Troubles (German Edition)
Whisttisch diskutiert und eine Expedition ausgeschickt. Sechs wachsame Augen waren natürlich eher in der Lage, Kränkungen im Kurzwarenladen oder in der Teestube zu entdecken, drei Zungen vermochten den Übeltäter weit besser in seine Schranken zu verweisen als eine.
Binnen Kurzem entwickelten die Damen einen bemerkenswerten Spürsinn für Anflüge von brüskierendem Verhalten bei den Leuten in der Stadt. Jedes Anzeichen von Respektlosigkeit (ein zugekehrter Rücken, ein »unverschämtes« Grinsen, ein spöttisches »Guten Tag«) wurde, kaum erkannt, blitzschnell geahndet. Miss Johnson entwickelte rasch eine wahre Meisterschaft im Aufspüren und Bestrafen derartiger Vergehen und wurde folglich zur gefragtesten Begleiterin bei den Einkaufsexpeditionen. Auf Miss Bagley und Miss Staveley war ebenfalls Verlass. Was Miss Archer und Miss Porteous anging, so waren sie, das musste man zugeben, nicht zu viel nütze; letztere erwies sich als besonders unzuverlässig beim Aufspüren und neigte zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Und die arme Mrs. Rice war ein durch und durch hoffnungsloser Fall.
»Sie würde nicht mal mitbekommen, wenn jemand ihr ins Gesicht sagte, dass sie ein dummes Ha… uh… ha… enn ist«, seufzte Miss Johnston. »Wir müssen einfach darauf achten, dass sie nicht allein unterwegs ist.«
Eines Nachmittags ergab es sich, dass der Major einen Expeditionstrupp begleitete, bestehend aus Miss Devere, Miss Johnston und Mrs. Rice, die allesamt etwas im Postamt zu erledigen hatten. Er war überrascht über die Geschwindigkeit, mit der sie zum Kampf übergingen. Kaum hatten sie den geschäftigen Marktplatz halb überquert, legte Miss Johnston sich unversehens mit einem alten, wettergegerbten Bauern an, weil sie gesehen hatte, wie er in etwa zwanzig Metern Entfernung auf den Boden gespuckt hatte, offensichtlich, so behauptete sie, mit Blick auf sie und ihre Begleiterinnen.
»Also ehrlich!«, protestierte der Major. Aber Miss Johnston beschimpfte schon den verblüfften Bauern und fuchtelte ihm sogar drohend mit ihrem Schirm vor der Nase herum. Später gab es noch weiteren Ärger, als ein Postangestellter die Hände in den Taschen behielt, während er mit ihr sprach.
Rasch wurde dem Major klar, dass die Damen diese Ausflüge als willkommene Abwechslung empfanden. Fast jeden Nachmittag formierte sich ein Stoßtrupp, der zu irgendeiner Besorgung in Kilnalough aufbrach. Diejenigen, die an den Whisttischen zurückblieben, harrten der Rückkehr der Einkäuferinnen mit erwartungsvoller Spannung, und es verging kaum ein Nachmittag, an dem die heimkehrenden Damen nicht von einem Zwischenfall zu berichten hatten. Der Major hatte seine Zweifel an den meisten dieser angeblichen Kränkungen. Vor allem Miss Johnston hatte, angestachelt von der Bewunderung ihrer Mitstreiterinnen, ihren Spürsinn anscheinend schon so weit verfeinert, dass sie eine Kränkung erahnte, bevor sie überhaupt in die Tat umgesetzt wurde. Er hegte den Verdacht, dass sie, wie im Falle des ahnungslosen Bauern auf dem Marktplatz, häufig vollkommen unschuldige Passanten zurechtwies.
Ernstlich beunruhigt über die maßlose Art der Damen, gestattete er sich eines Tages den Hinweis, diese »Respektlosigkeiten« existierten mehr in ihrer Einbildung als in der Realität … aber wenn sie ihre Einkaufsexpeditionen weiterhin wie kriegerische Stoßtrupps führten, könne es
tatsächlich
Ärger geben. Die Damen reagierten kühl auf diesen Hinweis, aber vielleicht blieb er doch nicht ohne Wirkung. Jedenfalls wurde das Thema in seinem Beisein nicht mehr so häufig erwähnt. Wenn Sarah dabei war, war es, außer in versteckten Andeutungen, niemals zur Sprache gekommen. Langsam ging ihm auf, dass die alten Damen im Majestic nicht allzu viel von ihr hielten.
Der Major hatte das Whistspielen allmählich satt, auch wenn der Feuereifer, mit dem sich die alten Damen diesem Zeitvertreib hingaben, nicht im Mindesten nachgelassen hatte. Außerdem gingen ihm die Damen selbst mit ihrem vornehmen, selbstzufriedenen Snobismus mittlerweile auf die Nerven. Wenn man sah, wie sie miteinander flüsterten, hätte man denken können, Sarah sei nichts weiter als ein Dienstmädchen! Was natürlich nicht hieß, dass sie, jede für sich genommen, nicht so charmant wie eh und je sein konnten. Aber dennoch, manchmal wurde es ihm doch des Guten zuviel.
Dieser Tage hatte er das Bedürfnis allein zu sein, um Klarheit, größere Klarheit in seine Gedanken zum Thema Sarah zu bringen. Aber wo?
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