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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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bei Grenzkämpfen in Indien ums Leben gekommen, allerdings nicht ohne dabei eine erstaunliche Anzahl von Braunhäuten, die sich ihm in den Weg gestellt hatten, mitzunehmen). Sie hatte sich resolut aufgerichtet. Captain Bolton hatte einen Augenblick lang innegehalten, eine höfliche Verbeugung gemacht und ihr die Blume hingestreckt. Selbstverständlich hatte sie sie nicht angenommen. Er hatte weiterhin lächelnd dagestanden. Es war ein qualvoller Augenblick. Jeden Moment, schien es, könnte er in einem heftigen Wutausbruch den Revolver zücken und Rache an den wehrlosen Damen üben. Doch stattdessen hatte er etwas noch viel Unerhörteres getan. Langsam und methodisch, Blütenblatt um Blütenblatt, hatte er begonnen, die Rose zu verspeisen. Die Damen hatten verblüfft und beunruhigt zugesehen. Er ließ sich Zeit. Er verschlang die Blüte nicht, wie man vielleicht erwartet hätte (der Mann war offensichtlich nicht ganz richtig im Kopf). Mit den Lippen hatte er ein Blütenblatt nach dem anderen abgezupft, jedes einzelne sorgfältig und genüsslich gekaut, bis schließlich keins mehr übrig war. Und damit nicht genug. Mit den Schneidezähnen hatte er einen Teil des Stängels abgebissen, ihn gemächlich gekaut, geschluckt, und dann ein weiteres Stück abgebissen. Binnen kurzer Zeit hatte er den gesamten Stängel verspeist (mitsamt zwei oder drei gefährlich aussehenden Dornen). Die Damen hatten ihn fassungslos angestarrt, aber er hatte nur gelächelt, sich erneut verbeugt und war abgezogen.
    Der Major seufzte, als er das hörte, und pflichtete den Damen bei, dass ein solches Verhalten unerhört sei. Später fragte er Edward, ob er tatsächlich im Dublin Castle angerufen habe. Edward nickte.
    »Es gibt da eine ziemlich merkwürdige Sache, von der ich Ihnen erzählen wollte. Erinnern Sie sich, dass wir vor ein paar Tagen herzlich über die Gerüchte gelacht haben, die man sich über das vergiftete Wasser von Dublin Castle erzählt?«
    »Ich erinnere mich. Nur die Säufer überlebten.«
    »Genau. Nun, vermutlich ist es nur ein Zufall, aber der Bursche, mit dem ich am Telefon gesprochen habe, war ganz offensichtlich beschwipst … oder um die Wahrheit zu sagen, er war stockbesoffen!«

Zweiter Teil
TROUBLES

D IE M ORDE VON T UAM
    In seiner Sonntagspredigt in der römisch-katholischen Kathedrale von Tuam verkündete Hochwürden Dr. Gilmartin, er stehe ganz auf Seiten der Bevölkerung von Tuam in Anbetracht der entsetzlichen Schrecken und Grausamkeiten der vergangenen Woche. Am Montagabend waren keine drei Meilen vor der Stadt zwei Polizisten hinterhältig ermordet worden. Hätte man keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, sagte er, dann hätte es eine Welle der Sympathie für die Polizei gegeben. Doch nun, da man die Stadt verwüstet habe, fuhr Seine Gnaden fort, müsse er wohl niemanden daran erinnern, dass kein Verbrechen ein anderes rechtfertige … in diesem Falle habe die Polizei schreckliche Rache an einer unschuldigen Stadt geübt. Von wo auch immer sie dazu ermutigt worden seien, die Polizisten hätten großes Unrecht getan, als sie eine schlafende Stadt mit Gewehren überfielen und Feuer legten. Vom Staat eingesetzte Friedenshüter hätten die Stadt rachsüchtig und grausam verwüstet, und wenn die Regierung nicht unverzüglich Entschädigung für den angerichteten Schaden leiste, werde die Hinterlassenschaft dieser himmelschreienden Schande eine dauerhafte Bedrohung für das friedliche Zusammenleben sein
.

    Während all der Zeit ging das Hotelgebäude weiterhin langsam aber sicher seinem Ende entgegen. Doch der Major hatte sich, genau wie Edward, fast schon daran gewöhnt, inmitten von all dem Verfall zu leben, der sich wie ein Schirm über ihnen spannte. Schließlich, so sagte der Major sich, war der Unterschied zwischen der Überzeugung, dass etwas ewig Bestand hat, und der Erwartung, dass im Gegenteil nichts von Dauer ist, gar nicht so groß. Man musste in beiden Fällen einfach nur daran glauben. Und so sprang er, als er auf dem teppichbelegten Flur der vierten Etage, zu der dieser Tage kaum noch jemand hinaufging, mit dem Fuß durch eine Bodendiele brach (der Teppich verhinderte, dass er unversehens ein Stockwerk tiefer landete), auch einfach nur mit einem leisen Fluch und dem Gedanken »Trockenfäule!« zur Seite. Ein Blick zur Decke belehrte ihn allerdings, dass Nassfäule nicht minder wahrscheinlich war. Natürlich berichtete er Edward davon. Edward seufzte und versprach, er werde »sich darum kümmern«. Und

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