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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Schreibtisch, stöpsele ihn ein und fahre ihn hoch. Es ist nicht das erste Mal, dass ich versuche, da reinzukommen, obwohl es zuvor nur ein halbherziger Versuch war nachzusehen, ob es irgendwo einen Hinweis darauf gab, wo er sich aufhalten könnte. Damals wie heute sah ich mich mit dem Log-inFenster konfrontiert, das nach Benutzernamen und Passwort fragt. Seinen Benutzernamen kenne ich: Er lautet sabu2. Aber ich habe überhaupt keine Ahnung, wie sein Passwort lautet. Das letzte Mal, als ich das machte, tat ich so, als wäre ich in einem Film, und gab ganz zuversichtlich mehrere geratene Wörter ein, bevor ich merkte, dass das keine so schlaue Idee war. Diesmal werde ich eine raffiniertere Hackertechnik anwenden. In einem Buch habe ich letztes Jahr gelesen, dass die raffinierteste Hackertechnik nichts mit Vermutungen, Algorithmen, Logarithmen, Wörterbuchdateien oder Verschlüsselungssoftware zu tun hat. Die raffinierteste Hackertechnik besteht darin, einfach jemanden zu überreden, dir das Passwort zu geben.
    Wer kennt unsere Passwörter? Die Informatiker im Rechenzentrum kennen es bestimmt, aber Yvonne auch? Ich denke eine Minute nach. Yvonne kann unsere Passwörter nicht haben, aber was, wenn sie aus irgendeinem Grund mal eines bräuchte? Wahrscheinlich würde sie einfach das Rechenzentrum kontaktieren. Das kann keine so große Sache sein: Alles hier gehört ohnehin offiziell der Universität, einschließlich aller Dateien auf unseren Rechnern. Und Burlem ist verschwunden, also … Könnte ich einfach im Rechenzentrum anrufen und vortäuschen, Yvonne zu sein? Wohl kaum. Sie ruft vermutlich die ganze Zeit da an, und sie werden ihre Stimme kennen. Ähm. Ich denke noch eine Minute nach. Dann fahre ich mir zweimal mit den Fingern durch meine verwuschelten Haare, setze meinen »sehr beunruhigten« Gesichtsausdruck auf und gehe wieder nach oben.
    »Ah«, sage ich, sobald ich das Sekretariat betrete. »Yvonne?«
    Sie trinkt Tee. »Ja, Ariel? Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ähm, ich habe da ein kleines Problem. Eigentlich ein großes Problem, und ich weiß im Grunde nicht, was ich machen soll.«
    »Oh. Irgendwas, wobei ich Ihnen helfen kann?«
    »Ich weiß nicht.« Ich runzele die Stirn und schaue hinunter auf den braunen Teppichboden. »Ich glaube, es ist vielleicht sogar hoffnungslos. Aber …« Ich seufze und fahre mir wieder mit den Fingern durch die Haare. »Nun ja, Sie wissen ja, dass Sauls Rechner im Lauf des Tages in den Keller geschafft werden soll.«
    »Ja?«
    »Nun ja, da ist ein Dokument drauf, das ich brauche, und ich weiß nicht, wie ich da rankommen soll. Ich glaube, es geht nicht. Saul ist nicht hier, und ich habe das Passwort nicht mehr. Ich hatte es natürlich, aber ich hab's vergessen und … Ach. Wie kann ich es Ihnen erklären? Es geht um so eine Anthologie, die jemand in Warwick zusammenstellt, und ich sollte die, äh, Bibliographie für Saul vervollständigen und ihnen das Dokument rübermailen. Es muss erst in einem Monat dort sein, und aus dem Grund habe ich mir keinen allzu großen Stress damit gemacht. Aber ich war gerade dabei, die Sachen für die Lagerung wegzupacken, worum Sie gebeten hatten, und dann ist es mir wieder eingefallen.« Ich zucke mit den Achseln. »Ich nehme an, ich brauche wirklich ein Wunder oder so was. Ich vermute, Sie wissen nicht, wie man an ein Dokument auf einem Rechner kommt, zu dem man kein Passwort hat, oder? Ich meine, Sie sind nicht zufällig eine erfahrene Freizeithackerin?« Ich lache. Als ob irgendjemand von uns je in einen Rechner eindringen würde.
    Yvonne nippt an ihrem Tee. »Nun ja, da haben Sie ein Problem, nicht?«
    »Ich weiß. Ich glaube, ich wollte die ganze Sache einfach vor mir herschieben, bis ich wieder mit Saul Kontakt aufnehmen kann. Ich dachte, vielleicht meldet er sich, wenn der Abgabetermin näher rückt, aber natürlich weiß er nicht, dass sein Rechner eingemottet wird und … Herrgott. Tut mir leid, Sie damit zu belästigen, aber ich dachte, wenn irgendjemand wüsste, was zu tun ist, dann Sie.«
    Ich achte sehr darauf, das Wort »Passwort« nicht zu oft zu erwähnen. Ich habe das Gefühl, wenn ich das zum Problem mache, dann klingt es sehr viel zweifelhafter als einfach nur: »Ich brauche ein Dokument, und ich weiß nicht, wie ich drankommen soll.« Und ich glaube, ein Witz über das Hacken hilft, aber es ist ein Risiko.
    »Haben Sie es mit den Leuten im Rechenzentrum versucht?«, fragt sie.
    »Noch nicht. Ich dachte einfach, dass die mir

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