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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Smintheus … wie ein Mantra. Ich weiß nicht, ob es funktioniert hat, aber als ich die Augen wieder aufschlage, scheint mir der Schnee unter den Lampen des Parkplatzes ungefähr tausend Schattierungen heller als zuvor. Dann wird die Welt wieder trübe. Das Restaurant ist offen. Ich brauche einen Kaffee.
    Ich habe den zweiten Espresso zur Hälfte getrunken, als mein Telefon summt.
    Es ist Patrick. Du bist ein früher Vogel.
    Ich beginne die Antwort zu tippen: Ich weiß. Dann zögere ich, weil ich versuche, mir einen Witz über das Fangen eines Wurms auszudenken, den er nicht als Beleidigung auffassen könnte. Mir fällt nichts ein. Schließlich schreibe ich bloß: Und …?
    Wo bist du?
    Raststätte. Neben der A2.
    OK. Bis in 10 .
    Kann ich das machen? Ich muss es machen. Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich trinke einen Schluck Kaffee und warte.
     
    Als er reinkommt, trägt er Arbeitskleidung: schwarze Jeans und dunkelrotes Hemd.
    »Nun ja«, sagt er und setzt sich. »Das ist unerwartet.«
    »Willst du einen Kaffee?«, frage ich.
    »Ich will etwas anderes«, erwidert er und zieht eine Augenbraue hoch.
    »Oh, das bekommst du schon.«
    »Wo?«
    »Hast du's schon mal in einer schäbigen Toilette gemacht?«
    Er lächelt und schüttelt den Kopf. «Gott, ist das schmutzig.«
    Ich lächle. »Ich weiß.«
    »Ich hätte nie …«
    »Nie was?«
    Die Kellnerin kommt. Patrick beißt sich auf die Unterlippe. »Noch zwei Kaffee«, sagt er.
    »Nie was?«, frage ich noch einmal. Die Kellnerin geht zur Theke, nimmt zwei weiße Tassen von einem Stapel und stellt sie in die Espressomaschine.
    »Nun ja …«
    Er braucht es nicht zu sagen. In seinen Augen ist das hier eine Affäre mit logischer Abwärtsspirale – aber eben logisch. Wir beginnen in Hotels und landen schließlich in einem Tankstellen-Café, trinken schlechten Kaffee und reden über Sex auf der Toilette. Für ihn ist das eine Geschichte: Erster Akt – glamouröser Sex. Zweiter Akt – brutaler Sex. Dritter Akt – Wir werden es auf einer schmuddeligen Toilette treiben, und er wird mich dafür bezahlen. Ich hoffe, er kapiert, dass es das dann war. Dritter Akt. Spiel vorbei. Es wird Klimax und Katharsis geben, klar. Und dann ist die Geschichte vorbei. Natürlich gibt es in meiner Welt keine solche Logik. Für mich ist das rein episodisch und zufällig gewesen, und die jetzige Situation bedeutet gar nichts. Es gibt kein Spiel. Ich brauche nur etwas Geld.
    Zehn Minuten später sind wir auf der Behindertentoilette, und es riecht nach rosafarbener Seife aus dem Spender und feuchten Papierhandtüchern. Patrick hat eine meiner Brustwarzen zwischen den Fingern, und er kneift sie durch meinen Pullover. Er drückt mich gegen die Wand.
    »Gott«, sagt er. »Ich kann nicht glauben, dass ich das tue. Zieh dein Oberteil aus.«
    »Warte mal«, sage ich. »Wir müssen das hier richtig machen.«
    »Richtig?«
    »Willst du nicht wissen, wie viel ich dafür haben will?«
    Er schmiegt seinen Kopf eng an mein Gesicht und beißt mir ins Ohrläppchen. »Du dreckige Nutte. Nun sag schon, wie viel?«
    »Hundert.«
    »Dein Preis ist gestiegen. Was bekomme ich denn dafür?«
    »Du bekommst dafür, dass du mich ficken darfst. So hart, wie du willst.«
    »Das hab ich beim letzten Mal für zwanzig Eier bekommen.«
    »Okay. Was ist dir denn hundert wert?«
    »Du weißt, was ich will.«
    Ja. Und beim letzten Mal hat er es umsonst bekommen. »Zuerst das Geld«, sage ich.
    Er holt fünf Zwanziger heraus, geldautomatensauber, und gibt sie mir.
    »Jetzt zieh das Oberteil aus und die Jeans runter«, sagt er.
    Das tue ich.
    »Jetzt leg die Hände hinter den Rücken.«
    Er nimmt etwas aus seiner Tasche und bindet mir die Hände zusammen. Und ich denke, dass es keine Rolle spielt, was er als Nächstes tut. Es ist nur mein Körper. Es ist mir egal, wie kaputt mein Körper gemacht wird, solange mein Geist intakt ist. Und mein Körper ist ohnehin heiß darauf. Wie verängstigt ich auch sein mag, wie dringend ich auch von den blonden Männern und den KIDS wegwill – mein Körper erkennt dieses Gefühl und will mehr davon haben. Er will den vertrauten Schmerz, der gleich kommt.
    »Bück dich«, sagt Patrick. Er nimmt etwas von der rosafarbenen Seife aus dem Spender und schmiert seinen Schwanz damit ein.
    Er braucht rund anderthalb Minuten, um zu kommen.
     
    Ich erreiche Hertfordshire gegen elf. Ich habe einen Plan, oder zumindest etwas in der Art. Ich vermute, die einzige mir verbliebene Chance, zu Burlem

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