Trolljagd
sie es geschafft, fiel sie auch schon wieder um. Cristobel und Mavis, die sie gerade noch auffangen konnten, ehe sie mit dem Gesicht auf dem Boden aufschlug, legten sie sanft zurück auf den Heuhaufen.
»Auf solch wackeligen Beinen werdet Ihr wohl nicht weit kommen«, sagte Mavis zu Lucy und tupfte ihre Stirn mit einem feuchten Lappen ab. »Hört nicht auf Alec, Kind. Ihr seid unser Gast und uns willkommen, solange es notwendig ist.«
Lucy linker Arm war von den Fingerspitzen bis hoch zur Schulter gefühllos. Sie versuchte ihre Hand zu krümmen, aber außer einem leichten Kribbeln passierte nichts. »Was ist denn mit mir los?«, fragte sie, während sie vergeblich versuchte, die verschwommenen Gesichter der Zwerge deutlicher zu erkennen.
»Ihr wurdet von etlichen Stacheln der Slovs getroffen. Das Gift tötet allmählich die Nerven in Eurem Arm ab«, erklärte Cristobel.
Lucy drehte den Kopf und bemerkte den Verband um ihren linken Bizeps. »Wie schlimm ist es, Doc?«, fragte sie Mavis in einem schwachen Anflug von Humor.
Mavis’ Augen füllten sich mit Tränen. »Die kleine Cassy hat sich mit der Wunde die allergrößte Mühe gegeben und die Wirkung des Gifts so verlangsamt, dass es Euer Herz nicht erreicht, aber ich fürchte, das ist nur eine vorübergehende Lösung. Die Magie in Eurem Blut scheint das Gift noch zu verstärken. Ich habe alle Kräuter ausprobiert, die ich zur Verfügung hatte, aber ich glaube, dass ich mit den Mitteln, die wir hier haben, nicht mehr ausrichten kann. Jemand muss die riskante Reise zum Marktplatz außerhalb der Berge wagen, um die Medizin zu holen, die wir brauchen, um diese Wunde richtig zu versorgen.«
»Ich gehe«, erklärte Cristobel.
»Bitte nicht, Bruderherz.« Cassy zog an seinem Arm. »Du bist jetzt schon auf der Flucht, und wenn die Trolle dich da draußen erwischen, werden sie dich sicher töten. Dann bin ich ganz allein.«
»Cassy, ich muss es tun. Wären Lucy und ihr Freund Redfeather nicht gewesen, wäre ich bereits tot. Wenn es in meiner Macht steht zu helfen, dann werde ich es tun. Ich mache mich sofort auf den Weg zum Markt.«
»Nein!«, stieß Lucy keuchend hervor. »Ich werde nicht erlauben, dass du dein Leben für mich aufs Spiel setzt.«
»Wenn Eure Wunden nicht behandelt werden, müsst Ihr sterben«, erklärte Mavis.
»Dann ist der Tod vielleicht die bessere Wahl«, erwiderte Lucy, die nicht klar denken konnte. »Genau, lasst mich einfach schlafen, damit ich meine Eltern wiedersehen kann.«
Mavis zog das Lid über Lucys Auge hoch und untersuchte ihre Pupillen. »Ihr Zustand verschlechtert sich.«
»Dann muss ich mich beeilen«, sagte Cristobel.
»Bruder, bitte, auf dem Markt werden auch Trolle sein. Überleg es dir noch mal«, flehte Cassy.
»Genug jetzt, Cassy. Ich habe heute Nacht erlebt, wie ein alter Mann und ein Mädchen mehr Mut aufgebracht haben, als ich es in meinem ganzen Leben je fertig gebracht habe. Ihr Großmut muss belohnt werden. Ich werde zum Markt gehen und holen, was gebraucht wird, trotz dieser verfluchten Trolle! Will jemand von euch mich begleiten?« Cristobel musterte die im Raum versammelten Zwerge. Die meisten wichen seinem Blick aus, aber eine mutige Seele trat einen Schritt vor.
»Ich gehe mit«, verkündete der dunkelhaarige Zwerg.
Ein blonder Zwerg trat ebenfalls vor. »Ich auch.«
Cristobel lächelte und legte den beiden die Hände auf die Schultern. »Dann lasst uns zusammensuchen, was wir brauchen, und aufbrechen.«
»Ich werde für dich beten, Bruderherz«, sagte Cassy.
Cristobel lächelte. »Bete nicht für mich, Schwesterlein. Bete für die Trolle. Die werden nämlich allesamt ihre Köpfe verlieren, wenn sie versuchen sollten, mich aufzuhalten.« Er holte die Troll-Axt hervor und schwang sie sich auf die Schulter.
»Also gut, wenn du darauf bestehst, dich auf diese Mission zu begeben, wirst du eine Waffe brauchen, mit der du mehr ausrichten kannst als mit diesem primitiven Ding.« Mavis deutete auf die Axt.
»Diese Axt hat mir im Kampf gegen die Slovs im Wald gute Dienste geleistet«, verteidigte sich Cristobel.
»Mag sein, aber dies sind keine Aasfresser, dies sind Ausgeburten der Hölle.« Mavis ging zu dem großen Amboss in der Ecke und machte sich daran, ihn zur Seite zu schieben. »Hilf mir«, forderte sie Cristobel auf. Der packte mit an, und kurz darauf hatten sie eine versteckte Falltür unter dem Amboss freigelegt. Mavis fegte den Schmutz und die Spinnweben weg, öffnete die Tür und zerrte einen
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