Troposphere
besser werden. Dann ist ein Sprudeln in meinem Kopf, als wenn sich Luftblasen darin befanden.
»Adam«, sage ich. Aber bevor er antworten kann, wird alles still, und es kommt mir so vor, als würde ich kopfüber in einen riesigen Topf mit schwarzer Farbe gesteckt.
Als ich aufwache, liege ich auf einem kleinen, harten Bett, das spartanisch mit frischen weißen Laken und braunen Decken bezogen ist. Meine Reisetasche steht neben einem Schrank auf dem Fußboden. Es gibt einen kleinen Nachttisch mit einer Bibel darauf und einen Holzstuhl. Zu meiner Rechten ist ein Fenster, aber die Vorhänge sind zugezogen, und deswegen habe ich keine Ahnung, wie spät es ist. Und am Winterhimmel kann man ohnehin die Zeit nicht so leicht ablesen. Im Winter sieht man da keinen Unterschied zwischen fünf Uhr nachmittags und fünf Uhr morgens.
Außer mir ist niemand im Zimmer. Was ist passiert? Bin ich ohnmächtig geworden? Ich nehme an, ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen. Die Troposphäre scheint einem noch die letzte Kraft zu rauben. Alle anderen, die jemals »The End of Mister Y« gelesen haben, sind gestorben. Und Mr. Y selbst ist verhungert. Aber nichts davon beeindruckt den Teil meines Verstandes, der fast aggressiv danach verlangt, wieder dorthin gebracht zu werden.
Ich habe immer noch die Sachen an, in denen ich hergekommen bin: eine alte graue Jeans und einen schwarzen Pullover. Ich würde mich gern umziehen, aber ich habe nichts, das vorzeigbarer wäre, also lasse ich es besser. Anstatt mich umzuziehen, sitze ich da und bürste meine Haare und versuche, die Knoten herauszukriegen. Das dauert ungefähr fünfzehn Minuten. Dann sehe ich mir die Schürfwunden an den Handgelenken an: Inzwischen sind es kleine, silbrig-rot verschorfte Stellen, und ich widerstehe dem Drang, sie aufzukratzen. Niemand kommt ins Zimmer. Was hat ein Priorat zu bieten? Mönche, glaube ich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwelche Mönche hier reinkommen. Aber Maria und Adam. Wo sind die beiden? Irgendwo ertönt eine Glocke. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, SIEBEN Uhr. Mist. Die Männer in der Troposphäre werden inzwischen bestimmt aus dem Käfig raus sein. Aber sie sind auch nicht in meinem Gehirn. Noch nicht. Zumindest fühlt es sich nicht so an, als wären sie in meinem Gehirn. Doch woher sollte ich das wissen? Ich flechte meine Haare zu einer Art Zopf, wie strenggläubige Menschen ihn nach meinem Dafürhalten gutheißen könnten, und wasche mir das Gesicht im Waschbecken. Einen Spiegel gibt es nicht. Werde ich einen weiteren Tag durchhalten? Schwer zu sagen. Ich sollte besser Adam und Maria finden. Ich öffne leise die Tür und trete in einen dunklen Gang hinaus. An seinem Ende schimmert ein gelbliches Licht, und ich kann das Lachen von Frauen und das Klappern von Topfdeckeln hören. Essen kann ich ebenfalls riechen: irgendwas Heißes und Leckeres. Das muss die Küche sein. Dort hätte ich Tee trinken sollen, bevor ich ohnmächtig wurde, falls es das ist, was mit mir passiert ist.
Meine Beine fühlen sich immer noch schwach an. Werde ich wieder ohnmächtig? Nein, komm schon. Um Gottes willen, Ariel, du musst nur einen Fuß vor den anderen setzen. Aber ich glaube, ich muss mich ausruhen. Ich lehne mich eine Sekunde gegen die Wand und atme, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir und nicht fünfzehn Schritte. Was ist los mit mir? Vielleicht mache ich einfach einen Moment die Augen zu.
»Ariel?«
Irgendwie bin ich jetzt auf dem Teppichboden zusammengesackt, und Maria steht mit einem blau-weiß karierten Geschirrhandtuch in der Hand über mich gebeugt. Ihr kleines Gesicht ist ein einziges Stirnrunzeln.
»Ich glaube, Sie sind besser im Bett aufgehoben.«
»Tut mir leid«, sage ich. »Ich weiß nicht, was mit mir los ist.«
Wenn diese Männer jetzt kämen, könnten sie alles mit mir machen, was sie wollen. Ich wäre nicht in der Lage, sie aufzuhalten. Vielleicht wäre es besser so: Dann hätte ich es hinter mir. Wäre es mir lieber, wenn sie mir in der Troposphäre den Rest gäben, oder hier draußen? Apollo Smintheus hat gesagt, man könne nicht in der Troposphäre sterben, aber vielleicht gibt es Schlimmeres als sterben. Also könnte ich einfach hierbleiben und auf einen unkomplizierten Tod warten. Aber sie haben gar nicht gesagt, dass sie mich umbringen würden. Sie wollten mich nur verrückt machen und das Buch mitnehmen.
Maria hilft mir hoch, und ein paar Minuten später bin ich wieder in dem Zimmer.
»Vielleicht
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