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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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funktionieren«, sage ich. »Mein Gott.«
    »Verstehen Sie?«, fragt Lura. »Ist es nicht merkwürdig, dass Einstein genau das fand, wonach er suchte, obwohl es keinen Sinn hätte ergeben dürfen. Es war natürlich eine brillante Theorie, aber gemessen an der Newton'schen Physik äußerst obskur. Dann zog Eddington los und sah sich die Sonnenfinsternis an, und Einsteins Voraussagen waren bewiesen. Und immer weitere Beweise werden gefunden. Man kann heute kein GPS-System bauen, ohne die Relativitätstheorie zu berücksichtigen. Und selbst die kosmologische Konstante, die Einstein zurückzog und seinen größten Fehler nannte – selbst die verschwindet nicht völlig. Und dann gibt es die Quantenphysik, bei der es sich im Prinzip um die Untersuchung von Dingen handelt, die man nicht in der Lage sein dürfte zu sehen«, sagt sie. »Sie ist die Untersuchung von Dingen, die sich noch nie jemand angeschaut, über die noch nie jemand genauer nachgedacht hat. Und was geschah, als man sie sich doch anschaute?«
    »Man fand die Unbestimmtheit«, antworte ich.
    »Niemand hatte sich je um dieses winzige Zeug gekümmert«, sagt Burlem. »Als man es sich dann anschaute, stellte man deshalb fest, dass es das tat, wozu es Lust hatte, verdammte Scheiße.«
    »Ach, du umschreibst es aber auf eine seltsame Weise«, sagt Lura. »Materie tut nicht, ›wozu sie Lust hat‹. Quantenmaterie hatte einfach keine Gesetze. Niemand hatte entschieden, ob Licht aus Wellen oder Teilchen besteht. Und dann war man überrascht, als man feststellte, dass es beides auf einmal war. In den Worten meiner Theorie: Vielleicht ist es keine Überraschung festzustellen, dass das Elektron auf jenem Niveau überall gleichzeitig ist, bis man entscheidet, wo es ist – und deshalb auch, was es ist. Es entspricht der Theorie. Materie muss codiert sein, bevor sie irgendwas bedeuten kann. Und Gedanken sind das, was die Materie codiert. Der Gedanke entscheidet, wo das Elektron ist.«
     
    Wir ziehen mit einer Kanne Kaffee auf die Sofas um. Lura strickt, während sie spricht: blassgrüne Kaschmirwolle, die sich von etwas, das wie ein Faden aussieht, in etwas verwandelt, das wie der Ärmel einer Strickjacke aussieht, während die grauen Nadeln in ihrem Schoß klick-klick-klicken. Ich frage mich, für wen sie strickt. Ich habe das deutliche Gefühl, dass es entweder für sie selber oder für niemanden ist. Während sie strickt, erklärt sie mir, auf welche Weise ihrer Ansicht nach die Gesetze der körperlichen Welt konstruiert sind. Sie sagt, es habe nie eine apriorische Existenz gegeben: sinnlos die Annahme, dass Materie irgendetwas gewesen sei oder irgendwelchen Gesetzen gehorcht habe, bevor es ein Bewusstsein gab, das sie wahrnahm. Aber weil das Bewusstsein ebenfalls aus derselben Materie besteht, begannen die beiden Bereiche, die wir seit jeher für verschieden halten – der menschliche Verstand und die Welt der Dinge –, Hand in Hand zu arbeiten, um sich gegenseitig zu erschaffen, zu verfeinern und zu formen. Bewusste Wesen begannen, sich Dinge anzuschauen und zu beschließen, was Dinge waren und wie sie funktionierten. Auf diese Weise stieß der erste Fisch nicht zufällig auf die Pflanze, die er zum Überleben brauchte: Er erschuf sie. Und niemand »fand« Feuer durch einen glücklichen Zufall. Jemand musste bloß Feuer denken, und solange der Gedanke noch in diesem Maschinencode gedacht wurde, war es da. Und es gab keine Gesetze, die sich gegenseitig Konkurrenz machten, also war alles ganz einfach. Die Erde drehte sich um die Sonne, und es gab Magie. Aber dann kamen andere Menschen – ebenfalls Menschen, die in der Lage waren, in diesem Maschinencode zu denken – und beschlossen, dass die Welt anders funktionierte. Die Sonne wurde das Zentrum von etwas, das ein »Sonnensystem« genannt wurde, und die Sterne hörten auf, die Brandlöcher der Heiligen zu sein. Magie verblasste allmählich.
    Wir reden über die Chaostheorie und darüber, wie Schmetterlinge plötzlich die Macht gewannen, Wirbelstürme zu verursachen, und wir reden über die Evolution. Lura erläutert ihre Theorie – ein Teil ihres gesamten Projekts –, dass, sobald irgendjemand etwas durch diesen Maschinencode ins Dasein gedacht hat, diese Theorie überleben muss. Manche überleben und manche nicht. Newtons Theorie hatte ein paar kleine Macken, die in Einsteins Theorie ausgebügelt wurden. Einsteins Theorie war eine Mutation, aber sie war stärker. Sie überlebte. Aber irgendwas daran stört

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