Trolljagd
großen Sack aus dem darunter liegenden Kämmerchen. »Wenn du dir schon die Köpfe der Trolle holen willst, dann wirst du es mit einer Zwergenklinge tun.« Sie öffnete den Sack und förderte eine wunderschöne, goldene Axt zutage.
»Die ist ja atemberaubend.« Cristobel strich ehrfürchtig mit der Hand über die Klinge. »Mavis, wo hast du die her?«
Die alte Zwergin zwinkerte ihm zu. »Meine Familie gehörte zu den besten Waffenschmieden von ganz Midland, als unser Volk noch frei war. Die Klinge in deiner Hand hat mein verstorbener Ehemann für meinen Sohn geschmiedet, als er das Mannesalter erreicht hatte. Mein Sohn starb mit dieser Waffe in der Hand im Krieg gegen die Trolle«, erklärte sie sichtlich bewegt.
Cristobel berührte ihre Schulter. »Ich werde sie dir zurückbringen, ich verspreche es.«
»Und ich werde dieses Versprechen ernst nehmen, Cristobel. Es gibt allerdings etwas, worum ich dich bitten muss, bevor du gehst.«
»Alles, was du willst.«
Mavis nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und blickte ihn sehr ernst an. »Wenn du mir die Klinge zurückbringst, dann sorge dafür, dass das Blut unserer Peiniger daran klebt.«
»Abgemacht«, stimmte er zu. »Und nun sollten wir besser gehen.«
Mavis und die Dorfbewohner, die noch am Leben waren, folgten ihnen zum Ausgang des Tunnels. »Seid vorsichtig, junge Krieger, und zeigt kein Erbarmen. Die Trolle werden euch gegenüber ganz sicher auch keins haben.«
Nachdem Mavis und Cassy sich von Cristobel verabschiedet hatten, kehrten sie wieder an Lucys Seite zurück. Die junge Hexe wälzte sich rastlos auf dem Stroh und stöhnte dabei im Fieber, während das Gift ihren Körper zu vernichten versuchte.
»Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit«, sagte Cassy und legte ein kaltes Tuch über Lucys Gesicht.
»Dann sollten wir hoffen, dass unsere Krieger so schnell wie die Götter reisen. Alec, könntest du mir bitte frisches Wasser holen?«, rief sie dem verbitterten jungen Zwerg zu, aber als sie sich zu ihm umdrehte, war er nirgends zu sehen. »Wo ist der Dummkopf denn jetzt wieder hin?«
Alec war vollkommen außer Atem, als er endlich den letzten Hügel erreichte. Schon als er die Hexe das erste Mal gesehen hatte, wusste er, dass sie die Quelle all ihren Übels war. Cristobel war ein Narr gewesen, sich gegen die Trolle aufzulehnen und den Fremden zu helfen, und nun hatte er deren Zorn auch noch auf jeden Einzelnen im gesamten Dorf herabbeschworen.
In der Ferne vor ihm zeichnete sich die Festung der Trolle ab. Allein der Anblick des steinernen Stützpunktes erfüllte Alec mit solcher Angst, dass er befürchtete, die Angst könnte ihn übermannen, und er würde wieder umkehren. Ein donnernder Klang, der von irgendwo hinter den Bergen zu seiner Linken kam, erregte seine Aufmerksamkeit. Alec konnte sich gerade noch hinter einem Felsen verstecken, als drei große, wuchtige und pferdelose Kutschen in rasender Geschwindigkeit die Straße zur Feste hinunterschossen. Durch die Glasscheiben einer Kutsche erkannte Alec einen Menschen und einen Dämon. Offenbar ging da etwas sehr Wichtiges in der Festung vor sich.
Alec wartete fast eine Stunde, ehe er hinter dem Felsen hervorkroch und sich auf den Weg in Richtung Feste machte. Die beiden Wächter am Vordereingang waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich um den Kadaver eines kleinen Tieres zu streiten, als dass sie bemerkt hätten, wie Alec an ihnen vorbeischlich. Ohne zu wissen, wohin er eigentlich wollte und was er machen würde, wenn er dort angekommen war, lief er einen verwinkelten Gang hinunter. Als er mit voller Wucht gegen ein Paar steinharter Beine prallte, war ihm die Entscheidung abgenommen. Seine Blase gab nach, und sein Urin lief ihm an den Beinen hinunter, als er in die furchterregenden Augen von Illini, dem Henker Ordens, starrte.
»Ah, wen haben wir denn hier?« Illini betrachtete den Zwerg genau. Alecs Gesichtsausdruck verriet, dass er fliehen wollte, also verdeutlichte ihm Illini, dass er keine Chance haben würde, ihm zu entkommen. Er hob seine geschwärzte Hand, die anfing zu qualmen, je heißer sie wurde. »Sag, Zwerglein, glaubst du tatsächlich, dass du es schaffst, den Gang wieder zurückzulaufen, bevor ich dich eingeäschert habe?«
Alec zitterte. »Bitte tötet mich nicht.«
»Warum sollte ich das wohl nicht tun?« Illini brachte seine Hand gerade so nah an das Gesicht des Zwergs, dass er die intensive Hitze spüren konnte, die von ihr ausging.
»Weil ich Euch verraten kann, wo Ihr die
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