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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hörte und Fleisch roch und die Hautbahnen sah, die man den Frauen abzog, während man sie pfählte; während noch die Augen der Mutter an ihm fraßen und brannten, wanderte er mit dem Großvater nach Westen, zu den Mitanni, die einmal Ashur beherrscht hatten und längst von Hattusha beherrscht wurden – nach Karkemish, dann nach Alalach. Er wuchs und kämpfte und lernte, gute von schlechten Waren zu unterscheiden, und sah sich auf einem Schiff, dem Schiff eines Händlers aus Milawatna (aber der Händler war Achaier und nannte die alte luwische Stadt Miletos), der mit anderen auf einer geheimen Insel nicht weit von Roddu (er sagte Rhodos) ein Lager für Kostbarkeiten und Wintertage besaß.
     
    Schlaflos wälzte Ninurta sich herum. Er hörte die anderen atmen, hörte Holz in erkaltender Glut knacken, roch die Nacht und die Menschen und Tiere, sah die Sterne, beneidete den Mann, der stöhnte, und die Frau, die einen schrillen Lustschrei ausstieß, dachte an eigenes Stöhnen, schob die Nächte beiseite, wühlte weiter. Das widerliche Nagetier hatte inzwischen einen Geißelschwanz und sengende Schnurrbarthaare; der Saugrüssel war mit heißen Nadeln besetzt.
    Irgendwo… Schatten hinter Schatten… Warum hatte ihm der Traum Helena und Alexandros in Ugarit zurückgebracht , nicht aber Helena und Alexandros (und ein Kind) in Ilios? Helena, mehr denn je Verkörperung der Ishtar, von Zeit und Mutterschaft ungezeichnet, ohne Kerben oder Falten, wogendes Feuer im Palast des Prijamadu, den sie auch Priamos nannten? War es wegen des Geschmeides, das er nun für sie bei sich trug?
    Prijamadu… Ein alter Mann mit listigen Augen, noch nicht von kindischem Greisentum befallen. Er hatte ihm etwas gesagt. Was? Das Nagetier zerrte ihn zu einem anderen Herrscher, Enlil-Kudurri-Ushur. Ein junger Mann mit listigen Augen, frei von kindischem Leichtsinn, abwägend und eisig. Der König hatte ihm etwas gesagt, in Ashur. Was? Hatte es etwas mit der großen Menge Gold zu tun (woher so viel Gold?), mit der Botschaft von Hamurapi und Rap’anu?
    Wieder drehte er sich auf die andere Seite. Die neunte Nacht, seit die Krieger sie verlassen hatten. Die neunte Nacht fast ohne Schlaf. Das ekelhafte Nagetier beruhigte sich; offenbar hatte es einen unbenutzten Gang im Irrgarten des Erinnerns gefunden, leer, ohne Bilder und Gerüche, und offenbar wollte es dort schlafen. Awil-Ninurta beschloß, die Augen zu schließen.
     
    Morgens machten sie die schwere Kette, die tagelang auf einem Karren gelegen hatte, wieder an den Sklaven fest. Der Weg wand sich zwischen Feldern und Buschgruppen zur Küste, zur Stadt. Sie brachten die Waren ins Haus beim Hafen; Ninurta entlohnte und entließ die Treiber. Die Esel, mit königlicher Erlaubnis von der Züchtergilde gekauft, würden der Gilde zurückverkauft werden, aber darum sollte sich der Verwalter kümmern. Zaqarbal und Djoser begleiteten ihn, als er zum Hafen ging und die Schiffe besichtigte, die sie vor dem Aufbruch mit Zugtieren und vielen starken Händen auf den Strand südlich der Mole gezogen hatten. Schadhafte Planken waren ersetzt, die drei Händler fanden nichts, was Mißbilligung verdient hätte.
    »Bereitet alles für den Aufbruch vor«, sagte Ninurta. »Es könnte sein, daß Eile nötig ist.«
    Lissusiri, vom Sklaventreiber wieder zum Steuermann geworden, stieß dumpfe Klagelaute aus, beschwor die Garküchen und ihr Fleisch sowie das der Dirnen von Ugarit und machte sich dann auf, die übrigen Seeleute zusammenzutreiben. Zumindest jene, die nicht mondelang in Ugarit gehockt, sondern den Zug mitgemacht hatten, würden kaum begeistert sein. Zaqarbal und Djoser weigerten sich, wieder mit zu Keret zu kommen und diesen abzulenken; sie wollten ein Bad und Wein und Braten. Zaqarbal wollte außerdem Frauen, mehrere, am liebsten gleichzeitig; Djoser behauptete, sein Ergötzen sei Schlaf und danach die Prüfung der Listen.
    Ninurta übertrug Lamashtu, Tsanghar und Adapa die Aufsicht über die Sklaven. Er befahl dem Verwalter Menena, die drei als Freie zu betrachten; außerdem ließ er ihn Boten zu Rap’anu und zum Palast schicken und um ein Gespräch bitten.
    »Und du?« sagte Menena.
    »Reinigen, mein Freund – ich stinke nach Schweiß und Pferd, wenn ich es auch selbst nicht rieche. Und dann zu Keret, Geschäfte bereden.« Er zwinkerte.
    Menena zwinkerte nicht zurück. »Du kannst es nicht wissen: Keret ist tot. Tashmetu ist nun Herrin der Geschäfte.«
    Ninurta schwieg einen Atemzug lang. »Schick ihr

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