Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
einen Boten«, sagte er dann. »Er soll um ein Gespräch bitten.«
     
    Tashmetu empfing den Assyrer in den Geschäftsräumen, an der Vorderseite des Fliesenhofs, hinter dem das Wohnhaus lag. Es war kurz vor Sonnenuntergang; zwei Schreiber übertrugen Bestandslisten auf Tafeln, die am nächsten Tag im Ofen der zum Geschäft gehörenden Werkstatt gebrannt werden würden.
    »Willkommen, Herr der Karawane.« Sie legte die Hände auf seine Schultern, drückte sie kaum merklich und berührte seine Wange mit ihrer. »Es gibt noch ein kurzes Gespräch mit dem Verwalter, hier… Wie waren die Geschäfte?«
    Ninurta sah ihr zu, wie sie wieder zur Bank am Kopfende des Arbeitstischs ging. Es war heiß; Tashmetu trug einen Umhang, ein an den Rändern purpurgetränktes Gemisch aus feinster Wolle und Leinen, auf der linken Schulter von einer Silberspange gehalten. Sie bewegte sich leicht, anmutig, sichtlich nicht durch schwere Kleidung unter dem Umhang gehemmt. Die Haut wie leichte Bratentunke mit Sahne saß trotz erster Fältchen straff über den hohen Wangenknochen; kaum Fußstapfen der Zeit, dachte er, und keine Schleifspuren der Trauer.
    »Gute Geschäfte und gute Tage, Herrin.« Er nahm den Becher mit Wasser und Wein, den ein Schreiber ihm brachte, lächelte dankend und trank. »Wie ist der Markt für Sklaven?«
    Tashmetu blickte von den Tafeln auf. Oder von den Fingerspitzen. »Sklaven? Seit wann handelst du mit Sklaven?«
    »Man hat mir eine Gruppe aufgedrängt, fast kostenlos.«
    »Gesund, kräftig, nicht zu alt? Daran ist immer Bedarf. Und die anderen Waren?«
    Es war ein mühsames Gespräch; beide dachten an andere Dinge, die warten mußten. Tashmetu entließ die Schreiber für den Tag und wies einen Sklaven an, aus der Garküche des alten Ilulai etwas zu beschaffen; bald kam er mit Lammbraten, säuerlich eingelegtem Lauch und Brot zurück. Der Verwalter brachte eine Liste, vermißte eine zweite, ging wieder, um sie zu holen; Ninurta berichtete von Waren und Handelsspannen: Gold, Schnitzereien aus Straußeneiern und Elefantenzähnen, Goldschmuck und Brennfarben in Pulverform aus Tameri; all dies, bis auf Gold und Goldschmuck, in Ugarit eingetauscht gegen Öl, Wein, Trockenfrüchte und Ziergefäße – und Esel; in Babilu verkauft gegen Silber, Silberschmuck, Lederarbeiten, Sesamöl und blaue Bergsteine aus dem fernen Osten.
    Endlich kam der Verwalter mit der anderen Liste; endlich konnte Tashmetu die Geschäftsräume für den Abend schließen. Der alte Hausmeister grinste freundlich, als er Ninurta sah, und grinste breit, als Tashmetu ihn anwies, niemanden einzulassen. Sie gingen die Treppe hinauf in den großen Raum. Das Bärenfell lag auf dem Ruhegestell; es gab keine Kohlebecken, und die Fensteröffnungen waren nicht versperrt.
    »Fürstin des Handels und meiner Gedanken«, sagte Ninurta. Er hielt Tashmetu an den Schultern und betrachtete ihr Gesicht, die grünen Feuer der Augen, die weichen Lippen. »Bin ich denn wirklich willkommen?«
    Sie lachte, zog ihn an sich und biß in sein Ohrläppchen. Ihr kurzes dunkles Haar duftete nach Salböl und Blütenwasser, und der feine Umhang schien nicht zu knistern, sondern fordernd zu hauchen, als Ninurta die Schulterspange löste.
    »Du riechst, als hättest du versucht, Pferdegeruch abzuwaschen.« Sie kicherte und zog ihn auf das Bärenfell. Eine Weile hielt sie sein Gesicht mit beiden Händen. »Du«, sagte sie leise , »bist mehr als willkommen. Liebster. Keret… er hat gesagt, wir sollen das Fell nutzen – deine Gabe.«
    »Er hat es gewußt?«
    »Und gebilligt. Er war alt und krank. Und er hat dich geschätzt wie den Sohn, den er nie hatte. Er sagte, er könne sehen, daß du mir gut tust. Nur sein Ansehen sollten wir schonen.«
    »Jetzt auch noch?«
    »Keine Geheimnisse mehr.« Sie löste seinen Schurz und entdeckte die Narben. »Liebster, was… nein, sag es mir später.«
    »Ich habe dir etwas mitgebracht.«
    Sie begann, die Spuren des eisernen Messers mit der Zunge zu erkunden. Undeutlich sagte sie: »Dies hier?«
    Ninurta streichelte ihren Nacken und stöhnte leise, als ihr Mund die Narbe verließ und sich dem Gemächt näherte.
    »Später. Etwas anderes.«
    Die feine Silberkette, Meisterwerk eines Schmieds aus Babilu, trug Sternbilder aus bläulich glimmenden Bergsteinen, die in Ashur uqnu [Lapislazuli] hießen, in Ugarit iqni und bei den Achaiern ukyanos ; dazwischen saßen Goldscheibchen mit getriebenen Verzierungen: Gesichter, Götter, Tiere. Tashmetu schloß die

Weitere Kostenlose Bücher