Trojanische Pferde
tätig und bist dann zu Saudi Aramco gegangen, wo du dich bis zum Systemmanager hochgearbeitet hast. Oh, Ungläubiger, du besuchst regelmäßig die Website sex.fun.com, bist ein leidenschaftlicher Cricketfan und interessierst dich für Shakespeare. Außerdem bist du Hindu.
Bopal hatte die Seite Cricketnews.com im letzten Monat zweiundfünfzigmal besucht.
Das ist es.
Ali machte sich gleich an die Arbeit. Er rief eine von einem halben Dutzend Websites auf, die er während der vergangenen zwei Monate zur Verwendung als anonymer Remailer in Dienst genommen hatte, ein Programm, das die Identität und den Standort eines Absenders von E-Mail-Nachrichten im Internet verbarg. Von hier aus loggte er sich auf die Cricket-Seite ein, um sich gleich wieder auszuloggen. Er sah seine Festplatte durch und spürte die Cookie-Dateien auf, die Cricketnews.com in seinem Verzeichnis angelegt hatte. Die Cookies speicherten Details über Nutzeraktivitäten auf der Website, um dieser die Möglichkeit zu geben, den einzelnen Nutzer, auf der Basis seiner vorherigen Besuche, gezielt anzusprechen.
Ali öffnete die Cookie-Datei und fügte einen Anhang hinzu, einen Trojaner. Dann rief er erneut Cricketnews.com auf, wodurch in dem Moment, wo die Website auf seinen Cookie zugriff, der an diesen angehängte Trojaner dort abgelegt wurde. Er loggte wieder aus und wartete.
Auch das Trojanerprogramm wartete, in diesem Fall darauf, dass der Cricketnews.com-Kunde mit dem Benutzernamen Bopal aufkreuzte. Die erste Zeile des Programms lautete:
Wenn User = Bopal, dann anhängen.
Um 19.56 Uhr Ortszeit in Dharam, Saudi-Arabien, saß Marij Bopal an seinem Computer bei Saudi Aramco und rief die Seite Cricketnews.com auf, um die weltweiten Cricket-Ergebnisse des heutigen Tages zu kontrollieren. Wenige Minuten später schloss er die Seite wieder, und Alis Trojaner schlich sich in das System von Saudi Aramco ein. Als Systemmanager war Bopal mit den höchsten Befugnissen ausgestattet, die innerhalb des Systems der Raffinerien von Saudi Aramco zu haben waren. Es war 20.32 Uhr, als Bopal seinen Account schloss oder jedenfalls dachte, er würde es tun. Es war Alis Trojaner, der den Abmeldevorgang nachahmte, aber die Seite offen ließ. Ein Piepen seines Computers teilte Ali mit, dass der Augenblick gekommen war.
Ali trat in Bopals Fußstapfen, dann scrollte er sich durch den Account. Er arbeitete zügig, nicht aus Angst, erwischt zu werden, sondern von der Erregung befeuert, ein schwieriges System geknackt zu haben. Als Superuser – mit der Macht, das Computersystem auf Systemmanagerebene zu manipulieren – konnte er sich ungehindert bewegen. Nichts, was er sah, schien außergewöhnlich. Einige der Ingenieure hatten Diagnoseprogramme, andere Forschungskalkulationen laufen. Die Raffinationsprogramme tuckerten gemächlich durch ihre Überwachungs- und Kontrollfunktionen. Ein paar Benutzer stümperten sich durchs Internet.
Vier Accounts waren seit mehr als drei Monaten nicht mehr benutzt worden.
Gut.
Als Superuser brauchte er nichts weiter zu tun, als die Passwörter dieser vier Konten zu löschen, um sich späternacheinander als jeder dieser Benutzer wieder einzuloggen und dabei jeweils ein neues Passwort anzulegen, das nur er allein kannte.
Zehn Minuten später loggte Ali als Bopal aus, wählte sich anschließend über sein Anonymer-Remailer-Programm bei Saudi Aramco ein und rief unter dem Benutzernamen »Portnoy« einen der vier gestohlenen Accounts auf. Dazu gab er das neue Passwort »Gestohlen« ein, das das alte, von ihm gelöschte ersetzte.
»Jetzt fängt der Spaß an«, sagte Ali laut. In seinem Verzeichnis suchte er die von ihm programmierte logische Bombe auf und packte sie auf eines der Raffinationsprogramme von Saudi Aramco.
A UGUST, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Am nächsten Morgen war Sasha ab fünf Uhr zugange. Sie stand in der Küche, um Tee zu kochen, als sie beschloss, dass sie nicht länger warten konnte. Während sie Daniel noch in der Dusche hören konnte, wählte sie Naftas Nummer in der Pariser Klinik an und wartete voller Sorge auf die Verbindung.
»Hallo?«
»Ich bin es«, sagte Sasha.
»Schwester, wie geht’s dir?« Naftas Stimme schien sofort munterer zu werden.
»Wie geht es
dir
?«
Es folgte eine Pause. »Wie befürchtet.«
Sasha packte das Telefon fester. »Was heißt das?«
»Haben ihn zu spät erwischt. Gebärmutterhalskrebs, und er hat sich ausgeweitet auf …«, sie verstummte, sprach dann doch weiter,
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