihnen gestoßen, dazu weitere Söldner aus vielen Gegenden.
    »Und du, Freund?«
    Kaidu leerte den Becher und goß Wein nach, aus einem Krug, dessen Hals zwei einander umschlingende Schlangen war.
    »Ich? Genug Silber, viel genug Gold, bißchen Nichtstun etwa, trinkig, nachts fein fleischig Frau. Zeit, Bruder Ninurta. Viel Zeit hat, uh, ist Loch, muß zuschütten.«
    Der Geschäftsfreund, den sie erst am nächsten Tag fanden, stieß düstere Vorhersagen aus. Miletos habe nur so gut gelebt, überlebt, weil die Stadt ohnehin dem Dunklen Alten gehöre. Man werde ausgepreßt, gerupft, aber nicht geschlachtet. Andere Orte, auch auf den Inseln, die nicht zu Arzawa gehörten, seien mit Krieg überzogen worden.
    Vier Tage später sagte ihnen der Anblick des Hafens von Ialysos, daß der Händler nicht übertrieben hatte: ausgebrannte Schiffe am Strand, rauchgeschwärzte Mauerreste, aber auch viele heile oder bereits wiederaufgebaute Häuser. Die Burg über der Stadt schien unversehrt.
    Ninurtas erster Gang führte ihn zum Lager der Händler. Auch hier Spuren von Verwüstung, aber Menenas Haupthaus stand noch, und das lange Seitengebäude wurde ausgebessert, von einigen Sklaven und dem Vormann des Lagers, Iapyx.
    »Herr Ninurta! Du lebst?«
    Der Assyrer legte die Hände auf Iapyx’ Schultern. »Wie

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