Troubles (German Edition)
Krampfadern. »Vielleicht«, dachte der Major, »hält der Efeu den Kasten noch eine Weile zusammen.«
Ripon stand neben der Statue von Königin Viktoria, den elegant beschuhten Fuß auf dem Trittbrett eines schimmernden Rolls-Royce. Die Augen schirmte eine Tweedmütze, und er blickte unschlüssig zu den Fenstern im ersten Stock auf. Es hatte etwas geradezu Verstohlenes, dachte der Major, so wie er sich nun auf den Weg in Richtung Treppe machte. Er blieb schlagartig stehen, als er den Major erblickte, und schien verblüfft.
»Oh, Hallo.«
»Hallo.«
»Wusste nicht, dass Sie wieder im Lande sind. Ich dachte, ich komme mal vorbei …«
»Ihr Vater ist nicht zu Hause. Ja wenn ich es richtig verstanden habe ist er unterwegs, um
Sie
zu besuchen.«
Ripons Augenbrauen schossen in die Höhe, ein Bild der Überraschung und des Bedauerns. »So ein Pech!«
»Heute Abend ist er wieder zurück. Wieso bleiben Sie nicht einfach? Ich weiß, dass er Sie gern sprechen möchte.«
»Na ja, das ist ein bisschen schwierig. Sie müssen wissen …« Der Major wartete, doch Ripons Erklärung blieb in den Ansätzen stecken. Hinter ihm sah er die reglose Silhouette eines Chauffeurs hinter dem Steuer. Ripon schaute seinerseits dem Major über die Schulter, geradezu sehnsüchtig hin zur halb offenen Eingangstür. Das veranlasste wiederum den Major dazu, sich ein Stück umzudrehen, und er vergewisserte sich, dass niemand dort stand; nur der Hund Rover und ein Hausmädchen, das die Messingbeschläge der massigen Eingangstür polierte. Konnte es sein, dass der Junge Heimweh hatte?, überlegte der Major, und der Gedanke rührte ihn.
»Sie sollten wirklich bleiben.«
»Wünschte, das könnte ich, alter Junge. Wünschte, das könnte ich … Aber Tatsache ist …« Doch weiter kam er auch diesmal nicht.
»Dann kommen Sie doch wenigstens einen Moment lang herein. Sie können ihm eine Notiz dalassen oder etwas in dieser Art.«
Aber auf diesen Vorschlag ging Ripon nicht ein. Stattdessen wandte er sich dem Automobil zu und erläuterte mit verbissenem Schwung dem Major dessen Vorzüge. Das Raumangebot, die Schnelligkeit, die Bequemlichkeit …
»Ein großartiger Wagen offenbar.«
»Natürlich nicht meiner. Papa Noonan hat ihn mir für heute geliehen, damit ich den Pater familias besuchen kann. Sehr anständig von ihm. Aufmerksam.« Er ging zu dem Wagen und drängte den Major mitzukommen.
»Das ist Driscoll. Kommen Sie, machen Sie seine Bekanntschaft. Driscoll ist ein Prachtkerl.«
Driscoll war ein schmaler, hellblonder junger Mann mit vorstehenden Augen und jenem unnatürlich ruhigen Ausdruck, den unverfrorene Menschen haben; der Major hatte diesen Typ bei der Army erlebt, wo Unruhestifter sich so deutlich zu erkennen geben wie Säure auf Lackmuspapier. Er nickte dem Mann kurz zu. Driscoll lüpfte die Schildmütze überschwänglicher als die Situation erfordert hätte. Wiederum warf Ripon einen schmachtenden Blick zur Haustür. Offenbar konnte er sich nur mit Mühe abwenden und sagte: »Erstklassiger Fahrer, stimmt’s, Driscoll?«
»Wenn Sie das sagen, Sir.«
»Demnächst sehen wir Sie in Brooklands, was? Auf dem Weg hierher haben wir nur haarscharf ein junges Rind verfehlt … Glauben Sie mir, Major, das ist ein fixer Bursche. He, stillgestanden!« Und Ripon machte einen Satz nach vorn und schnippte Driscoll die Schildkappe vom Kopf. Sofort nahm Driscoll eine Boxhaltung an, sicherte mit der Rechten das Kinn, und mit der Linken tat er in weit ausholenden Bewegungen, als wolle er zuschlagen, lachte, als Ripon eine Finte mit der einen und dann einen Schlag mit der anderen Faust markierte. Bestürzt sah der Major ihnen zu.
»Sie finden mich im Haus«, sagte er scharf und wandte sich ab, heilfroh, dass Edward nicht da war und mit ansehen musste, wie sein Sohn sich mit dem Chauffeur balgte.
»He, warten Sie! Würden Sie nicht gern eine Spazierfahrt damit machen? Warten Sie, Major … hören Sie, ich dachte, Driscoll könnte eine Runde mit Ihnen drehen, und ich schreibe derweil ein Briefchen an den alten Herrn.«
»Nein, danke.« Der Major war bereits an der Tür angelangt. Er drehte sich noch einmal um und schaute zurück. Driscoll hob eben seine Kappe auf. Ripons rundes Engelsgesicht sah verdattert zum Major herüber. »Was ist denn nur mit dem Burschen los?«, fragte der Major sich.
Müde und ein wenig fiebrig (ihm schien, dass eine Erkältung im Anzug war) ging der Major nach oben auf sein Zimmer und legte sich aufs Bett. Doch gleich
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