Troja
du, Freund. Was ist hier geschehen? Und wo ist Menena?«
Die Miene des Vormanns erzählte das Wichtigste, noch ehe er zu reden begann.
»Menena und seine Frau sind bei den Rome-Göttern, die die Unterwelt verwalten, Herr. Ich weiß nicht, wie sie aussieht, aber ich hoffe, es geht ihnen dort erträglich. Sie haben sie zerstückelt und geröstet; oder umgekehrt.«
»Wer?«
»Krieger des Madduwattas, den die Götter zweifellos längst verdorben hätten, wenn sie nicht befürchten müßten, von seiner Seuche angesteckt zu werden.« Iapyx spuckte aus.
Sie waren mit zehn Schiffen gekommen, denen noch einmal zehn und dann zwei Dutzend folgten, alle vollgestopft mit Kriegern. Sie stürmten die Stadt und plünderten sie; jene Bewohner, die nicht rechtzeitig in die Burg des Keleos fliehen konnten, wurden niedergemetzelt oder, wenn sie jung und kräftig genug waren, später als Sklaven mitgenommen. Vier Tage dauerte die Belagerung der Burg; dann rückten Kämpfer der Polyxo heran, der kriegerischen Witwe des vor Troja gegen Sarpedon gefallenen Tlepolemos – vier Tage hatte es gedauert, bis rechtzeitig geflohene Vorstädter zu ihr in die Stadt Rhodos kamen und bis es ihr gelungen war, genug kampfkräftige Männer zusammenzubringen, denn die meisten, die mit Tlepolemos aufgebrochen waren, warteten vermutlich (sagten die Leute, wie Iapyx behauptete) mit ihm am Ufer des Styx: Die große Menge an Toten konnte Charon noch nicht bewältigt haben, auch wenn er zwei zusätzliche Kähne und Fährmannsgehilfen eingestellt hätte. Polyxos Kämpfer, darunter einhundertvierzehn erprobte Troja-Heimkehrer, hatten die Belagerer zurückgeschlagen, die daraufhin mit Beute und Gefangenen absegelten.
»Weißt du etwas von den anderen Eignern?«
»Du bist der erste, der heimkehrt, Herr.«
Etwas Undeutliches, Dunkles drängte Ninurta zum schnellen Aufbruch. Er machte Iapyx zum neuen Herrn des Lagers, ließ die wenigen geretteten Felle und ein wenig Gold und Silber da, bat ihn, einen Boten zu Keleos zu schicken und die baldige Rückkehr von Awil-Ninurta zu versprechen; dann, noch an dem Tag, da sie morgens angekommen waren, verließen sie Ialysos wieder.
Ninurta wartete nicht auf den Einbruch der übernächsten Nacht, um ungesehen die Insel zu erreichen – er begnügte sich damit, daß kein Segel und keine Mastspitze in Sicht waren. Finstere Befürchtungen trieben ihn.
Kurz vor Beginn der Dämmerung kamen sie in die enge Einfahrt zur Grotte. Tsanghars Sprechzauber, die Tonröhre, die ein Flüstern bis zum Wächter des Grottentors trug, war zertrümmert. Die Zufahrt war frei, offen. Als sie in der Grotte Fackeln entzündeten, sahen sie verkohlte Reste der großen Tore; hoch oben hing unversehrt das letzte der von Tsanghar gebauten Geräte mit vielen Rollen.
»Leise, vorsichtig, die Waffen bereit – es könnte noch jemand dasein«, sagte Ninurta; die Kerets Nutzen rieb sich am Kai-Sims. Tashmetu wollte auf keinen Fall an Bord bleiben, und Ninurta zuckte mit den Schultern.
»Es hat nun ohnehin keine Bedeutung mehr, wer lebt und wer nicht, Liebste.«
»Doch.« Sie versuchte zu lächeln. »Du und ich, wir haben noch einige Dinge vor uns.«
»Ich fürchte mich vor dem, was unmittelbar vor uns liegt. Los!«
Sie drangen in den Gang ein, der zum Tal führte, zu den Häusern und Lagern und Höhlen und Werkstätten.
Das schwindende Abendlicht war mehr als ausreichend, um zu sehen. Die Häuser eingerissen und in Brand gesteckt. Die Badebecken zerschlagen. Leichen, von Vögeln besucht und geschrumpft und verwest, viele kopflos, andere mit noch allzu deutlich kenntlichen Wunden. Shakkan der Schmied, auf den Amboß gebunden und mit den eigenen Hämmern zerschlagen. Igadjae, die sanfte Herrin der Tiere… ihre Unterschenkel lagen ebenso weit vom Rest des Rumpfs entfernt wie der Kopf. Kir’girims zahmer weißer Löwe, ein von Vögeln fast gereinigtes Gerippe, schien nach Lage der gestürzten und der noch baumelnden Knochen an eine Holztür genagelt worden zu sein: die Holztür vor Kir’girims und Kal-Upshashus Höhle. Ninurta bat Tashmetu, ihm nicht hineinzufolgen, aber sie wollte, mußte, sehen. Die Babilunierinnen, Schwestern in Zauberei und Arbeit und Liebe, Schwestern auch im Tod: Man hatte sie aufeinandergebunden, den Kopf der einen zwischen den Schenkeln der anderen. Die schweren, verkrusteten Lederpeitschen lagen daneben.
Kein Haus verschont, keine Höhle, keine Werkstatt, kein Mensch. Die Bootsbauer Setoy und Achikar. Adapa und Sokaris,
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