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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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sollten Sie diese Sachen ablegen«, schlägt Maria vor. »Ihr Nachtzeug anziehen.«
    »Ist schon okay. Ich glaube, ich muss mich nur eine Minute hinlegen.« In Wirklichkeit habe ich gar kein »Nachtzeug« bei mir. Beim Packen hatte ich gar nicht an irgendwas Entspannendes wie Schlafengehen gedacht, sondern nur ans Wegrennen.
    »Sie sollten sich in diesen Sachen nicht ins Bett legen«, sagt Maria. »Ich hole Ihnen etwas zum Anziehen.«
    Rund eine halbe Stunde später liege ich in einem weißen Baumwollnachthemd im Bett und sinniere darüber, wieder in die Troposphäre zu gehen. Ich versuche mir auszurechnen, ob es mich umbringen wird, wenn ich nur kurze Zeit hineingehe und Apollo Smintheus zu finden versuche. Bevor ich wieder ins Bett ging, habe ich kurz die Vorhänge aufgezogen und einen Blick auf den Himmel geworfen. Er war schwarz, und Schneeflocken fielen im gleichen Rhythmus herab wie der Wasserfall von Zahlen in Heathers LUCA-Programm. Wann wird ihr klar werden, wo ich hingegangen bin? Wird sie es den Männern sagen?
    Direkt nachdem die Kirchenglocken acht Uhr geschlagen haben, klopft es an der Tür.
    »Herein«, rufe ich.
    Es ist wieder Maria. Sie hält einen großen, flauschigen braunen Morgenmantel im Arm.
    »Fühlen Sie sich einem Abendessen gewachsen?«, fragt sie.
    »Ja«, antworte ich. »Vielen Dank. Sie sind sehr freundlich.«
    Mit etwas Essen im Bauch kann ich bestimmt zurück in die Troposphäre.
    »Sie müssen sich nicht umziehen. Sie können einfach das hier überwerfen.«
    Ich sollte mich umziehen, aber ich kann nicht. Ich bin mir jedoch sicher, dass ich wieder zu Kräften komme, wenn ich etwas gegessen habe. Ich komme wieder zu Kräften und gehe in die Troposphäre. Oder sollte ich zuerst von hier weg? Ich stelle mir vor, wie ich den Wagen auf irgendeinem anonymen ländlichen Parkplatz parke, mich auf der Rückbank ausstrecke und mich mit der Mixtur selbst außer Gefecht setze. Was würde dann passieren? Würde ich erfrieren? Vielleicht bleibe ich einfach heute Nacht hier. Das Bett ist so warm und sauber, dass ich selbst jetzt Mühe habe aufzustehen. Aber ich sollte wirklich etwas essen.
     
    Die Küche ist ein langer, schmaler Raum mit einem großen Spülbecken aus Porzellan an der Rückwand, Arbeitsflächen an der rechten Wand und einem langen Kiefernholztisch in der Mitte. Zu meiner Linken ist vermutlich der größte offene Kamin, den ich je gesehen habe. Es brennt allerdings kein Feuer darin. Stattdessen steht dort ein recht großer Küchenherd mit zwei großen Kochtöpfen darauf, aus denen Dampf aufsteigt und durch den grauen Steinkamin abzieht.
    Als ich zu dem Tisch gehe, knarren die Holzdielen unter meinen Schritten.
    »Setzen Sie sich, meine Liebe«, sagt Maria. »Adam wird gleich hier sein.«
    Ich ziehe einen Stuhl heraus und lasse mich darauffallen. Ich fühle mich beschissen.
    »Es ist wohl niemand gekommen und hat nach mir gefragt?«, sage ich.
    »Nein, meine Liebe.« Maria lächelt wie ein junges Mädchen. »Und wir haben für alle Fälle jemanden, der aufpasst.«
    Ich stelle mir einen Mönch mit Fernrohr vor. Aber es ist wahrscheinlich eine der Küchenfrauen, die draußen vor der Tür auf und ab geht und Wache schiebt. Beide Bilder kommen mir komisch vor, doch die Atmosphäre hier strahlt zumindest so viel Sicherheit aus, dass ich es schaffe, ihr Lächeln zu erwidern.
    »Danke.«
    Maria geht zum Herd hinüber. »Gemüseeintopf mit Klößchen?«, fragt sie.
    »Ja. Tausend Dank.«
    Ich habe schon angefangen zu essen, als Adam reinkommt und mir gegenüber Platz nimmt. Maria stellt auch ihm einen Teller hin, wobei mir auffällt, dass sie ihm zwei Klößchen mehr gibt als mir. Auf dem Tisch steht ein Krug mit Wasser, ich schenke mir das Glas zum zweiten Mal voll und trinke. Ich brauche Flüssigkeit und Kalorien: Dann kann ich die ganze Nacht in der Troposphäre verbringen, falls nötig. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wann ich ins Bett gehen werde. Vielleicht sollte ich versuchen, eine Hälfte der Nacht schlafend und die andere in der Troposphäre zuzubringen. Aber ich weiß immer noch nicht, wie die Zeit funktioniert, wenn man dort drinnen ist.
    »Hi«, sagt Adam. »Wie fühlst du dich?«
    »Ganz gut«, erwidere ich. »Tut mir leid, dass ich vor dir umgefallen bin.«
    »Ich habe versucht, dich aufzufangen, aber du bist einfach umgekippt«, sagt er. »Aber du hast dir nicht den Kopf gestoßen oder so was.«
    Maria legt die Schürze ab. »Ich bin nebenan, falls ihr irgendwas braucht«,

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