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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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auf dem Schutt der Vergangenheit eine brüchige Gegenwart in Zukunft zu verwandeln, ohne von Erinnerungen erstickt zu werden.
    Aus den alten Fürstenhäusern hatte nur ein Mann überlebt; er war Vater des kleinen Volks, König ohne Reich, ratloser Ratsherr, und leitete die Plagen, die nicht mehr als Aufräumen und noch nicht als Leben bezeichnet werden konnte. Ninurta hatte ihn mehrfach in der Schlacht gesehen. Damals war er ein prächtiger Anblick gewesen, ein furchtbarer Kämpfer, glänzend in seiner Rüstung, herrlich im Gemetzel, Männerführer und Schrecken der Achaier. Der müde Mann mit tiefen Furchen im Gesicht konnte kaum älter als dreißig Jahre sein, und Ninurta glaubte ihm den Namen, den er nannte, erst dann, als einige ältere Trojaner ihn bestätigten: Aineias, Sohn des Anchises.
    »Überlebende«, sagte der Fürst, der sie abends zum Gestade begleitet hatte, um an Bord der Kerets Nutzen den ersten trinkbaren Wein seit dem Krieg zu genießen und mit Menschen zu sprechen, die abends nicht zu erschöpft waren, um Wörter zu erkennen, die in unendlich ferner Vergangenheit einmal verwendet worden waren.
    »Überlebende – es sind ja einige geflohen, auch aus der Neustadt; sie berichten von dir, Göttin des Platzes der Sieben Standbilder, und sie würden viel Kraft gewinnen, wenn du morgen, übermorgen, irgendwann zur Stadt kämst. Ein paar Menschen aus den zerstörten Orten an den Engen und im Hinterland, Überlebende aus den Bergfestungen und den Hochtälern. Luwier, Halbluwier, Halbachaier, Phrygier, Thraker, Mysier – Männer der verbündeten Truppen, die den Heimweg nicht mehr antreten mochten, da inzwischen ihre Heimat ebenfalls nicht mehr bestand. Tausend, ungefähr.« Er schnupperte an seinem Becher, fast andächtig, trank, gähnte, trank abermals.
    »Wer lebt noch?« sagte Tashmetu.
    »Von den Mächtigen? Keiner. Das Geschlecht des Priamos ist ausgelöscht. Die Götter waren gerecht.« Für wenige Augenblicke schaute Ninurta den unendlichen, unsterblichen Haß; dann senkte Aineias die Lider, und die Glut mochte weiterglimmen, war aber nicht mehr zu sehen.
    »Gerecht?« sagte der Assyrer. »Wem gegenüber?«
    »Allen. Agamemnon ist tot. Menelaos ist verschollen, nicht wahr, mit dieser… Frau. Odysseus?« Er hob die Schultern.
    »Parisiti hätte Helena nie sehen dürfen – aber die Achaier wollten den Krieg und hätten ihn begonnen, auch ohne die beiden. Wir hätten die Frau ausliefern sollen; es hätte nicht die Fürsten, aber die Krieger der Achaier unsicher gemacht – vielleicht. Vor allem hätten wir uns nie auf den Wahnsinn des Priamos einlassen dürfen, Prijamadus Traum, mit dem Dunklen Alten zusammen die Hatti zu besiegen und Alashia zu besetzen und…« Im schwachen Licht der beiden Öllampen auf dem Achterdeck wirkte er uralt und aufgebraucht. »Vorbei.«
    »Und deine Sippe?« Tashmetus Stimme war rauh.
    »Mein Vater lebt noch. Und Askanios, ein Sohn von dreien. Er ist jetzt zehn.« Aineias rieb sich die Augen und gähnte wieder. »Es gibt eine Illyrierin, Rhome, die mich nicht für unheilbar abgenutzt hält.« Er lachte leise. »Man wird sehen. – Was habt ihr mitgebracht?«
    »Getreide«, sagte Ninurta. »Saatgut. Werkzeug.«
    Vom Strand, wo zwei Feuer loderten, hörten sie Gelächter; bis auf Bod-Yanat und Tuzku hatten sich die Männer des Schiffs zu den Skythen gesellt; bald würden wehmütige Steppengesänge die Nacht schwängern, daß der Morgen ein vielköpfiges Schmerzungeheuer gebäre.
    »Das ist gut. Es wird das Überleben leichtermachen.«
    »Damals habe ich Waffen gebracht.«
    Aineias gluckste. »Bilde dir nichts ein, Assyrer. Es sind mehr als fünfmal zehntausend Menschen gestorben. Einige von ihnen werden dich nun in der Unterwelt preisen, weil sie durch scharfe Eisenwaffen, die du gebracht hast, schnell sterben durften. Gestorben wären sie auf jeden Fall, zerhackt von schartigen Klingen.«
    »Ich weiß. Trotzdem… Da ich am Untergang beteiligt war, will ich auch am Aufbau mitwirken. Was du von unserer Ladung verwenden kannst, ist dein. Als Geschenk.«
    Tashmetu tastete nach Ninurtas Hand; Aineias stützte die Ellenbogen auf den kleinen Klapptisch, verschränkte die Finger und legte das Kinn darauf. Seine stetigen Augen wanderten im Zwielicht über das Gesicht des Assyrers.
    »Es gab da eine Frau«, sagte er halblaut, »bei den Achaiern, zuerst wohl in der Neustadt. Als die Waffen ruhten, habe ich mit ihr einige Worte gewechselt. Sie hat Philoktetes geheilt.«
    »Was

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