Trojanische Pferde
heißen Brei herumzutanzen. Er gab Lydia ein Zeichen, mit ihm aus dem Arbeitszimmer zu gehen. Er wusste nicht, wie man die Satellitenverbindung stumm schaltete, und hatte ohnehin wenig Lust, sich in Gegenwart des CIA-Technikers zu unterhalten. Lydia, verwirrt oder verärgert, runzelte die Stirn, erhob sich aber und folgte ihm ins Schlafzimmer. Er machte die Tür zu.
»Was zum Teufel machen die da?«, sagte Daniel.
»Wie meinst du das?«
»Wie ich das meine? Stellst du dich mit Absicht dumm?« Lydia war sichtlich vor den Kopf gestoßen. Er mäßigte seinen Ton. »Liebste, erstens mal scheint der oberste CIA-Typ, Tom, gar nicht zu wissen, dass du hier bist oder dass du überhaupt noch lebst. Und zweitens reden sie nur von der einen logischen Bombe bei Saudi Aramco. Von dem eigentlichen Problem, dem Versuch, die gesamte Öl- und Gasproduktion der Welt zu sabotieren, ist überhaupt nicht die Rede. Warum hält Jassar damit zurück?«
Lydia hörte ihm mit halb offenem Mund und gegen die Brust gedrückten Händen zu.
Ganz aus der Fassung. Was ist los?
Lydia sagte: »Ohne Beweis werden sie es nicht glauben.«
»Die logische Bombe bei Saudi Aramco
ist
der Beweis.«
»Es ist der falsche Moment, es zur Sprache zu bringen.«
Daniel konnte es nicht fassen. »Welches wäre dann der richtige Moment? Einer meiner Leute ist gestern Abend ermordet worden, und ohne Zweifel galt der Anschlag eigentlich mir. Wir haben ein halbes Dutzend CIA-Leute dort auf einem Haufen. Was brauchst du denn noch?«
Lydia antwortete nicht. Sie stand wie betäubt da, versuchte vielleicht einen Gedanken zu fassen.
Daniel sagte: »Ich gehe wieder rein.« Mit gesenktem Kopf marschierte er in sein Arbeitszimmer. Er setzte sich vor den auf dem Schreibtisch stehenden Bildschirm, mit erhöhtem Puls, aber entschlossen und zuversichtlich. Lydia setzte sich neben ihn, die Hand auf seinen Arm gelegt. Er sah sie an, sie nickte ihm aufmunternd zu.
»Entschuldigen Sie, meine Herren«, sagte Daniel. Er sah, wie Jassar und Tom sich zum Bildschirm wandten. Er wartete einen Moment.
Schalte einen Gang zurück. Tu so, als wär’s eine normale Verhandlungsrunde.
»Es erscheint mir angebracht, dass ich ein paar frische Informationen vorstelle, die die Diskussion in eine neue Richtung lenken dürften.« Jassar beugte sich zu Tom hinüber, und Daniel glaubte in den gemurmelten Worten seinen Namen unterscheiden zu können. Plötzlich stutzte Tom, als hätte er einen Geist auf dem Bildschirm erblickt. Hatte er ja auch.
Schätze, er weiß jetzt, dass es Sasha ist.
Daniel räusperte sich.
Gib’s ihnen.
»Mein Name ist Daniel Youngblood. Ich bin ein auf die Öl- und Gasindustrie spezialisierter Investmentbanker mit Sitz in New York. Allen Anwesenden sollte bewusst sein, dass diese logische Bombe kein isoliert zu betrachtender Fall ist. Lydia – Sasha« – er wandte den Kopf nach rechts – »hat mir erzählt, sie hätte guten Grund zu der Vermutung, dass al-Mujari den Plan verfolgt, die Öl- und Gasindustrie zu sabotieren, indem sie logische Bomben in die Betriebssoftware einschmuggeln lässt. In den vergangenen achtundvierzig Stunden haben wir beide eine Liste meiner Kunden erstellt, die derartige Software an Industriebetriebe liefert, von denen wir glauben, dass sie Zielscheibe der al-Mujari-Angriffe sein könnten. Ich glaube, eine Analyse dieser logischen Bombe wird Ihnen Aufschluss darüber geben, worauf im Hinblick auf weitere Terrorakte zu achten ist. Auf diese Weise bekämen Sie die Mittel in die Hand, die gesamte Operation zurückzuschlagen.«
Bei Verhandlungen beobachtete Daniel mitunter, wie man mit einer geeigneten Bemerkung quasi schlagartig die Luft aus dem Konferenzraum absaugen kann. Ein solches Vakuum wie das soeben von ihm verursachte aber hatte er noch nie erlebt. Volle dreißig Sekunden vergingen, in denen Jassar und Tom einander nur anstarrten, ohne dass jemand auch nur einen Ton sagte. Dann erhob sich Tom, kam auf die Übertragungsanlage zu, griff irgendwo hin, und das Bild verschwand.
Daniel sah Lydia an, die sich nun bei ihm einhakte. »Tom ist der Mann, der dich angeworben hat, um Ibrahim zu töten?«
Lydia nickte.
»Liebste, ich glaube, ich sollte jetzt langsam mal anfangen, dich Sasha zu nennen.«
Sie schmiegte sich enger an ihn. Er spürte ihre Brust an seinem Arm, sah Tränen in ihren Augen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Bin nur ein bisschen aufgewühlt. Im Moment bin ich sehr stolz auf dich. Ich weiß nicht, was ich vorhin
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