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Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman

Titel: Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
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Leer, aber verwüstet.
    Und Neagleys.
    Ebenso Reachers. Seine Klappzahnbürste lag zertrampelt auf dem Fußboden.
    »Dreckskerle«, schimpfte er.
    Sie suchten das Motel selbst und seine Umgebung im Umkreis von einem Straßenblock nochmals ab. Aber dort war niemand. Neagley sagte: »Sie warten alle in Highland Park auf uns.«
    Reacher nickte. Gemeinsam hatten sie zwei Glock 17 mit achtundsechzig Schuss sowie ihre letzten Einkäufe, die im Kofferraum des Prelude lagen.
    Zwei gegen sieben oder mehr.
    Keine Zeit.
    Kein Überraschungsmoment.
    Eine unüberwindbare Festung.
    Eine aussichtslose Situation.
    »Wir können loslegen«, sagte Reacher.

71
    Auf die Dunkelheit zu warten war immer langwierig und mühsam. Manchmal schien die Erde sich schnell, manchmal dagegen langsam zu drehen. Dies war einer der langsamen Tage. Sie parkten in einer ruhigen Straße drei Blocks von dem Fertigungsbetrieb von New Age entfernt auf gegenüberliegenden Straßenseiten: Neagleys Civic in Richtung Westen, Reachers Prelude in Richtung Osten. So konnten sie beide das Firmengelände überblicken. Hinter dem Zaun hatte sich einiges geändert. Die Autos der Arbeiterinnen waren verschwunden; an ihrer Stelle standen jetzt sechs blaue Chrysler 300C. Offenbar war die Produktion für heute eingestellt worden. Allen Lamaison hatte klar Schiff zum Gefecht machen lassen. Hinter den Autos konnten sie den vierhundert Meter entfernten Hubschrauber sehen. Er war nur als kleiner weißer Umriss zu erkennen, aber sie rechneten damit mitzubekommen, wenn seine Triebwerke angelassen wurden. Doch wenn das passierte, kam jeder Befreiungsversuch zu spät.
    Reacher hatte seine beiden Handys auf Vibrationsalarm eingestellt. Neagley rief ihn zweimal an, um sich die Zeit zu vertreiben. Eigentlich hätte sie nur ihr Fenster herunterkurbeln und rufen müssen, aber sie wollte natürlich keine Aufmerksamkeit erregen.
    Beim ersten Mal fragte sie: »Hast du mit Karla geschlafen?«
    »Wann?«, fragte Reacher, um Zeit zu gewinnen.
    »Seit wir wieder zusammen sind.«
    »Zweimal«, sagte Reacher. »Das war’s.«
    »Das freut mich.«
    »Danke.«
    »Schließlich wolltet ihr das schon immer.«
    Der zweite Anruf kam eine Viertelstunde später.
    »Hast du dein Testament gemacht?«, fragte sie.
    »Unnötig«, antwortete Reacher. »Seit sie meine Zahnbürste kaputt gemacht haben, besitze ich nichts mehr.«
    »Wie fühlst du dich dabei?«
    »Schlecht. Ich habe diese Zahnbürste gemocht. Sie war schon lange mit mir zusammen.«
    »Nein, ich meine den Rest.«
    »Der ist okay. Ich kann nicht erkennen, dass Karla oder Dave glücklicher sind als ich.«
    »Im Augenblick sicher nicht.«
    »Sie wissen, dass wir kommen.«
    »Gemeinsam mit uns unterzugehen wird sie wirklich aufheitern.«
    »Besser, als allein unterzugehen«, entgegnete Reacher.
    In Colorado rollte ein großer weißer Sattelschlepper auf der I-70 nach Westen. Er war weniger als halb voll: etwas über sechzehn Tonnen bei einer zulässigen Nutzlast von vierzig Tonnen. Trotz der geringen Last fuhr er wegen der Berge ziemlich langsam. Das würde so bleiben, bis er nach Süden auf die I-15 abbog. Auf der restlichen Strecke Richtung Kalifornien würde er etwas schneller vorankommen. Sein Fahrer rechnete mit einem Durchschnitt von achtzig Stundenkilometern. Von Haus zu Haus maximal achtzehn Stunden. Er würde unterwegs nirgends rasten. Wie denn auch? Als Mann mit einer Mission hatte er keine Zeit für solche Banalitäten.
    Azhari Mahmoud sah sich die Route zum dritten Mal auf dem Stadtplan an. Er rechnete damit, dass er drei Stunden brauchen würde. Vielleicht auch länger. Er musste fast ganz Los Angeles von Süden nach Norden durchqueren. Das würde nicht einfach werden. Der U-Haul war langsam und schlecht zu fahren, und der Verkehr würde bestimmt albtraumhaft sein. Deshalb beschloss er, vier Stunden einzuplanen. Kam er zu früh an, konnte er warten. Das schadete nichts. Er stellte seinen Wecker, streckte sich auf dem Bett aus und versuchte, durch reine Willensanstrengung einzuschlafen.
    Reacher starrte den östlichen Horizont vor sich an und versuchte das Licht zu beurteilen. Dabei behinderte ihn die getönte Frontscheibe, denn sie war optisch zu optimistisch – sie ließ den Himmel dunkler erscheinen, als er tatsächlich war. Er fuhr sein Fenster herunter und streckte den Kopf hinaus. Die Realität war ernüchternd. Noch mindestens eine Stunde Tageslicht und danach bestimmt eine Stunde Abenddämmerung. Dann erst völlige Dunkelheit.

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