Troubles (German Edition)
von deren oberem Ende Edward und Sarah lächelnd zu ihm herunterblickten, schlug er eine langsamere, würdevollere Gangart ein und dachte: »Wieso beeile ich mich eigentlich so? Schließlich ist sie nichts weiter als eine Freundin. Sie wird mich für einen Einfaltspinsel halten, weil ich den ganzen Weg gelaufen bin.«
Endlich erreichte er den obersten Treppenabsatz. Edward sagte: »Wir haben Besuch, Brendan, von einer sehr lieben Freundin von uns …«, und dabei lächelte er Sarah voller Wärme und Freundlichkeit an.
»Puh!«, keuchte der Major. »Ich bin ganz außer Atem …« Und dann verschlug es ihm erneut die Sprache, weil er keine Luft bekam.
»Ich bin froh, dass ich wieder hier bin. Wie geht es Ihnen, Brendan?«
»Oh, gut, gut.«
»Sarah und Angela waren die besten Freundinnen, müssen Sie wissen«, erläuterte Edward unnötig, den Blick einen Moment lang melancholisch zu den schlaffen, immer noch bebenden Streifen auf der Brust des Majors gesenkt. »Angela hat so große Stücke auf dich gehalten, meine Liebe.«
»Und ich auf sie«, sagte Sarah ruhig, beinahe teilnahmslos.
Und während der Major andachtsvoll nickte, wie zum Zeichen, dass selbstverständlich jeder große Stücke auf jeden halte und dass es in diesem Punkt keinerlei Anlass zu Zweifeln gebe (er war immer noch erhitzt von seinem raschen Anstieg und konnte nicht viel sagen), musterte er sie verstohlen und kam zu dem Schluss, dass sie älter und nicht mehr so schön aussah. Nun ja, es war schon ein paar Monate her, seit er sie zuletzt gesehen hatte, und manchmal verändern sich Mädchen in den Zwanzigern gewaltig, ja, einfach so von einem Jahr zum anderen, das hatte er schon oft gehört … irgendwas mit den Hormonen wahrscheinlich. Natürlich waren ihre Augen noch immer von einem wundervollen Grau und Gesicht und Hände angenehm gebräunt (der Major war keiner von diesen Stubenhockern, für die eine Frau immer lilienweiß sein musste), aber in ihren Zügen lag etwas Verdrießliches; wahrscheinlich war sie noch erschöpft von der Reise. Was ihre Erscheinung am meisten veränderte, war das Haar, das ihr jetzt nicht mehr lose über die Schultern fiel, sondern zu einem strengen Dutt aufgesteckt war. Es war das, mehr als alles andere, was sie älter aussehen ließ. Sie sah damit wie eine Gouvernante aus – und genau das war sie gewesen.
Edward hatte sich höflich nach ihrem Aufenthalt in Frankreich erkundigt (obwohl er anscheinend längst alles darüber wusste), um dem Major Zeit zum Verschnaufen zu geben, und Sarah berichtete, die Familie sei äußerst liebenswürdig gewesen, und was die Kinder angehe, ihre Schützlinge, so habe der Abschied von ihnen (der Major wartete vergebens auf eine Veränderung in dem gemessenen, teilnahmslosen Tonfall) … ihr beinahe das Herz gebrochen. Jetzt war es an dem Major, etwas zu sagen, und sowohl Edward als auch Sarah sahen ihn erwartungsvoll an. Aber er konnte ja wohl schlecht die kritischen Gedanken über Sarah, die ihm gerade durch den Kopf gingen, aussprechen, also zog er das Keuchen künstlich noch ein wenig in die Länge. Schließlich stieß er hervor: »Ich muss meine Pfeife am Strand vergessen haben«, doch gleich darauf bemerkte er, dass seine Finger immer noch einen dunklen, hölzernen Gegenstand umklammerten. Er steckte ihn in den Mund und nahm ihn wieder heraus. Sarah und Edward brachen in schallendes Gelächter aus.
Sarah sagte: »Brendan, Sie sehen wirklich lächerlich in diesem Badeanzug aus.«
Sie werde zu Hause erwartet, erklärte Sarah. Sie habe nur kurz vorbeischauen wollen. Aber da sie es offenbar nicht eilig hatte, ging der Major nach oben, um sich den Sand von der Haut zu waschen und etwas Passenderes anzuziehen; er rieb sich Makassaröl in die Haare und bürstete sie sorgfältig glatt. Aber seine Mühe war vergebens. Als er wieder nach unten kam, war Sarah nirgends zu sehen. Die Zwillinge waren vom Strand zurückgekehrt, aber aus irgendeinem Grunde schmollten sie, und als er fragte, ob sie wüssten, wo Sarah sei, zuckten sie mit den Schultern und antworteten, sie hätten keinen Schimmer. Edward war auch nirgendwo zu sehen.
Er sah, dass einige der alten Damen ihm bedeutungsvolle Blicke zuwarfen. »Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte er sich gereizt. Was immer es sein mochte, er hatte im Augenblick keine Zeit dafür. Außerdem war er es leid, dass sie ihn als ihren Beschützer ansahen. Doch kurz darauf begegnete er dem Grund für ihre bedeutungsvollen Blicke. Als er in den
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