Trojaspiel
»Das alles zwischen uns ist nicht anständig . . . es wird nicht funktionieren . . .«
So ging es ein paar Tage hin und her, Frau Rubinov bangte um den Geisteszustand ihres Sohnes, Manka versäumte die Abendschule, und Mischka, der Theos Krankenstand billigen mußte, schlampte mit der Buchführung.
Das Liebespaar trennte sich. Manka fest entschlossen, Theo zu folgen, was auch immer der Preis sein mochte, und Theo in der Absicht, Japonchik zu trotzen, so wie den Geistern oder dem Nachtschreck, nicht davonzulaufen, sondern reinen Tisch zu machen, mochte es ausgehen, wie es wollte.
Theo ging nicht, er lief durch die Mjasojedovstraße, so daß der müde Krasnoglaz ihm kaum folgen konnte. Der Rotäugige wußte, was vorgefallen war. Er ahnte Theos Kummer, bedauerte selbst die drei Knaben nicht sehr, würde aber mit Sicherheit Theo bedauern, wenn es im Streit mit dem König zum Äußersten kommen sollte. Theo rannte und glaubte, die Mjasojedovstraße mit allem, was sich auf ihr bewegte, würde ihm dabei zusehen. Er warf die Tür des Monte Carlo auf, zog auch hier Blicke auf sich, suchte den Räuberhauptmann, rechnete mit allem, war nur nicht gefaßt auf den schlanken Herrn, der sich zu ihm umdrehte, ihn abwartend musterte und dann das Glas hob, andere Gäste animierte, diesem Goldknaben, der da hereingeschneit war, ebenfalls zuzuprosten. An der Bar in einem weißen, ganz makellosen Anzug, den Strohhut keck ins Gesicht geschrägt, stand Wassilev, zwinkerte nicht einmal, lächelte aufmunternd, als Theo scheinbar unentschlossen, merkwürdig gehemmt, einen leeren Tisch besetzte, Mischka nur einen Sprung weiter auf seinem Stammplatz gar nicht beachtete, nicht bemerkte, wie der Räuber in geschäftliche Notizen vertieft, von Gelfermann und Bruchstein und Terpolski eingerahmt, möglichst unauffällig, auch im Innersten gleichgültig, aber menschlich angesprochen, seinen kranken Buchhalter beobachtete.
Theo sammelte sich nicht, dachte nicht mehr an Mischka und kam nicht ins Grübeln. Der eine Gedanke, den er so lange mit sich herum getragen hatte, mußte nicht mehr geprüft werden.
Es ist soweit , sagte dieser Gedanke, kein Gericht war mehr zu überzeugen, die Strafe längst verhängt, der überführte Delinquent anwesend, hatte sich, was Begnadigung ausschloß, allerdings nicht selber gestellt, sondern war in die Falle getappt, aus Sorglosigkeit.
Wassilev lehnte am Tresen, Kotusov war nicht zugegen, dafür andere Herren, die dem Kavalier sehr zugetan taten, an seinen Lippen hingen, vielleicht weil sie auf weitere Getränke hofften, vielleicht weil sie dem Schwadroneur, der von seinen Geschäften zu prahlen begonnen hatte, aber eigentlich zu Theos Ohren sprach, auf dem Heimweg auflauern wollten, um eine von Geschäften gefüllte Brieftasche zu rauben. Dieser Herr, hörten sie, hatte im Baugewerbe reüssiert, war mit Privatmitteln und der Hilfe des Bankiers Mavrokordato zu einem Geschäftspartner der kommunalen Baubehörde geworden, stellte mit günstigen Krediten auf subventionierten Grundstücken öffentlich geförderten Wohnraum her, sorgte dafür, daß mittlere Angestellte und kleine Geschäftsleute, die aufstrebenden Kräfte der Stadt, bei günstigem Mietzins in anständiger Umgebung leben konnten. Der Mordskerl war aus dem Nichts gekommen, hatte nur geringes Startkapital besessen, jedoch bei den Damen der Gesellschaft den richtigen Eindruck hinterlassen und damit einflußreiche Ehemänner erreicht. Jetzt beschäftigte er eine Armee von Lohnkräften, talentierte Architekten wie fleißige Bauarbeiter, um der Stadt neuen Schliff zu verpassen. Man zeigte sich einig, solche Karrieren machten Odessa Ehre, diesem Herrn war Beifall zu zollen.
Die Ehe allerdings sagte dem Erfolgsmenschen nicht zu, er sei zwar von Herzen Familienfreund, aber eine gute Partie solle es sein – Zustimmung von allen Seiten –, und die müsse erst gefunden werden. Aber war das ein Problem, solange man sein Leben genießen konnte? (Verneinendes Kopfschütteln.)
Ein Prosit auf die Frauen, deren Ehre wir erhalten, ein Prosit auf die Frauen, die es uns mit ihrer Mitgift danken, auch wenn sie sich zieren (Gelächter), am Ende werden sie immer zur Kasse gebeten – erst ein Kavalier schließlich, der bereit ist zu heiraten, macht aus einem appetitlichen Käfer eine Dame!
Mischka lächelte mit den Augen und streichelte seinen Schnurrbart, war ebenfalls Ohrenzeuge, begann eine Ahnung zu entwickeln, wer da
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