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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Hoepfner
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Einschätzung«, entgegnete Mahgourian.
       »Aber es war wohl Ironie. Der Ruhm des Künstlers fällt immer auf den Mäzen zurück. Urban selbst hat gesagt: ›Es mag ein großes Glück für Bernini sein, daß ich Papst geworden bin, aber es ist ein noch größeres für mich, daß Lorenzo während meines Pontifikats lebt.‹«
       »Schwartz wird sich jedenfalls gefreut haben, mit einem toten Papst verglichen und als Ruine bezeichnet zu werden.«
       Mahgourian zuckte die Achseln und lächelte.
       »Er war Jude«, entgegnete der Alte, »er hatte durchaus Sinn für Humor.«
       »Wohl nicht genug.«
       Mahgourian sah mich ernst an.
       »Wenn Schwartz sich nicht erschossen hätte, wäre mir diese ganze Sache nicht so nahegegangen. Das Labyrinth wäre vermutlich abgerissen worden. Das ist die Wahrheit. In der Sekunde, als der Schuß fiel, hat sich mein Leben verändert. Und ich denke, das war gut so.«
       Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte.
       »Dann sind Sie hier, um festzustellen, ob Ihre Entscheidung richtig war? Den Künstlern Ihr Hotel zu schenken? Das Labyrinth zu Schwartz’ Grabmal werden zu lassen?«
       Mahgourian bearbeitete seine Unterlippe mit den Zähnen.
       Sein Blick wanderte über Urbans in Marmor gebannte Herrlichkeit. Er schwieg.
       »Mein Urgroßvater hätte einfach weiter die Welt bereisen können. Oder eine Professur annehmen. Das Glück des Familienlebens genießen. Nach seiner Begegnung mit T. L. hat er die Stiftung gegründet. Leider reichte keiner seiner späteren Schützlinge je an den ersten heran.«
       Mahgourian nickte.
       »Sie haben recht, wenn Sie glauben, daß es Spaß machen kann, etwas Sinnloses zu tun. Ihr Urgroßvater war bestimmt ein glücklicherer Mensch als sein von Haß zerfressener Enkel. Aber ich bin überzeugt von dem, was ich tue. Das habe ich wie Ihr Urgroßvater dem Baumeister zu verdanken. Nur hatte ich nie das Glück, ihn kennenzulernen. Deswegen bin ich hier. Um sein Leben zu begreifen. Das ist meine Erlösung.«
      
      
       Am späteren Nachmittag trafen wir uns im Hotel. Laura und der Professor saßen in einer Ecke des Foyers und schienen sich angeregt zu unterhalten. Als ich näher kam, sah ich, daß nur Zack sprach. Er redete vergnügt auf Laura ein. Beinahe hätte ich die beiden nicht erkannt. Laura trug ein langes Kleid aus weißem Leinen, das ihre momentane Blässe noch stärker betonte und sie erdentrückt, tatsächlich wie einen Engel, aber einen kränklichen, aussehen ließ. Zack ertrank in einem knallroten Anzug, der so breit und unförmig geschnitten war, daß er seine Figur in ein comichaftes Format verzerrte. Mahgourian hatte unkompliziert auf einem Beistelltisch Platz genommen, in dessen Fächern aktuelle Tageszeitungen steckten. Er wedelte mir einen Gruß zu und brüllte weiter auf ungarisch und englisch in ein Telefon, während er abwechselnd an seinen Hosenträgern zupfte und die Spitzen seiner klobigen Budapester betrachtete.
       »Hab ich irgendwas verpaßt?«, fragte ich niemand Bestimmten. Laura sah mich an und verschränkte die Arme vor der Brust.
       »Wir waren einkaufen!« Zack wirkte aufgekratzt.
       »Ich hab ihr das Kleid spendiert«, ergänzte er mit einem Seitenblick auf Mahgourian.
       »Du hast einen sehr speziellen Geschmack, Zack«, bemerkte ich.
       Der Professor versuchte Laura davon zu überzeugen, daß der erste Urlaubstag in Italien gut begossen werden müsse.
       Aber sie ließ sich nicht dazu überreden, an dem grünlichen Cocktail, der unberührt vor ihr stand, auch nur zu nippen.
       Zack nahm ihr diese Last schließlich ab und ordnete nach zwei großen Schlucken das Glas sorgfältig in die Reihe der bereits geleerten am Rande des Tisches. Wir hörten Mahgourian seufzen.
       »Vielleicht werden Sie bald meinen Sekretär Laszlo kennenlernen. Er will mir unbedingt ein paar Tabletten bringen, die ich vergessen habe. Es heiße schließlich nicht: Rom sehen und sterben. Was für ein seltsamer Humor.«
       Mahgourian sah auf die Uhr und schlug vor, die Katakomben zu besuchen. Das war der Ort, an dem er sich den Baumeister in dieser Stadt am besten vorstellen konnte. Zack kicherte vor sich hin. Der Gedanke, daß er diese hinreißende Ruinenstadt besuchte, nur um gleich am Anfang wieder in einer unterirdischen Höhle zu verschwinden, noch dazu in seinem neuen Anzug, brachte ihn schier aus dem Häuschen. Laura knetete ihre Unterarme und betrachtete uns alle drei, als

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