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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Schnörkeln in ein Messingschild graviert, und jetzt hatte er seinen Platz auf dem Kaminsims gefunden, das kleine, gefährliche Maul aufgesperrt in hilfloser Wut und Verzweiflung.
    Die Damen kamen nie in diesen Raum; er war den Herren vorbehalten. Natürlich hatte sich in Irland in den vergangenen Jahren der Unterschied zwischen den Geschlechtern verwischt. Viele junge Frauen waren ausgezeichnete Schützen, hatte der Major sich sagen lassen, und schossen aus beiden Rohren, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ein Bekannter von ihm hatte eine Nichte, die Schnellwerferin beim Kricket war. Ein anderes Mädchen, die kleine Schwester eines Freunds aus der Armee, hatte zu ihrem sechzehnten Geburtstag eine Nilpferdpeitsche bekommen; als sie achtzehn war, konnte sie aus zwanzig Schritt Entfernung einem Mann die Zigarre aus dem Mund schlagen. Und natürlich war da die Gräfin Markiewicz, die, wie man hörte, Tag und Nacht eine Pistole an der Hüfte trug und nichts dabei fand, einem Mann ein Loch in die Stirn zu schießen. Ebenso hatte er gehört, dass Mädchen dieser Tage Zigarren rauchten und Portwein tranken. Aber das betraf alles nur die jüngere Generation. Die älteren Damen waren mit anderen Vorstellungen davon, wie man sich zu betragen hatte, großgeworden. Für den Major war die Gewissheit, dass er hier im Jagdzimmer vor ihnen sicher war, eher eine Erleichterung – schließlich konnte er nicht sein ganzes Leben mit alten Damen verbringen. Junge Damen (wenn es unter den Gästen welche gegeben hätte) hätten natürlich keine Hemmungen gehabt, auf eine Zigarette und ein paar Worte hereinzukommen. Aber vor denen hätte der Major auch nicht unbedingt sicher sein wollen.
    Er seufzte. Schon den ganzen Tag über war er den Damen des Majestic aus dem Weg gegangen. Am Abend würden sie sich von ihm vernachlässigt fühlen. Wahrscheinlich würde Miss Staveley beim Abendessen kein Wort mit ihm wechseln. Andere würden ihm giftige Blicke zuwerfen. Das war schon öfter vorgekommen.
    Edward trat ein und nahm in einem Sessel neben ihm Platz. Mit einem Fidibus, den er aus einem Zinnkrug am Kamin genommen hatte, zündete er sich seine Pfeife an, und paffend erzählte er, dass er morgen in die Stadt fahren wolle, um Ripon aufzusuchen; ob er dem Major etwas mitbringen könne?
    »Nein, danke.«
    »Sarah hat einen Termin beim Arzt, da kann ich sie mitnehmen. Spart ihr die Zugfahrt.«
    Der Major seufzte neidisch, denn zu gern wäre er in Sarahs Gesellschaft mit dem Wagen nach Dublin gefahren. Im Daimler wäre ja auch noch Platz genug für ihn gewesen. Doch Edward machte keinerlei Anstalten, ihn zur Mitfahrt einzuladen, und irgendwie brachte er es nicht über sich, es selbst vorzuschlagen. Noch einmal seufzte er tief. Gewiss, sie war nur eine Freundin. Das grimmige Hechtmaul mit den gefährlichen Zähnen brachte seine Stimmung perfekt zum Ausdruck.
    »Können Sie denn eine Fahrt einfach nur zu zweit riskieren?«
    »Ach, ich denke schon«, erwiderte Edward seelenruhig. Nach einem Moment fügte er nachdenklich hinzu: »In was für einem Zustand das Land ist! Wissen Sie, Brendan, manchmal denke ich: ›Zum Teufel mit der ganzen Bande‹ … So wie sie das Leben in diesem Land zugrunde gerichtet haben, da denke ich manchmal, es wäre gut, wenn sie mit Stumpf und Stiel ausgerottet würden. Wenn sie Zerstörung wollen, dann sollen sie sie bekommen. Ich wäre froh, wenn alles kurz und klein geschlagen würde, damit sie wirklich einmal begreifen, was Zerstörung ist. Die Lage in Irland ist so hoffnungslos, da wäre es die einzig gerechte Lösung – alles in Schutt und Asche legen. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Nein«, antwortete der Major bitter.
    Als Edward am folgenden Morgen nach Dublin aufgebrochen war, machte der Major mit Rover (er wurde alt, der arme Hund) einen Spaziergang zum Sommerhaus, und von da blickte er zurück zum Majestic. Wie verfallen es aus diesem Blickwinkel aussah! Die hohen Schornsteine, die über der Masse aus Holz und Stein aufragten, gaben ihm etwas von einem gestrandeten Schlachtschiff. Der Efeu hatte sich begierig über die lange, vielfenstrige Wand jenseits des Palmenhauses hergemacht … ja, er schien direkt aus dem Palmenhaus zu sprießen, durch eine zerbrochene Fensterscheibe im Dach; man konnte gerade noch einen Stamm erkennen, der dick und haarig wie der Oberschenkel eines Mannes dort herausragte und sich dann über den Stein immer weiter verzweigte. Rostige Regenrinnen bogen sich an der Südseite wie

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