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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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war. Normalerweise scheuchten sie die Katzen mit Spazierstöcken oder Sonnenschirmen oder was auch immer gerade zur Hand war davon, denn schließlich musste es irgendwo Grenzen geben. Noch beunruhigender aber war die Tatsache, dass die fragliche Katze das gleiche rotgestreifte Fell hatte wie das grässliche Untier, das Miss Staveleys Hut im Schreibzimmer attackiert hatte. Die alte Mrs. Rappaport war natürlich blind, konnte das Tier also nicht mit Bedacht ausgewählt haben. Die Aufregung der Damen wäre größer gewesen, wenn diese Katze nicht offenkundig harmlos gewesen wäre. Genau genommen handelte es sich nur um ein Kätzchen – ein winziges, miauendes, orangerotes Fellbündel mit noch kaum geöffneten Augen. Eigentlich ein niedliches kleines Geschöpf. Unwillkürlich wollte man es streicheln. Einige der alten Damen taten das auch, bückten sich steif, um seine winzigen roten Öhrchen zu kraulen, und wenn das Kätzchen daraufhin prompt die runzligen, juwelenbesetzten Finger mit den Miniaturnadeln seiner Krallen packte, nun ja, dann war das schließlich ganz normal für ein gesundes Kätzchen. »Das ist vollkommen natürlich«, versicherte Miss Bagley, »und es tut ja auch kaum weh.«
    Etwas an der Sache blieb aber doch beunruhigend: nämlich die Geschwindigkeit, mit der das Kätzchen wuchs. Es war fast so, als hätte jemand es in der Nacht an seinem dünnen, schwarz-rot geringelten Schwanz gepackt und kräftig aufgeblasen wie einen bunten Luftballon. Mit jedem Tag schien es ein bisschen dicker, und wenn es sich streckte und gähnte, hatten seine Krallen eine größere Reichweite bekommen. Als sich die Augen weiter geöffnet hatten, sah man zudem, dass sie eine grausame grüne Färbung hatten. Grimmig und teilnahmslos saß Mrs. Rappaport Tag für Tag da, während das Kätzchen unter ihren Händen zu … nun ja, zu einer ausgewachsenen Katze heranwuchs. Keiner nahm viel Notiz von den beiden; Edward war so unterhaltsam, der reinste Komödiant.
    Der Major beneidete ihn. Mochte der Nachmittag noch so grau sein und die Whistrunde noch so verzagt über die Lage im Land – kaum saß Edward fünf Minuten am Tisch, schon erklangen laute Rufe und Gelächter, und alle Wehklagen und düsteren Prophezeiungen waren vergessen. Er sprühte nur so vor Energie. Wenn er vom Tisch aufstand, war es, als würden sämtliche Lichter gelöscht. Er herrschte über alle, selbst über die unbeugsame Miss Johnston. Seine Stimme war sogar drei Zimmer weiter noch zu hören. Seine Fröhlichkeit ließ die Fensterscheiben klirren. Er war wie ein Zirkusdirektor in der Manege: Keiner der alten Damen gestattete er zu schmollen oder sich innerlich zurückzuziehen. Miss Devere oder Miss Bradley mochten zwar versuchen, ihm Widerstand zu leisten und an einen geliebten Menschen zu denken, der just an diesem Tag gestorben war, oder daran, dass der Winter bevorstand, doch … zack! Die Peitsche von Edwards mächtiger Persönlichkeit schwirrte durch die Manege und weckte ihre Lebensgeister. Zack! Selbst der Major sah sich gezwungen zu parieren, wenn er nicht als Spielverderber gelten wollte. Vielleicht dachte er: »Ich bin stärker als Edward, denn er kann nicht umhin, mich zu bewundern, ob er nun will oder nicht …«, doch zack!, schon sprang er durch den brennenden Reifen.
    Aber der Major war nach wie vor überzeugt von seiner eigenen Überlegenheit. Es lag nur an Edwards überschwänglicher und aufgekratzter Art dieser Tage (auch wenn der Major die Zeit nicht vergessen hatte, als er mürrisch und verdrossen gewesen war), dass er selbst im Vergleich langweilig und zaghaft wirken musste. »Alles nur Schau«, dachte der Major mürrisch, wenn er sah, dass Sarahs strahlende Augen nicht von Edwards Zügen wichen. Doch dann, zack! Schon war es wieder so weit. Er hatte kaum Zeit sich zu ärgern, bevor er widerstrebend mitlachen musste über das, was Edward gerade zum Besten gab. »Sehr witzig«, murmelte er dann. »Aber wir werden ja sehen …« Seit dem Abend des Überfalls hatte der Major ein- oder zweimal einen Anflug von Unsicherheit in Edwards Augen entdeckt, kein Zweifel. »Wir werden sehen, was wir sehen.« Und zu seiner Verblüffung merkte er, dass er mit den Zähnen knirschte. »Meine Güte, er ist doch mein Freund«, wies er sich dann zurecht.
    »Wenn ich diesmal kein Ass habe, dann fresse ich meine Pfeife«, verkündete Edward. Und tatsächlich zog er eine Pfeife aus der Tasche und verschlang sie in Windeseile. Die Damen kreischten, schnappten

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