Troposphere
Weg ist frei, obwohl es eine lange Schlange von Fahrzeugen gibt, die in die andere Richtung wollen. Ich erkenne mehrere Leute, Lisa und Mary beispielsweise, die mich nicht sehen. Oh, und da ist Max. Ich bremse ab, als ich auf seiner Höhe bin, und kurbele mein Fenster herunter. Er tut das Gleiche.
»Was ist los?«, frage ich ihn.
»Die Universität macht heute Nachmittag dicht«, sagt er. »Wir haben eine E-Mail bekommen, man bittet uns, nach Hause zu fahren. Bist du gerade auf dem Weg in die Uni?«
»Ja.«
»Na ja, an deiner Stelle würde ich umkehren. Es wird höchstens noch schlimmer.«
Ich parke wahllos, weil die weißen Linien, die die Parkbuchten markieren, nicht zu erkennen sind und mir völlig egal ist, was irgendjemand davon hält, wo sich die Kühlerhaube meines Autos im Verhältnis zu seinem Kofferraum und den Gebäuden drum herum und den fünf anderen Autos befindet, die sonst noch dort stehen. Wen kümmert es denn überhaupt einen Scheißdreck, wie genau man in der Lage ist, ein Fahrzeug in einem weißen Kasten zu platzieren, der auf den Boden gemalt worden ist. Parkplätze scheinen mir so etwas wie kollektive Behauptungen geistiger Gesundheit darzustellen. Ich bin bei Verstand: Ich bin innerhalb der Linien. Ich auch! Ich auch! Ich bin nicht mehr innerhalb der Linien. Ich rutsche auf dem Eis, als ich zum englischen Institut laufe, in der Hoffnung, dass Adam noch da ist.
Die Tür zu meinem Büro ist nicht abgeschlossen, aber es ist niemand drinnen. Ich schließe die Tür hinter mir. Heathers Rechner ist eingeschaltet, und ich kann die herabfallenden Zahlen ihres LUCA-Modells wegtropfen sehen. Ich habe nicht gemerkt, wie aufgedreht ich war, aber als die Tür wieder aufgeht, zucke ich zusammen und stoße einen kleinen Schrei aus.
»Ariel?« Es ist Heather mit einem Becher Kaffee in der Hand.
»Tut mir leid«, sage ich. »Puuh, ich bin nicht daran gewöhnt, dass andere Leute hier drinnen sind. Ähm …« Ich muss irgendwas Normales sagen. »Übrigens vielen Dank für das Abendessen neulich. Es war toll.«
»Oh, danke«, sagt sie. Aber ihre Augen sagen etwas anderes. »Geht es dir gut?«
»Ja, natürlich.«
»Haben die, äh … diese Typen dich gefunden?«
»Was für Typen?«
»Die amerikanischen Polizisten.«
Polizisten? Sind diese Typen in irgendeiner Weise offiziell unterwegs?
»Wie bitte?«, frage ich mit nichtssagender Miene.
»Die waren gestern hier und haben nach dir gefragt. Die haben im Grunde genommen ziemlich wenig darüber gesagt, wer sie sind – ich vermute nur, dass sie Polizisten sind, weil sie sich wie welche benommen haben. Ich dachte, Adam hätte dir Bescheid gesagt. Sie wollten deinen Rechner konfiszieren und alle deine Akten aus der Personalabteilung ebenfalls. Yvonne war damit nicht einverstanden, also haben sie schließlich versucht, ein Fax von ihrer Organisation in den Vereinigten Staaten an den Dekan schicken zu lassen. Offenbar haben die zuvor schon gegen einen anderen Angehörigen des Fachbereichs Ermittlungen angestellt. Die sagten, sie hätten ihn nicht gefunden, aber falls ihnen seine Unterlagen von der Universität früher zur Verfügung gestellt worden wären, hätten sie es geschafft. Jedenfalls ist das Fax gestern nicht gekommen, sodass sie am Ende abgezogen sind. Aber sie haben angekündigt, dass sie heute wiederkommen. Die waren nicht besonders nett. Ariel, was in aller Welt ist passiert?«
»Ich weiß nicht«, sage ich. »Ich bin … ich habe Adam nicht gesehen. Ich hatte keine Ahnung … Weißt du, wo er jetzt ist?«
»Nein. Aber er hat dir eine Nachricht hinterlassen.«
»Hat jemand sie gelesen?«
»Nein. Er bat mich, sie zu verstecken, also habe ich das gemacht. Aber ich habe mich bei alledem nicht wohlgefühlt. Er hat auch seine Telefonnummer dagelassen.«
Sie wühlt auf ihrem Schreibtisch herum, bis sie den Fetzen Papier mit einer 07792-Vorwahl findet. Seltsam – ich hätte nie gedacht, dass Adam ein Mobiltelefon haben könnte. Ich werde die Nummer ohnehin nicht anrufen: Wer weiß, wer das abhört? Wenn diese Männer wirklich in irgendeiner offiziellen Funktion unterwegs sind, dann sitze ich tiefer in der Patsche, als ich gedacht hätte. Ich werde bestimmt niemanden anrufen, und ich werde keinen Geldautomaten benutzen (nicht dass ich irgendwelches Geld zum Abheben hätte). Ich habe genug von diesen Actionfilmen gesehen, um zu wissen, wie der Hase läuft. Der einzige Haken besteht darin, dass ich bei einem Actionfilm normalerweise die
Weitere Kostenlose Bücher