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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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dem Hatti-Reich achten, sich aber nicht auf vermeidbare Wagnisse einlassen.
    Ninurta hielt Djosers Meinung für beinahe edel. Er zweifelte nicht im geringsten daran, daß der König des Binsenlands eine weitere Pyramide bauen, die Grenzen hüten und den alten Schutzvertrag weitherzig auslegen würde. So weitherzig, daß er in gelassener Heiterkeit zusehen konnte, wie alle einander die Kehlen schlitzten.
    Die Hethiter saßen in einer Falle, die sie selbst gebaut hatten.
    Die Kupferlande in den Bergen, von Assyrien besetzt, konnten sie nicht zurückgewinnen. Um gegen Assyrien anzutreten, hätte der Großkönig sein ganzes Heer sammeln müssen: an die achttausend Streitwagen, die ihm in den Bergen nichts nützten, und vielleicht vierzigtausend Fußkämpfer, die nicht daran gewöhnt waren, ohne Streitwagen zu kämpfen. Er hätte alle Grenzen entblößen, die Besatzungen aus allen Grenzfestungen abziehen müssen. Der letzte Hatti-Herrscher, der das getan hatte, fand bei seiner Rückkehr die Hauptstadt Hattusha verwüstet, weil die Kashkäer im Norden den Abzug von Grenztruppen als Einladung zu Beutezügen auffaßten. Assyrien war bereit gewesen, Kupfer zu liefern und das zur Beimischung wichtige Zinn aus den Ländern weiter östlich, aber der Hatti- Herrscher wollte Kupfer nicht kaufen, sondern zu eigenen Bedingungen besitzen. Deshalb hatten die Hethiter die Kupferinsel Alashia überfallen, obwohl deren Stadtfürsten ihre Verbündeten waren. Was immer nun geschah, folgte zwangsläufig aus den begangenen Fehlern. Die Stadtfürsten waren zu Verwandten aufs Festland geflohen, die ebenfalls keinen Anlaß hatten, die Hatti besonders zu lieben. Es mochte sein, daß sie von dort mit Söldnern und Freiwilligen versuchen würden, Alashia wieder zu befreien. Vielleicht mit Hilfe anderer, die ebenfalls keine Liebe für die Hethiter empfanden – für die verhaßten Hatti, die seit Jahrhunderten die inneren Länder beherrschten und immer wieder versuchten, weitere Gebiete zu erobern, auszuplündern, Abgaben zu erpressen: von Arzawa wie von den meist mykenischen Häfen oder auch von Ilios.
    Rap’anu und der Achaier mischten sich wieder in das Gespräch. Alexandras sagte, er könne nicht ausschließen, daß der eine oder andere Fürst eingreifen würde; er sei lediglich einigermaßen sicher, daß die westlichen Achaier nichts tun würden.
    »Wir hätten eher angenommen«, sagte Rap’anu mit knarrender Stimme, »daß sie die Gelegenheit nutzen würden.«
    »Wie meinst du das?« Alexandros klang, als ob er die Antwort längst wüßte.
    »Wenn Wilusa, das du Ilios nennst, sich mit den Hatti anlegt … Ilios beherrscht die Durchfahrt durch die Engen des Dardanos, bei den Säulen des, wie heißt er, Herakles? Der Handel mit Kolchis und den anderen Ländern am Nebelmeer ist verführerisch – die starken Pferde der Steppen, die Erze, die edlen Hölzer… Und Ilios läßt keinen dorthin segeln, der nicht Zoll bezahlt und Silber gibt für Trinkwasser. Die Herrscher der westlichen Achaierstädte haben Ilios schon einmal verwüstet. Wenn Ilios nun Krieg gegen die Hatti führen sollte, böte es sich für die Fürsten von Achiawa an, ihnen in den Rücken zu fallen und die Handelswege endgültig zu… befreien.«
    Keret knurrte – es war eine Art Beifallsgeräusch, fand Ninurta. Beifall nicht für die möglichen finsteren Absichten der Achaier, sondern für Rap’anus sachliche, vielleicht gefühllose Sicht der Dinge.
    Im Geiste versuchte Ninurta, das Spiel und die Teilnehmer am Spiel um die Macht zu überblicken, zu ordnen. Nicht, weil er hätte mitspielen können oder wollen, sondern weil die Auswirkungen auf den Handel gewaltig sein mußten:
    die Assyrer, die Babilu erobert und wieder verloren hatten und (durch die rachsüchtigen Babilunier vom Handel mit den Ländern des Südostens abgeschnitten) zur Deckung ihres Erzbedarfs Kupferstätten in den Bergen besetzten; die Hethiter, deren Großkönig Shupiluliuma vermutlich in seiner Hauptstadt Hattusha an den Fingernägeln kaute und auf einem Spielbrett kleine Krieger aus Ton verschob, um die Nordgrenzen gegen Azzi und Kashka zu sichern, im Osten die Assyrer abzuwehren, im Süden die Mitanni am oberen Purattu [Euphrat] und die reichen Städte von Alalach über Ugarit bis hinab nach Sidunu in der Hand zu behalten, im Südwesten die Kupferinsel Alashia zur Ausbeutung zu sichern und im Westen Madduwattas, Ilios, Arzawa und tausend Städte kleinzuhalten; das Land der Pyramiden, mit den Hethitern

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