Trolljagd
ein.
»Frau, wo sind deine Manieren? Wir haben einen Gast.«
Mrs. Chang verdrehte die Augen. »Gast nennst du ihn? Ich nenne ihn anders, und das klingt nicht so nett.«
Onkel Chang schüttelte den Kopf. »Bitte verzeihen Sie meiner Frau. Manchmal ist sie ein bisschen nachtragend.«
»Das weiß ich doch, Onkel Chang, und Sie wissen das auch. Wir haben das Fenster vor zwei Jahren zertrümmert, und sie erinnert mich immer wieder daran.«
»Und damit werde ich auch niemals aufhören«, versicherte ihm Mrs. Chang.
Onkel Chang blaffte ihr irgendetwas auf Chinesisch zu, was sie zu beruhigen schien, dann wandte er sich wieder an Rogue. »Also, was führt Sie zu mir, Rogue? Brauchen Sie Kräuter, oder wollen Sie lieber etwas Exotischeres probieren?« Onkel Chang beugte sich flüsternd zu Rogue, damit seine Frau nichts davon mitbekam. »Vorige Woche haben wir ein paar neue Mädchen aus Burma hereinbekommen. Ich habe selbst zwei von ihnen gehabt. Sehr süß.« Er zwinkerte.
»Nein, Onkel Chang. Du weißt doch, ich hab’s gern, wenn meine Frauen wenigstens so alt sind, dass sie Alkohol trinken dürfen. Eigentlich bin ich gekommen, um mit Mesh zu sprechen. Ist er in der Nähe?«
Das Lächeln in Onkel Changs Gesicht erlosch, und er betrachtete Rogue misstrauisch. »Was haben Sie mit ihm zu schaffen, Johnny?«
»Gar nichts. Ich muss mit ihm nur über etwas reden«, antwortete Rogue unschuldig.
»Ha!«, fauchte Mrs. Chang hinter dem Tresen.
»Ganz im Ernst, Onkel Chang. Ich arbeite an einem Fall und brauche bloß ein paar Informationen von Mesh.«
Onkel Chang schüttelte den Kopf. »Das wird wohl nicht gehen. Er hat gerade eine Besprechung mit ein paar wichtigen Leuten und möchte nicht gestört werden.«
»Kein Problem. Ich warte gern, bis er fertig ist.«
Onkel Chang starrte Rogue forschend ins Gesicht. »Okay. Gehen Sie die Treppe runter, und warten Sie an der Bar. Wenn er fertig ist, richte ich ihm aus, dass Sie dort auf ihn warten.« Onkel Chang schob den Glasperlenvorhang im Hinterzimmer des Ladens beiseite, um Rogue passieren zu lassen.
»Danke, Onkel Chang. Ich bin wieder weg, bevor irgendjemand auch nur ahnt, dass ich da gewesen bin«, versprach Rogue, bevor er durch den Vorhang trat.
»Achten Sie nur darauf, dass Sie diesmal die Tür nehmen und nicht das Fenster!«, rief ihm Mrs. Chang hinterher.
Im SUV breitete sich unangenehmes Schweigen aus. Aus dem Radio drangen leise die Top Ten der Woche, aber sie nahmen keine Notiz davon. Azuma stand auf dem Rücksitz, presste seine Nase gegen das Fenster und beobachtete den Kräuterladen. Asha beschäftigte sich mit einem Feuerzeug, das sie in einer Polsterritze gefunden hatte. Sie wackelte mit dem Finger und lenkte die Flamme, als wäre sie eine Marionette, während Morgan sie im Rückspiegel beobachtete.
Asha ließ sich in ihrem Spiel nicht stören. Sie lockte die Flamme mit jedem Mal ein wenig höher und ein bisschen weiter. Dann fuhr sie mit der hohlen Hand zwischen die Flamme und das Feuerzeug und hielt plötzlich einen tanzenden Feuerball in der Handfläche. Als der außer Kontrolle zu geraten schien, schloss sie die Hand und löschte ihn. »Gibt es einen Grund, warum du mich so anstarrst?«, fragte sie Morgan unvermittelt.
Morgan drehte sich um und blickte ihr direkt ins Gesicht. »Du bist nicht so wie die anderen Hexen, denen ich auf meinen Reisen begegnet bin.«
Asha blies Rauch von ihrer Hand. »Man könnte sagen, dass ich eine ganz eigene Art bin. Warum braucht er so lange?« Asha reckte den Hals, um Rogue hinter dem trüben Fenster des Kräuterladens ausfindig zu machen. Er war zwar erst seit wenigen Minuten fort, aber es fühlte sich an, als wäre es schon eine Ewigkeit her, und Asha wurde allmählich ungeduldig.
»Das kann man bei ihm nie wissen. Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber er tanzt nur nach seiner eigenen Pfeife«, sagte Morgan.
»Na schön, dann werde ich das mal ändern.« Asha stieß die Tür auf und schlüpfte hinaus. »Du bleibst hier«, befahl sie Azuma, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
»Was soll das? Rogue hat doch gesagt, wir sollen hier warten«, erinnerte Morgan sie.
»Rogue ist nicht mein Daddy. Du kannst meinetwegen die ganze Nacht hier sitzen bleiben und an dir selbst herumspielen. Ich werde jetzt nachsehen, was da eigentlich los ist.« Asha schob ihr Haar zur Seite und steuerte auf den Eingang des Kräuterladens zu.
»Glaubst du wirklich, dass die Leute, denen dieser Laden gehört, dich einfach so
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