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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Hoepfner
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außerdem zu zittern. Mechanisch begann ich, Zack zu übersetzen.
       ». . . sie haben also die Wohnung dieses Italieners aufgebrochen und einen riesigen Schrankkoffer entdeckt . . .«
       Mahgourian blieb abrupt stehen und blinzelte in Richtung unserer Reisegefährtin, die sich jetzt wie ein Igel zusammengerollt hatte. »In diesen Monsterkoffern stecken doch meistens Leichen, oder?« Zack lachte und knetete dabei nervös seinen Nacken.
       »Er hatte Schubladen, viele Schubladen«, erwiderte ich vage und ließ Mahgourian dabei nicht aus den Augen.
       »Vielleicht Drogen oder so was. Damenunterwäsche?«
       Ich grinste mühsam.
       »Schrumpfköpfe . . .«, knurrte Zack noch, dann hörten wir einen wütenden Schrei, Laura drehte den Kopf und zeigte ungeniert ihr verweintes Gesicht.
       Mahgourian schwieg und sah ängstlich aus.
       Wir hatten Laura noch nie weinen sehen, selbst nach dem Vorfall im Park hatte sie sich diese Blöße vor niemandes Augen geben wollen.
      
       Der alte Mann streckte beschwichtigend seine Hände aus und lächelte schwach. Als er versuchte, ihre Schulter zu berühren, wich sie aus und stand schnaubend auf.
       »Ich weiß gar nicht, was ich hier soll«, schluchzte Laura und richtete ihren halb verzweifelten, halb wütenden Blick auf mich.
       »Es sind nicht meine Eltern«, sprach sie leiser werdend hastig weiter, »und nicht meine Phantome, IHR seid alle verrückt.«
       Jetzt hatte sie sich zu Mahgourian gedreht.
       »Und dieses Rumpelstilzchen scheucht Geister auf, die mir Angst machen!«
       Laura stampfte auf und verließ das Zimmer. Der alte Hotelier stand wie versteinert da. Zack und ich warteten auf eine Erklärung. Mahgourian ballte die Fäuste und verzerrte für einen Augenblick unwillig das Gesicht.
       »Es bedeutet gar nichts, sparen Sie sich jeden Kommentar. Heben Sie Ihre Neugier für morgen auf. Ich werde Ihnen möglicherweise eine bedeutende Mitteilung machen«, teilte der Alte mit. Ich zuckte zusammen.
       »Der Weg ist verschlungen, aber er wird an sein Ziel führen«, fügte er pathetisch und vielsagend hinzu und wechselte dabei plötzlich ins Englische.
       »Für heute abend ist es genug«, seufzte er dann leise und verließ den Raum. Zack hob die Brauen und klopfte sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
       Es stellte sich heraus, daß Mahgourian Laura in seine Nachforschungen eingebunden hatte. Schon vor ein paar Tagen war ihnen Zack begegnet, wie er mir berichtete, als sie gemeinsam aus dem Stadtarchiv kamen.
      
      
       Ich saß in meinem Zimmer, etwas von der seligen Apathie war zurückgekehrt, heute hatte ich mir die Mittel nicht verkniffen, mit denen ich bereits die langen Tage in Mahgourians Hotel verkürzen konnte. Keine Sekunde zweifelte ich daran, Laura würde zu mir kommen, in meine Arme sinken, welche Gründe sonst hatte es für sie geben können, an dieser Reise teilzunehmen, wir waren doch ein Paar auf unsere Weise oder wollten es werden. Dann klopfte Laura, zur Tür gelangte ich schwebend, öffnete und erblickte nicht Laura, sondern stand vor meinem Vater.
       Es war nicht so, daß ich zurücktaumelte, vielmehr drückte er die Tür gewaltsam auf, und ich war zu verblüfft, um Widerstand zu leisten. Machtvoll stand er sofort mitten im Raum. Wie klein dieses Zimmer plötzlich wirkte, und ich wich, aus Gewohnheit, weiter zurück, bis zu meinem Sessel, fühlte mich geschwächt von enttäuschter Hoffnung, sogar älter als er in seinem properen Geschäftsanzug, war schwach – all die Aufregungen – und mußte mich setzen.
       Wir nahmen uns Zeit für den unvermeidlichen Vorgang, der durch das In-die-Augen-Schauen eingeleitet wurde und der alles umfaßte, das Aufnehmen einer Witterung, das Stellen und Taxieren, die Drohgebärde, das Vorzeigen der Muskeln. Im Sessel sitzen bedeutete einen Tempoverlust, fast schon eine Angriffsmarke. Mein Gegner sah gut aus, die dunklen Haare zurückgekämmt, seine schmalen, tief im Gesicht liegenden Augen blitzten blau (ich habe die Schokoladentaleraugen meines Großvaters, eine Dominanz verhaßter Gene, die meinen Vater zusätzlich reizt), aus seinen Jackettärmeln strahlten makellos weiße Manschetten, eng am Handgelenk, die ganze Garderobe Maßarbeit, wie die Choreographie all unserer Begegnungen. Es gelang ihm immer, mich zu verblüffen und dabei gleichgültig zu bleiben. An Berechnung mochte man gar nicht glauben, mir gelang es nie, meine Inszenierungen scheiterten,

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