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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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du vergisst, dass du das besitzt, was dich dort hingebracht hat, wo du jetzt bist.« Sie beugte sich vor und küsste ihn. »Die Nerven, um in aufreibenden Verhandlungen einen klaren Kopf zu behalten. Und der Mann, als den ich dich kenne, hat auch keine Scheu, seine Seele zu zeigen. Seine Menschlichkeit. Vielleicht sollte dieser Jassar das auch erkennen können. Tritt zwischendurch mal einen Schritt zurück. Mach dir bewusst, wer du bist.«
    Was konnte er dagegen sagen? Vor allem, wenn diese schwarzen Augen ihn in die Tiefe ihres Wesens zogen, wenn sie, von den Sternen umrahmt, ihm sagten, dass sie es ernst meinte, dass sie an ihn glaubte. Lächelnd nickte er. Sie war gut für ihn. Er musste nicht erst sechs Monate oder ein Jahr mit ihr zusammensein, um das zu erkennen. Sie stärkte sein Selbstbewusstsein. Er, der angeschlagene Gladiator, dem klargemacht wird, dass er all seine Ressourcen einsetzen muss: das Herz ebenso wie seine Erfahrung und sein Geschick.
    Lydia sah zu ihm hinunter und lächelte. »Außerdem hat er Spaß am Verhandeln.«
    Daniel traute seinen Ohren nicht. Woher in aller Welt wollte sie wissen, woran Jassar Spaß hatte oder nicht?
    »Wie bitte? Kennst du den Mann?«
    »Natürlich nicht, aber ich kenne seine Mentalität, die Mentalität der Araber. Er möchte tanzen und schwelgen, bis er das Gefühl hat, dass du es wert bist, Geschäfte mit ihm zu machen. Gib ihm etwas Zeit. Schon mal einen Teppich gekauft?«
    »Ja, na gut, wenn es ihm Freude macht, dann sorge ich eben für sein Vergnügen.« Er hatte schon etliche ausgedehnte Tänze durchgestanden, er konnte das Spiel mitspielen, so lange es eben dauerte. Vielleicht hatte sie recht. Aber was hatte es damit auf sich, dass sie die »Mentalität der Araber« kannte?
    Er betrachtete die New Yorker Skyline, ließ seine Gedanken schweifen. »Ich bin schon Jahre nicht mehr hier oben gewesen. Früher bin ich oft raufgekommen, um nachzudenken oder einfach zu träumen. Das liegt lange zurück, es war kurz nachdem ich die Wohnung gekauft hatte. Noch vor Angie, bevor wir das Südappartement gekauft, die Wände herausgebrochen und uns das ganze Stockwerk eingerichtet haben. Bis dahin war diese Wohnung sozusagen die Krönung meiner Laufbahn gewesen. Penthouse mit Ausblick nach Norden über die Park Avenue. Das war nach meinem ersten Fünfhunderttausenddollar-Bonus bei Goldman. Ich war anders damals.«
    »Inwiefern anders?«
    »Ich konnte alles tun. Ich war unerbittlich. Nur darauf konzentriert, dahin zu kommen, wo ich hinwollte, in allen Bereichen des Lebens. Ich weiß noch, dass ich immer das Gefühl hatte, ich würde mein Leben vergeuden, wenn ich im Taxi nur mal aus dem Fenster schaute, anstatt die
Business Week
zu lesen. Inzwischen, glaube ich, verstehe ich einiges von dem besser, was mein Vater zu sagen pflegte, dass es nämlich genau so wichtig sei, den Kulturteil der
New York Times
zur Kenntnis zu nehmen, wie das
Wall Street Journal
zu lesen.«
    »Futter für die Seele.«
    »Genau.« Die Lichter der Stadt ließen die Samtigkeit von Lydias Haut hervortreten. Er passte sich ihrem Atemrhythmus an und schwelgte einige Momente darin, als würden sie gemeinsam ein Lied singen.
    »Ich könnte mehr hiervon gebrauchen«, sagte er. »Du tust mir gut.«
    »Freut mich, dass du das so siehst.«
    »Und du verstehst so viel. Jedenfalls, was mein Leben betrifft. Aber das ist im Grunde nur ein Nebenaspekt.«
    »Ich weiß. Der andere Aspekt ist, dass du auch mir guttust. Seit ich dich kenne, ertappe ich mich häufig bei dem Wunsch, ich könnte mit Kunden reden, ohne ihnen ständig meine Sichtweise ›verkaufen‹ zu wollen. Gott, wie schön wär’s, bei einem Shootingdem Artdirector einer Werbeagentur einfach mal zu sagen, er möge mir mal für drei Stunden aus dem Weg gehen und mich meine Arbeit machen lassen, anstatt hintenrum zu gehen à la ›Oh, das ist eine absolut brillante Idee, wäre ich nie draufgekommen, aber wie wär’s, wenn wir’s erst einmal so probieren?‹ Das ist so etwas, das mir nicht mal bewusst war, bevor ich dich kennengelernt habe.«
    »Na, dann weiß ich aber nicht, ob ich dir damit einen Gefallen tue. Klingt ja eher, als würde ich dir das Leben schwer machen.«
    »Au contraire, mon cheri.«
    Einige Zeit saßen sie schweigend da. Daniel sog ihren Geruch, ihre Nähe, ihre Aura ein. »Ist aber doch merkwürdig«, sagte er schließlich. »Noch vor wenigen Wochen habe ich mich wie ein alternder Balletttänzer gefühlt, so als hätte ich es nicht

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