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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Damensalon schaute, sah er, dass er leer war – bis auf den breiten, uniformierten Rücken von Captain Bolton. Er hatte die Füße auf ein Sofa gelegt und blätterte in einer Zeitschrift.
    »Es mag Ihnen nicht bewusst sein, aber dieser Raum ist den Damen vorbehalten.«
    Bolton wandte sich langsam um. In der Hand hielt er eine Damenlorgnette. Er hob sie an die Augen und musterte den Major einen Augenblick lang schweigend. Dann warf er sie beiseite, wandte sich wieder seiner Lektüre zu und meinte nur: »Sagen Sie doch bitte Bescheid, dass ich gern etwas Tee hätte, alter Junge.«
    Der Major wandte sich wütend ab. Ihm blieb nichts anderes übrig als Edward zu suchen, und das hatte er ohnehin vorgehabt. Er fand ihn schließlich im Foyer.
    »Wo um alles in der Welt haben Sie gesteckt? Ich suche Sie überall.«
    »Ich habe Sarah nach Hause gebracht. Alle Achtung, Brendan, wie schick sie aussehen. Erinnern Sie mich, dass ich mich nach dem Namen Ihres Schneiders erkundige.«
    »Aber gern doch … Die Sache ist die: Einer von diesen Soldaten der Hilfstruppen, ein Bursche namens Bolton, hat die Damen verärgert und sich in ihrem Salon breitgemacht. Ich habe versucht, ihn zum Abzug zu bewegen, aber ohne Erfolg. Vielleicht können Sie ein Wörtchen mit ihm reden.«
    Der Major hätte Edward begleitet, wäre nicht just in diesem Augenblick eins der Mädchen eingetreten, um ihm mitzuteilen, dass Miss Porteous ihn im Palmenhaus zu sprechen wünsche. Man habe sie aus dem Aufenthaltsraum für Damen vertrieben, erklärte sie, als er sie endlich in dem dichten Blattwerk aufgespürt hatte, und zwar dieser grässlichen Mann. Was er da für sie tun könne?, fragte der Major geduldig. Nun ja, antwortete sie, es gebe zwei Dinge: Zum einen könne er eine Spinne töten, die schon mehrfach versucht habe, auf ihren Schuh zu krabbeln und ihr beträchtliches Unbehagen bereite. Und das andere? Das werde sie ihm in Kürze mitteilen … also … sie legte ein zartes, an den Knöcheln geschwollenes Handgelenk an die Stirn und versuchte sich zu entsinnen, was es gewesen war.
    »Ich kann das gefährliche Untier, das Sie bedrängt hat, nirgendwo entdecken, Miss Porteous«, sagte der Major und starrte auf den staubigen Fußboden. Und dann war ihm plötzlich so, als sehe er doch etwas eilig dahinhuschen; er murmelte »Da ist sie«, machte einen entschlossenen Schritt vorwärts und zerquetschte etwas unter seiner Schuhsohle. Er unternahm keinen Versuch, die sterblichen Überreste seines Opfers in Augenschein zu nehmen. »Das wird mir jetzt wohl Unglück bringen, was?«
    »O je, ich hoffe nicht«, sagte Miss Porteous. »Mir ist gerade wieder eingefallen, was ich noch von Ihnen wollte: Ich brauche jemanden, der mir beim Wollewickeln hilft.«
    Kurze Zeit später, als er dasaß und die Hände in einer Geste der Unterwerfung oder wie zum Segen erhoben hatte, während der Wollstrang dazwischen zusehends dünner wurde, ertönten vom Damensalon her laute, zornige Stimmen. Es war Edward, der seinem Ärger Luft machte.
    Später am Abend kursierte unter den triumphierenden alten Damen eine Geschichte, wonach Edward im Zuge der Auseinandersetzung Bolton mit der Polizei gedroht habe. Als Bolton darauf hinwies, dass er die Polizei
sei
, hatte Edward wutentbrannt im Dublin Castle angerufen, wo er einen einflussreichen Freund hatte. Dieser hatte sich der Sache angenommen, und man könne davon ausgehen, dass Bolton seinen Posten verlieren oder zumindest degradiert würde.
    Die Geschichte hatte ein kurioses Nachspiel. Nach seiner Vertreibung aus dem Damensalon hatte der (zumindest in den Augen der alten Damen) besiegte Bolton sich in den Prinzgemahlflügel zurückgezogen. Auf dem Weg dorthin musste er einen kleinen Vorraum durchqueren, in dem eine Reihe von Damen ausharrte, bis sie ihr angestammtes Territorium wieder in Besitz nehmen konnten. Er schien wenig beeindruckt von dem Zusammenstoß mit Edward, allenfalls ein bisschen geistesabwesend. Fast hätte er den Raum durchschritten, ohne die Damen zu bemerken, hätte nicht Miss Johnston unvermittelt gezischt: »Wurde aber auch Zeit!« Da war Captain Bolton stehengeblieben und hatte höflich lächelnd eine rosafarbene Rose aus einer der Tischvasen genommen. Dann war er, die Rose behutsam zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, zu den Damen hinübergegangen. Die Schreckhafteren unter ihnen hatten den Blick abgewandt. Miss Johnston aber war von Natur aus alles andere als unterwürfig (der Major hatte gehört, ihr Vater sei

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