Trolljagd
als er hinter dem Busch hervortrat, wo er seine Kleider gewechselt hatte. Er hatte Jeans und Sweatshirt gegen eine Wildlederhose und ein billiges Flachshemd getauscht. Die Hemdsärmel waren zwar lang genug, um die Tätowierung auf seinem Arm zu bedecken, aber das Hemd kratzte entsetzlich.
»Du siehst gut aus«, versicherte ihm De Mona und verschloss die Schulterschnalle ihrer grünen Tunika. Sie hatte ihre Zöpfe gelöst und ließ ihr Haar frei über ihre gebräunten Schultern fallen.
»Blöder Mantel«, murrte Gilchrest, der bei jedem Schritt über den zu langen Stoff stolperte. »Ich bin der Einzige aus Midland – verstehe gar nicht, warum ich mich verstecken soll.«
De Mona nahm eine Handvoll von dem Saum seines Gewands und schnitt es mit ihren Krallen kürzer, damit sich Gilchrest besser bewegen konnte. »Weil du wie ein bunter Hund auffallen würdest, wenn du es nicht tätest.«
»Hättest ruhig noch was vom Ärmel abschneiden können«, murmelte Gilchrest und schlug sich in die Büsche.
De Mona schüttelte den Kopf. »Du undankbarer Hurensohn.« Als sie sich umdrehte, um sich bei Gabriel zu beschweren, bemerkte sie, dass er sie ziemlich verstört betrachtete. »Was hast du?«
»Nichts«, log er.
»Hör auf. Du starrst mich doch nicht grundlos so an, oder?«
»Na ja, es ist nur weil … Ich weiß nicht, du siehst jetzt wie ein Mädchen aus«, sagte er verlegen. Erst nachdem sie nicht mehr in ihren übergroßen Jeans und dem T-Shirt steckte, konnte Gabriel sehen, wie schön sie tatsächlich war.
»Du hast es ja wirklich raus, einer Frau zu zeigen, dass sie was Besonderes ist«, erwiderte sie sarkastisch.
»Tut mir leid, ich hab es nicht so gemeint. Es ist einfach nur, dass ich dich bisher immer bloß in Jungsklamotten gesehen habe, und ich … Entschuldige. Ich wollte dich mit meinem Starren nicht verunsichern.« Er senkte den Blick zu Boden.
Sanft legte De Mona ihren Finger unter sein Kinn und hob seinen Kopf an. »Schon in Ordnung, Gabe. Jungs dürfen Mädchen dämlich anglotzen, wenn sie sie hübsch finden. Hast du noch nie eine Freundin gehabt?«
»Nein.«
»Okay. Aber du hast sicher schon mal ein Auge auf ein Mädchen geworfen?«
Gabriels Erinnerung wanderte zurück zu Kathy. »Ja, aber sie wurde damals in New York umgebracht, als der Nimrod zu mir kam.«
De Mona schlug die Hand vor den Mund. »Es tut mir leid, dass du sie verloren hast.«
»Eigentlich habe ich sie nicht verloren. Ich stand nur auf sie, aber sie stand auf meinen besten Freund.« Er klang niedergeschlagen. »Hör mal, können wir vielleicht das Thema wechseln?«
»Klar. Wir sollten uns sowieso überlegen, wie es jetzt weitergeht.« De Mona hatte gerade begonnen, ihren Plan darzulegen, als ihre empfindlichen Ohren etwas wahrnahmen, das sich ihnen aus dem Unterholz näherte. Für den Fall, dass Ärger drohte, stand sie mit ausgefahrenen Krallen bereit, aber es war nur ein kleines weißes Kaninchen, das dicht gefolgt von Gilchrest aus den Büschen hoppelte. Fast hätte er es erwischt, aber dann schlug es einen wilden Haken. Gilchrest stolperte und landete mit dem Gesicht voran im Dreck. De Mona und Gabriel konnten bei dem Spektakel vor Lachen nicht an sich halten.
»Nicht witzig.« Gilchrest spuckte eine Ladung Erde aus. »Hunger habe ich. Ich hab schon nächtelang nicht gegessen.« Er rieb sich bekräftigend über den Bauch.
»Er hat recht; ich kann mich nicht einmal erinnern, wann ich zum letzten Mal etwas gegessen habe«, gab Gabriel zu. Er war so damit beschäftigt gewesen, vor den Dämonen und der Polizei zu flüchten, dass er keinen Gedanken an Essen verschwendet hatte.
»Ich könnte auch eine Mahlzeit vertragen«, pflichtete De Mona bei. »Aber wir mussten schon diese Kleider stehlen, also wo zum Teufel sollten wir jetzt noch einen Ort finden, wo es umsonst etwas zu essen gibt?«
»Ich weiß wo«, sagte Gilchrest verschlagen.
Gabriel blickte sich auf dem Marktplatz um wie ein Tourist, der zum ersten Mal den Times Square sieht. Obwohl es dunkel war, waren noch einige der Läden für die Nachtkreaturen des Landes geöffnet. Trolle, Zwerge und Geschöpfe, die Gabriel nicht identifizieren konnte, belebten die Straßen, feilschten um Waren und Dienstleistungen, einige mit Münzen, andere mit blankem Stahl. Gilchrest hatte sie gewarnt … Midland war ein gefährliches Pflaster.
»Hör auf zu glotzen, bevor wir noch entdeckt werden, Menschding«, knurrte Gilchrest.
»Ich wollte nicht starren, aber so was wie das hier
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